Raumfahrt: SPD will ein nationales Weltraumgesetz

Die Sozialdemokraten (SPD) haben ein fünfseitiges Positionspapier zur Rolle Deutschlands in der Raumfahrt vorgelegt. Es lag zuerst der Süddeutschen Zeitung vor(öffnet im neuen Fenster) , ist mittlerweile aber auf der Parteiseite als Download einzusehen(öffnet im neuen Fenster) . Darin heißt es unter anderem, dass "das Leben in einer modernen und vernetzten Industrienation" ohne Weltrauminfrastruktur nicht möglich sei.
Ob in der Telekommunikation, Mobilität, Landwirtschaft, Energieversorgung, Sicherheitspolitik oder beim Klimaschutz: Eine Störung - menschengemacht oder durch Umweltkatastrophen - würde zum Stillstand führen, heißt es in dem Positionspapier. Deutschland habe in vielen Raumfahrtbereichen weltweit eine führende Rolle, jedoch dürfe man sich darauf nicht ausruhen. Das Servicemodul der Artemis-Mondmission (ESM) wird größtenteils bei Airbus in Bremen produziert, Jena Optronik baut beispielsweise das Navigationsgerät für den Weltraum (Startracker) und OHB aus Bremen ist für seine zuverlässige Satellitentechnik bekannt. Und auch in der Forschung ist Deutschland ein angesehener Partner.
Deutschland übernimmt mehr Verantwortung in der Raumfahrt
Für eine gute Raumfahrtpolitik brauche es Rechts- und Planungssicherheit für Unternehmen und Forschungseinrichtungen (wie langfristige Partnerschaften und beispielsweise die Bereitstellung von Startlizenzen für Raketen und ihre Fracht) sowie wettbewerbsfähige Raumfahrtbudgets, heißt es weiter. Wenn es der SPD gelingt, ihre Ziele hinsichtlich des deutschen Raumfahrtprogramms durchzusetzen, könnte dies ein positives Zeichen für Start-ups und bereits etablierte Firmen sein. Um wie viel Geld es der SPD geht, erklärt sie nicht.
Merkwürdig erscheint die Forderung, dass die Bundesregierung mehr Verantwortung in der europäischen Raumfahrt übernehmen soll. Denn das muss sie ohnehin, da Deutschland für die nächsten drei Jahre die politische Vertretung der Esa (European Space Agency) gegenüber der Europäischen Union sowie den europäischen Mitgliedstaaten übernimmt, wie Walther Pelzer auf der diesjährigen Jahreskonferenz des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR in Berlin erklärte (siehe Video). Die Bundesregierung habe dafür den höchsten je zur Verfügung gestellten Betrag (vier Milliarden Euro) für die Raumfahrt reserviert. Pelzer ist beim DLR für die Deutsche Raumfahrtagentur zuständig.
Unabhängiger Zugang zum All
Ein wichtiger Punkt sei der uneingeschränkte Zugang zum Weltall, schreibt die SPD in ihrem Papier weiter. Bisher ist Deutschland auf seine internationalen Partner angewiesen, um Astronautinnen und Astronauten ins All zu befördern. Allen voran ist die US-amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa einer der wichtigsten - wenn nicht sogar der wichtigste - Partner. Durch Russlands Krieg gegen die Ukraine ist die russische Föderation für die europäische Raumfahrtbehörde Esa und damit auch für die Bundesregierung keine Option mehr .
Satelliten können zwar auch vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou auf Französisch-Guayana gestartet werden. Jedoch fehlt es Europa an Trägerraketen . Die Ariane 5 startete mit der Juice-Mission zum letzten Mal und ihre Nachfolgerin, die Ariane 6, soll erst Ende 2023 zum ersten Mal abheben. Probleme gibt es auch bei der kleineren Vega-Rakete .
Für deutsche Raketenbauer für Microlauncher (Kleinraketen) wie die Rocket Factory Augsburg RFA, Isar Aerospace und Himpulse, aber auch deutsche Satellitenbauer könnte ein unabhängiger Zugang zum All in Zukunft einiges erleichtern.
