ESA: Vega-Rakete beim 17. Flug abgestürzt

Probleme mit der vierten Stufe haben zum zweiten Absturz innerhalb von 16 Monaten geführt. Der Grund sollen falsch verbundene Kabel gewesen sein.

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Die Vega-Rakete vor ihrem letzten Flug von 2020
Die Vega-Rakete vor ihrem letzten Flug von 2020 (Bild: Ariane Group / Screenshot (Golem.de))

Der 17. Start einer Vega-Rakete ist am frühen Dienstagmorgen mit dem Absturz der vierten Raketenstufe mit zwei Satelliten an Bord geendet. Die Vega-Rakete ist die kleine Trägerrakete der Europäischen Raumfahrtagentur Esa. Sie wird gebaut, um kleinere Satelliten in niedrigen Orbits auszusetzen, die vor allem zur Erdbeobachtung gedacht sind.

Die sogenannte AVUM-Raketenstufe sollte zwei Manöver durchführen. Das erste dient der Beschleunigung, um einen stabilen Erdorbit zu erreichen. Das zweite sollte den elliptischen Orbit zu einem kreisförmigen korrigieren. Aber so weit kam es nicht. Zwölfeinhalb Minuten nach dem Start zeigte die Telemetrie erste Abweichungen, etwa eine Minute vor Ende des ersten Manövers. Mit einer Höhe von 250 km und einer Geschwindigkeit von 7,5 km pro Sekunde war die AVUM aber noch nicht schnell genug für einen Erdorbit.

Der spanische Erdbeobachtungssatellit SEOSAT-Ingenio und der französische Forschungssatellit Taranis verglühten wahrscheinlich über Kanada oder der Arktis in der Erdatmosphäre, zusammen mit der Raketenstufe. Bereits der 15. Flug war am 11. Juli 2019 mit einem Fehlschlag durch Versagen der zweiten Stufe geendet. Es sollte einer der letzten Flüge dieses Modells der Vega-Rakete sein. Im Jahr 2021 soll diese durch die leistungsstärkere Vega C abgelöst werden, die auch Technik der neuen Ariane 6 verwendet.

Mögliche Ursachen sind Triebwerksversagen und Treibstoffverlust

Anders als beim vergangenen Flug versagte diesmal keine der in Italien gebauten Feststoffraketentriebwerke in den ersten drei Stufen. Die AVUM wird von einem ukrainischen Flüssigtriebwerk betrieben. Es verbrennt Stickstofftetroxid mit unsymmetrischem Dimethylhydrazin. Wenn die beiden hochgiftigen Stoffe in Kontakt kommen, entzünden sie sich spontan. Solche hypergolischen Brennstoffe sind besonders gut für Triebwerke geeignet, die mehrfach gezündet werden sollen. Sie kommen auch in den meisten Satelliten zum Einsatz.

Ob das ukrainische Triebwerk oder ein anderes Bauteil in der Raketenstufe versagt haben, wird eine Untersuchung zeigen müssen. Eine in der Funktion ähnlich aufgebaute Oberstufe einer Ariane-5-Rakete lieferte bei ihrem zehnten Flug im Jahr 2001 zu wenig Schub und brannte vorzeitig aus, weil Treibstoff durch ein Leck austrat.

Absturz wird Erstflug der Vega C verzögern

Nach Angaben der Ariane Group zum Absturz der Vega soll eine Abweichung bereits acht Minuten nach dem Start aufgetreten sein, was auf ein ähnliches Problem hindeuten könnte. Allerdings widerspricht die im Livestream eingeblendete Telemetrie dieser Meldung, denn dort zeigten sich Abweichungen von der nominellen Flugbahn erst vier Minuten später.

Der erneute Absturz einer Vega-Rakete senkt ihre Zuverlässigkeit auf 88 Prozent. So unzuverlässig war zuletzt die russische Proton-Rakete, bevor deren kommerzieller Flugbetrieb wegen zu hoher Versicherungsprämien weitgehend eingestellt wurde. Der Absturz wird auch Auswirkungen auf den Zeitplan der größeren Vega C haben, weil deren vierte Stufe, die AVUM+, nur eine vergrößerte Variante der gleichen Raketenstufe ist. Eine völlig neue Oberstufe, die mit Methan betrieben wird, soll erst für ein späteres Modell namens Vega E entwickelt werden.

Nachtrag vom 17. November 2020, 16:39 Uhr

In einer Pressekonferenz gab der Raketenbetreiber Arianespace bekannt, dass der Grund für die Fehlfunktion wohl falsch verbundene Kabel in der Steuerung der AVUM-Stufe gewesen sein sollen. Das sei ein Problem der Qualitätskontrolle, während das Design der Raketenstufe fehlerfrei sei.

Beobachter und Kommentatoren weisen jedoch darauf hin, dass es ein Fehler im Design sei, wenn es überhaupt die Möglichkeit gebe, durch eine Verwechslung eine falsche Kabelverbindung herstellen zu können. Ein ähnlicher Fehler führte am 2. Juli 2013 zum spektakulären Absturz einer Proton-Rakete, in der ein Lagesensor falsch herum eingebaut wurde.

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Kadjus 18. Nov 2020

Heutzutage ist es üblich, dass die Stecker mechansich codiert sind, sodass die nicht...

SanderK 18. Nov 2020

Auch beim Wiederverwenden gab es schon Daten auf denen man Aufbauen kann. Aber Egal...

FreiGeistler 17. Nov 2020

Dass man einfach mechanische Elastizität für minimalen Vortrieb nutzt (oder etwas...



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