Recht auf Vergessenwerden: Verurteilter Raubmörder gewinnt Klage gegen Google

Das Recht auf Vergessenwerden gilt auch für Raubmörder. Google muss einen Link auf einen Online-Artikel entfernen.

Artikel veröffentlicht am , /dpa
Google verliert eine Klage zum Recht auf Vergessenwerden.
Google verliert eine Klage zum Recht auf Vergessenwerden. (Bild: Nikolas Kokovlis/Reuters)

Ein einst wegen Raubmordes verurteilter Mann muss es nicht dulden, dass sein Name mehr als 30 Jahre nach der Tat zu einem seinerzeit erschienenen Artikel über das Verbrechen führt. Das teilte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am 25. Mai 2022 mit und gab damit einer Klage des Mannes gegen die Suchmaschine Google statt (Az.: VI ZR 832/20).

In dem Urteil (PDF) vom 3. Mai 2022 heißt es unter anderem: "Unter den heutigen Nutzungsgewohnheiten des Internets besteht eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit, dass Freunde, Nachbarn und insbesondere auch neue Bekannte schon aus einem oberflächlichen Informationsinteresse heraus oder aus geringfügigem Anlass den Namen des Klägers im Suchfeld einer Suchmaschine eingeben."

Nach Ansicht des Gerichts "kann das dauerhafte Vorhalten des Berichts angesichts seiner facettenreichen Schilderung der Straftaten und der umfangreichen Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit des Klägers dazu führen, dass hierdurch seine Wiedereingliederung in die Gesellschaft nach der Verbüßung seiner Haftstrafe erheblich erschwert und die Chance eines Neuanfangs nachhaltig behindert wird". Eine Löschung des Artikels aus dem Online-Archiv der Zeitschrift wird vom Kläger nicht angestrebt.

Der Mann war im Februar 1988 vom Vorwurf des Raubmordes aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden. Einige Wochen später aber überfiel und ermordete er mit einem Komplizen drei Menschen. Dafür wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. 2014 kam er auf Bewährung frei.

Gab man seinen Namen bei Google ein, erschien früher oder später ein Link zu einem Artikel in einem Nachrichtenmagazin aus dem Jahr 1988. Einen Antrag auf Löschung des Links hatte Google abgelehnt. 2018 unterlag der Mann dazu vor dem Landgericht und zwei Jahre später vor dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe.

Der BGH hob das OLG-Urteil nun auf. Vor allem die lange Zeit, die seit dem Erscheinen des Artikels vergangen sei, spiele hier eine entscheidende Rolle. Der Schutzanspruch des Klägers wiege im vorliegenden Fall längst schwerer als etwa das Recht der Öffentlichkeit auf Information. Dass der Mann über seinen Namen auch 30 Jahre nach der Tat noch gefunden werden könne, sei nicht gerechtfertigt.

Die Klage muss nun neu verhandelt werden. Dabei darf nach Ansicht des BGH keine Rolle spielen, wenn der Artikel nicht mehr weit oben in der Ergebnisliste bei Google auftaucht. Eine ernstliche Gefahr des Auffindens bestehe erst dann nicht mehr, wenn "der Beitrag im Laufe der Jahre so weit nach hinten auf der Ergebnisliste gerückt ist, dass nicht davon ausgegangen werden muss, dass der normale Internetnutzer ihn bei einer Namenssuche unter Identifizierung des Klägers noch zur Kenntnis nehmen wird".

In früheren Urteilen hatte der BGH die Klagen von betroffenen Personen bereits zurückgewiesen. So entschied das Gericht im Juli 2020, dass das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit und der Presse in einem konkreten Fall höher als das Persönlichkeitsrecht eines Klägers gewertet werden müsse.

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Venterrazero 27. Mai 2022

Lebenslang in Deutschland sind bis zu 25 Jahre meine ich. Damit ist doch alles fein...

nomorenoless 27. Mai 2022

Wie oft wurdest du schon verurteilt? Die meisten von uns verstossen gegen...

nomorenoless 27. Mai 2022

Er hat nur einen Raubmord begangen. Der mit den 3 Menschen.

Kleba 27. Mai 2022

Es wird ja nicht angestrebt die eigentlichen Daten (also bspw. die Berichterstattung...



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