Laut dem SPD-Positionspapier benötigt die Bundesregierung "explizit eigene Startkapazitäten und -plätze sowie eigene Trägerraketen und Satelliten, die schnell Ausfälle kompensieren können." Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die mobile Startplattform der Gosa (German Offshore Spaceport Alliance) in der Nordsee gelegt.
Zu Kooperationen mit China und Indien sagt die SPD nichts
Damit Deutschland keinen Nachteil im internationalen Raumfahrtgeschäft hat, will die SPD ein nationales Weltraumgesetz vorantreiben, das "die Anforderungen des Völkerrechts erfüllt" sowie Rechts- und Investitionssicherheit stärkt. "Durch Wirtschaftsfördermaßnahmen, Export-Unterstützung, Regelungen zum Abbau von Bodenschätzen im Weltraum und einer Aktualisierung der bestehenden Regularien zu Satellitendaten könnte ein solches Gesetz eine besonders positive Wirkung entfalten" , heißt es in dem Papier.
Laut Pelzer wird es aber noch dauern, bis ein nationales Weltraumgesetz umgesetzt wird. Dafür schaut sich das DLR erst die bestehenden Weltraumgesetz von Frankreich, das neue Weltraumgesetz von England sowie von Belgien und Luxemburg an. Zu einem übergreifenden europäischen Weltraumgesetz wird es aber nicht kommen, da dies laut Pelzer nicht in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Kommission fällt.
Weltraumstrategie in Wirtschaft, Sicherheit, Verkehr und Forschung
In dem Positionspapier fokussiert sich die SPD auf die Bereiche Wirtschaft, Sicherheit, Verkehr und Forschung. Im Bereich Wirtschaft legen die Sozialdemokraten ihr Augenmerk vor allem auf Förderungsmaßnahmen. Zudem soll sich die Bundesregierung ein Beispiel an den USA nehmen, wenn es um die direkte Auftragsvergabe an die Unternehmen geht. Dadurch sollen Risiken gemindert und Investitionsfreude geweckt werden.
Bei der Sicherheitsfrage, heißt es im Positionspapier weiter, müsse Deutschland in der Lage sein, wichtige Satelliten schneller ersetzen zu können und solle dabei gegebenenfalls enger mit seinen europäischen und internationalen Partnern zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit mit der EU und Nato solle vertieft werden. Zudem unterstützt die SPD-Bundestagsfraktion "politisch verbindliche Regelungen, damit der Weltraum von allen Staaten friedlich, nachhaltig und regelbasiert genutzt werden kann." Aber auch die Landesverteidigung sei ein wichtiger Punkt.
Die Partei spricht sich auch für den Aufbau eines Space Traffic Managements aus: "Besondere Priorität hat hierbei die Sicherung stabiler Satellitenumlaufbahnen, etwa durch Erforschung und die Regulierung der Beseitigung von Weltraumschrott." Die Wichtigkeit eines eigenen Navigationssystems wie den europäischen Galileo-Satelliten betont die SPD ebenfalls.
In der Forschung sollen weiterhin langfristige Missionen mit internationalen Partnern geplant werden und Deutschland soll dabei weiterhin über die EU-Grenzen hinaus schauen. Neben den USA sind auch Japan und Kanada wichtige westliche Partner in der Raumfahrt - auch wenn in dem Positionspapier kein internationaler Partner expliziert genannt wird. Ein Ausblick für eine zukünftige Zusammenarbeit mit wachsenden Raumfahrtnationen wie China und Indien wäre interessant gewesen. Ansonsten spielen der Wissenstransfer und Klimaprojekte für die SPD eine wichtige Rolle.
Dies waren nur ein paar der wichtigsten Beispiele, wie die Anerkennung der Bundesregierung von der Weltrauminfrastruktur als kritische Infrastruktur. Dazu gehören Weltraum-, Bodensegment und Datenverbindungen. In Zukunft könnten die Vertreter der Bundesrepublik somit den Erhalt und Schutz dieser Infrastruktur erhöhen - wobei sich das erst noch zeigen muss.



