Recht auf Vergessen: Google entfernt Link auf Wikipedia-Artikel

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Recht auf Vergessen hat erstmals Konsequenzen für Wikipedia: Auf Bitten eines Nutzers will Google offenbar eine Verlinkung auf das Online-Lexikon entfernen.

Artikel veröffentlicht am , Thorsten Schröder
Die EU-Entscheidung zum Recht auf Vergessen trifft nun auch Wikipedia.
Die EU-Entscheidung zum Recht auf Vergessen trifft nun auch Wikipedia. (Bild: Lionel Bonaventure/AFP/Getty Images)

Google will nach dem EuGH-Urteil zum Recht auf Vergessen offenbar eine Verlinkung zu Wikipedia entfernen. Wie der britische Observer berichtete, ist es das erste Mal seit der Entscheidung im Mai, dass sich das Urteil des Europäischen Gerichtshofs auf das Online-Nachschlagewerk auswirkt.

Die Identität des Nutzers, der den Antrag auf Löschung stellte, sowie der betroffene Artikel seien nicht bekannt. Der Anfrage solle jedoch innerhalb weniger Tage Folge geleistet werden. Google und andere Suchmaschinenbetreiber entfernen nur die Verlinkung zum Original bei der entsprechenden Namenssuche. Die Artikel und die namentliche Erwähnung werden anschließend weiterhin auf Wikipedia zu finden sein. Die Wikipedia nannte inzwischen die betroffenen Artikel.

Im Mai hatten die Richter in Luxemburg entschieden, dass Google zum Löschen von Links gezwungen ist, "wenn auf Antrag der betroffenen Person festgestellt wird, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Einbeziehung der Links in die Ergebnisliste nicht mit der Richtlinie vereinbar ist". Ein Antrag über ein Web-Formular mit einer einfachen Begründung reicht dafür. Bereits am ersten Tag nach Inkrafttreten der Regelung erhielt Google mehr als 12.000 Anträge.

Wikipedia-Gründer Wales kritisiert das Gesetz scharf

Google hat seit der Entscheidung nach eigenen Angaben bereits zehntausende Links aus seinen europäischen Suchergebnissen entfernt, darunter auch Verlinkungen zu mehreren Nachrichtenseiten wie der britischen BBC oder dem Daily Express. Wikipedia-Gründer Jimmy Wales kritisierte das EuGH-Urteil von Anfang an.

"Es ist absoluter Wahnsinn und muss dringend korrigiert werden", sagte Wales dem Observer. "Im Falle von wahren, nicht verleumderischen Information, die auf legalem Wege erworben wurden, gibt es meiner Meinung nach kein Recht zu zensieren, was andere Leute von sich geben." Das Recht dürfe nicht verwendet werden, um Wikipedia-Autoren davon abzuhalten, Informationen aufzuschreiben oder Google daran zu hindern, wahrhaftige Informationen zu veröffentlichen. "Sowohl Wikipedia als auch Google sollten vor allem garantieren, dass sie gute Arbeit leisten", sagte Wales.

Die meisten Anträge kommen aus Frankreich

Wales sitzt auch in dem zehnköpfigen Beratungsgremium, das Google im Anschluss an die EuGH-Entscheidung ins Leben rief. Die Gruppe soll Regelungen finden, wie Google und andere Suchmaschinenbetreiber mit den Anfragen umgehen. Das Gremium plant dazu Anhörungen in mehreren Städten in Europa. Der erste Termin ist für den 9. September in Madrid vorgesehen.

Google hatte am vergangenen Donnerstag gemeldet, dass aus Frankreich mit rund 17.500 Anträgen bislang die meisten Anfragen eingegangen seien. Aus Deutschland kamen 16.500 Anfragen, die Briten stellten 12.000 Anträge. Bis zum 18. Juli erhielt der Konzern insgesamt 91.000 Anfragen, die sich auf rund 300.000 Seiten bezogen. 32 Prozent der Anträge lehnte Google nach eigenen Angaben ab. Bei 15 Prozent seien weitere Informationen nötig gewesen, 53 Prozent der Anfragen leistete der Konzern Folge.

Nachtrag vom 6. August 2014, 14:30 Uhr

Die Wikimedia Foundation veröffentlichte inzwischen mehrere Hinweise Googles zur Löschung von Suchergebnissen. Diese betreffen die englische, italienische und niederländische Sprachversion. Unter den gefilterten Links ist unter anderem ein englischsprachiger Artikel über den irischen Bankräuber Gerry Hutch sowie ein italienischer Artikel über die Kriminellenorganisation Banda della Comasina. In der niederländischen Wikipedia sind hingegen zahlreiche interne Diskussionen der Schiedskommission betroffen.

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