Recht auf Vergessen: Bundesverfassungsrichter kritisiert EuGH-Urteil
Der Bundesverfassungsrichter Johannes Masing kritisiert des EuGH-Urteil zum Recht auf Vergessen. Es gefährde die Meinungsfreiheit und gebe den Vermittlern zu viel Macht.

In einem internen Schreiben kritisiert der Bundesverfassungsrichter Johannes Masing das EuGH-Urteil zum Recht auf Vergessen. Während er ein solches Urteil grundsätzlich begrüße, gehe es in seiner jetzigen Form jedoch zu weit und gefährde dadurch die Meinungsfreiheit. Zwischen Persönlichkeitsrecht und Kommunikationsfreiheit entstehe "ein Ungleichgewicht, das die liberalen Linien des Äußerungsrechts zu unterlaufen" drohe. Zusätzlich gebe das Urteil zu viel Macht an die betroffenen Konzerne wie Google.
Die Vorwürfe seien nicht unbedingt neu, heißt es bei der Webseite iRights.info, der der Text vorliegt. Allerdings seien die Begründungen die bislang fundiertesten. Der 24-seitige Text wurde auf Wunsch des Verfassers zunächst nicht veröffentlicht, später änderte Masing aber seine Meinung und stimmte einer Veröffentlichung zu.
Schwierige Umsetzung
Tatsächlich herrscht bei Konzernen wie Google, Microsoft oder Facebook Unsicherheit wegen der derzeitigen Rechtslage. So hatte Google die Löschung eines Guardian-Artikels nach einem Protest des Verlags wieder rückgängig gemacht. Chefjustiziar David Drummond räumte kürzlich ein, dass die Abläufe bei der Bearbeitung von Löschanträgen "noch nicht vollständig entwickelt" seien.
Juristen werfen dem Konzern inzwischen vor, die Anträge einfach durchzuwinken. Es fehle eine sorgfältige Abwägung zwischen Informationsrecht der Öffentlichkeit und Recht des Einzelnen auf Vergessen, wie von den EuGH-Richtern vorgegeben, bemängelte Christian Solmecke. Solmecke hatte bereits kurz nach dem Urteil zahlreiche Löschanträge bei Google eingereicht, die er selbst für unzulässig hielt. Sie seien offenbar durchgewunken worden.
Google selbst hat inzwischen einen achtköpfigen "Löschbeirat" eingerichtet, dem auch Wikipedia-Gründer Jimmy Wales und die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) angehören. Wales hatte sich mehrfach sehr kritisch zu dem EuGH-Urteil geäußert.
Nachtrag vom 18. August 2014, 12:16 Uhr
Wir haben im zweiten Absatz einen Link auf den Originaltext ergänzt.
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