Raumfahrt: SpaceX wehrt sich gegen Risikobewertung von Starlink

Im Jahr 2035 soll die Wahrscheinlichkeit, dass jemand durch Weltraummüll getötet wird, bei 61 Prozent liegen. Vorausgesetzt, diese Person befindet sich am Boden. Das Risiko eines Flugzeugabsturzes, der durch herabfallende Trümmerteile von Satelliten ausgelöst wird, soll für das Jahr 2035 bei 0,07 Prozent liegen. Das geht aus einem Bericht der US-Luftfahrtbehörde FAA (Federal Aviation Administration) vor, den sie dem Kongress im September vorgelegte und am 5. Oktober 2023 veröffentlicht(öffnet im neuen Fenster) hat.
Das Hauptrisiko soll dabei von dem privaten Raumfahrtunternehmen SpaceX ausgehen. In dem Bericht heißt es, dass "über 85 Prozent des erwarteten Risikos für Menschen am Boden und in der Luftfahrt durch wieder einfallende Trümmer im Jahr 2035" von den Starlink-Satelliten ausgehen. Am 9. Oktober wehrte sich das Unternehmen(öffnet im neuen Fenster) und wies die Vorwürfe zurück. Die FAA habe sich "fälschlicherweise auf eine zutiefst verfälschte Analyse gestützt, die die mit Starlink verbundenen Wiedereintrittsrisiken falsch charakterisiert" .
Laut SpaceX sei der FAA-Bericht fehlerhaft
SpaceX wirft der FAA vor, sich bei dem Bericht auf eine 23 Jahre alte Studie der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa zur Trümmerschätzung bezogen zu haben. Doch bei dieser Studie ging es um Iridium-Satelliten, die in Bezug auf "Material, Konstruktion, Design, Umlaufbahn und Betrieb nicht vergleichbar mit SpaceX oder anderen modernen Satelliten im Leo [Anm. d. R.: erdnahe Umlaufbahn; low earth orbit]" haben, heißt es seitens SpaceX.
Die FAA hatte die Studie der gemeinnützigen Gesellschaft mit einem staatlich finanzierten Forschungs- und Entwicklungszentrum in Auftrag gegeben. Laut der Stellungnahme von dem leitenden SpaceX-Ingenieur David Goldstein hat Aerospace "keine besonderen Kenntnisse oder Einblicke in Bezug auf Starlink" . Die Gesellschaft gehe davon aus, so die Behauptung Goldsteins, dass die SpaceX-Satelliten die gleichen sind wie die Satelliten, die die Nasa vor 23 Jahren analysierte.
Im Gegensatz dazu seien die Starlink-Satelliten aber für eine vollständige Demontage ausgelegt und erreichten eine mehr als 99-prozentige Erfolgsquote bei der Entsorgung nach der Mission. Für Goldstein noch nicht genug: "Diese Fehler hätten vermieden werden können, wenn Aerospace einfach grundlegende Nachforschungen bei SpaceX angestellt hätte, was jedoch nicht der Fall war. Tatsächlich hat Aerospace nicht einmal versucht, die Analyse der Demontierbarkeit von Starlink zu überprüfen, was ein grundlegender Teil ihrer Analyse hätte sein müssen."
Der Ingenieur kritisiert auch die FAA, die den Bericht von Aerospace ungeprüft dem Kongress vorgelegt hat. Der Bericht wurde zudem im Jahr 2021 abgeschlossen, dem Kongress aber erst am 22. September 2023 vorgelegt. Die Anzahl der von der FCC-Behörde für Kommunikationswege im Bereich Rundfunk, Satellit und Kabel (Federal Communications Commission) genehmigten Satelliten sind mittlerweile geringer ausgefallen, als sie damals angenommen wurden. Diese Tatsache wurde in dem Bericht nicht korrigiert und berücksichtigt.
SpaceX wirft der FAA Inkompetenz vor
"Die Tatsache, dass die FAA den Aerospace-Bericht einfach akzeptiert hat, ohne ihn zu hinterfragen oder zu überprüfen, lässt Zweifel an der technischen Kompetenz der FAA aufkommen, diesen Bereich verantwortungsbewusst zu bewerten und zu regulieren" , schrieb Goldstein.
Die Inkompetenz-Vorwürfe seitens SpaceX gegenüber der FAA kommen nicht von ungefähr. Es liegt derzeit an der FAA, ob das Starship von SpaceX eine neue Startlizenz erhält . Ob SpaceX mit diesen scharfen Vorwürfen etwas bezwecken will, ist unklar. Es bleibt abzuwarten, ob die FAA dem kommerziellen Raumfahrtunternehmen diesen Vorwurf übel nehmen wird.
Ein weiterer Kritikpunkt seitens SpaceX ist, dass in dem Bericht "andere Satellitensysteme wie Amazons Projekt Kuiper , Oneweb oder eines der Leo-Systeme, die von China entwickelt und eingesetzt werden, außer Acht gelassen" wurden. Ein berechtigter Punkt, auch wenn die größte Konstellation von erdnahen Satelliten derzeit von SpaceX und seinen Starlink-Satelliten ausgeht.
Derzeit überprüft die FAA den Bericht von SpaceX und soll mit den zuständigen Mitarbeitern des Unternehmens in Kontakt stehen.



