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Raumfahrt: Oneweb bankrott - Softbank verweigert Kredite

Der Starlink-Konkurrent scheitert in der Finanzkrise. Arianespace könnte 2020 und 2021 fast die Hälfte aller geplanten Raketenstarts verlieren.
/ Frank Wunderlich-Pfeiffer , Moritz Tremmel
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Die Oneweb-Satelliten sollten die ganze Welt mit Internetverbindungen versorgen. (Bild: Oneweb)
Die Oneweb-Satelliten sollten die ganze Welt mit Internetverbindungen versorgen. Bild: Oneweb

Der Betreiber der Oneweb-Satellitenkonstellation ist bankrott. Zwei Milliarden US-Dollar Kredit sollten in einer Finanzkrise von Softbank kommen, dem größten Anteilseigner. Doch das japanische Unternehmen, das bereits 34 Prozent der Anteile von Oneweb besitzt, hat nach Fehlinvestitionen wie in WeWork selbst schwere finanzielle Probleme. Am 27. März 2020 meldete Oneweb offiziell den Bankrott nach Chapter 11(öffnet im neuen Fenster) der US-Gesetzgebung. Die Firma will sich nun restrukturieren.(öffnet im neuen Fenster) Es ist allerdings nicht abzusehen, woher das notwendige Kapital dafür beschafft werden kann.

Das Projekt Oneweb sieht eine Konstellation von wenigstens 648 Satelliten im niedrigen Erdorbit vor, die 400 MBit/s Internetverbindungen mit einem Ping von nur 32 ms anbieten sollten. Geostationäre Satelliten haben wegen der großen Entfernung hingegen einen Ping on über 400 ms. Oneweb tritt gegen viel Konkurrenz an. SpaceX hat seit Mai 2019 schon 300 Satelliten der Starlink-Konstellation in das Weltall geschossen und auch Amazon-Gründer Jeff Bezos will ein Satelliten-Netz zur Internet-Versorgung aufbauen.

Bei Oneweb kamen zu der Konkurrenz und den schon früher bestehenden Finanzierungsproblemen des Unternehmens nun noch die aktuelle weltweite Wirtschaftskrise durch die Coronavirus-Pandemie hinzu. Oneweb hat bereits mit der Entlassung von Mitarbeitern begonnen. Ob weitere Starts von Satelliten durchgeführt werden, ist unklar. Die bereits gestarteten Satelliten werden aber weiter im Orbit bleiben, um die wertvollen Rechte an den reservierten Frequenzbereichen zu behalten.

Insolvenz trifft Arianespace schwer

Der Bankrott der Firma dürfte in der europäischen Raumfahrt weitreichende Folgen haben. 2015 schloss Oneweb mit Arianespace einen Vertrag ab, dessen Wert mit über einer Milliarde US-Dollar angegeben wurde. Es war der größte kommerzielle Startvertrag in der Raumfahrtgeschichte.(öffnet im neuen Fenster) Die Hälfte aller für 2020 geplanten Starts(öffnet im neuen Fenster) von Arianespace sollte Oneweb-Satelliten ins All bringen. Laut Insolvenzunterlagen hat Arianespace 238 Millionen US-Dollar an ungedeckten Krediten an Oneweb vergeben, die nun vollständig ausfallen dürften. Auch Airbus ist betroffen. Die Oneweb-Satelliten wurden in einem Joint Venture mit der Firma hergestellt, die 8,5 Prozent der Anteile an Oneweb hält.

Von den 21 geplanten Starts wurden bislang nur 3 durchgeführt. Nach Angaben von Oneweb kosten die Satelliten weniger als eine Million US-Dollar pro Stück. Damit sind die Raketenstarts etwa doppelt so teuer wie die Satelliten an Bord. Typischerweise ist das Verhältnis in der kommerziellen Raumfahrt umgekehrt. Auch der erste Flug der Ariane 6 ist von der Oneweb-Pleite betroffen. Die vergleichsweise billigen und leicht ersetzbaren Satelliten sollten dabei als Testnutzlast dienen. Bei den gescheiterten ersten Flügen der Ariane 5 und der vollständig überarbeiteten Ariane 5 ECA wurden 1996 und 2001 jeweils Nutzlasten im Wert von mehreren Hundert Millionen Euro zerstört.

Auch für den russischen Raketenbauer RSC Energia dürfte das Ausbleiben von Starts zu finanziellen Problemen führen. Es dürfte praktisch unmöglich sein, während einer globalen Finanzkrise in nur zwei Jahren Kunden für 18 ausgefallene Raketenstarts zu finden. Viele Unternehmen werden nun wohl von Staatsgeldern abhängig sein, um die Verluste auszugleichen, wobei eine Rettung des Unternehmens durch den Einstieg staatlich finanzierter Akteure nicht auszuschließen ist.

Finanzprobleme von Oneweb deuteten sich lange an

Probleme deuteten sich bei Oneweb bereits vor der offiziellen Bankrotterklärung an. Schon vor dem Einstieg von Softbank war etwa eine geplante Fusion mit dem Satellitenbetreiber Intelsat im Jahr 2017 gescheitert - auch andere Versuche von Fusionen misslangen. Gerichtsverfahren mit Intelsat wegen unerlaubter Nutzung von Geschäftsgeheimnissen liefen bis 2018(öffnet im neuen Fenster) . Bis 2019 lief auch ein Gerichtsverfahren gegen Virgin Orbital.(öffnet im neuen Fenster) In einem wirtschaftlich fragwürdigen Vertrag sollte die Firma 39 Starts mit dessen kleiner Trägerrakete Launcher One durchführen - bei einem Startpreis von 6 Millionen US-Dollar pro Rakete für je zwei Satelliten wären diese Starts pro Satellit mehr als doppelt so teuer gewesen wie Starts mit den russischen Sojus-Raketen.

Zuletzt startete die erste Sojus-Rakete für Oneweb trotz der hohen Kosten nicht mit der vollen Nutzlast von 34 Satelliten, sondern nur mit 6 Satelliten an Bord. Zuvor war immerhin noch von zehn Satelliten die Rede gewesen. Möglicherweise hoffte das Unternehmen, mit einer Demonstration der Satelliten schneller neue Investoren überzeugen zu können.

Die weitreichenden Konsequenzen einer vollständigen Einstellung von Oneweb werden wahrscheinlich Staatshilfen unvermeidlich machen, zumindest zum Ausgleich der Ausfälle bei Arianespace und der Abschreibungen von Airbus. Es ist auch nicht auszuschließen, dass das gesamte Oneweb-Projekt über den Einstieg staatlich finanzierter Unternehmen gerettet wird. Schon früher wurden Satellitenkonstellationen wie Iridium auf diese Weise gerettet, damals hauptsächlich zur Nutzung der Satellitentelefone im Militär.


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