Raumfahrt: Mehrjährige Marsmissionen schädigen Nieren von Astronauten

Raumfahrt geht an die Nieren: In einer Studie wurden die Auswirkungen der kosmischen Strahlung auf Raumfahrer untersucht. Vor allem die Nieren sind in Gefahr.
In einer groß angelegten Studie hat ein vom University College London (UCL) geleitetes Team untersucht, wie der Körper auf Weltraumstrahlung reagiert. Es zeigte sich, dass sich die Nieren von Menschen und von Tieren durch die Bedingungen im Weltraum verändern. Auf einer dreijährigen Reise zum Mars würden sie dauerhaft geschädigt und verlören ihre Funktion, teilte das UCL mit(öffnet im neuen Fenster) . Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications(öffnet im neuen Fenster) veröffentlicht.
"Wenn wir keine neuen Methoden zum Schutz der Nieren entwickeln, würde ich sagen, dass ein Astronaut es zwar bis zum Mars schaffen könnte, aber auf dem Rückweg eine Dialyse benötigt" , sagte Keith Siew, Erstautor der Studie. "Wir wissen, dass die Nieren erst spät Anzeichen von Strahlenschäden zeigen; wenn sich dies bemerkbar macht, ist es wahrscheinlich zu spät, um ein Versagen zu verhindern. Das wäre für die Erfolgschancen der Mission katastrophal."
Mäuse simulierten Marsflüge
Für die Studie wurden laut dem Forschungsteam Proben von über 40 Weltraummissionen in einer niedrigen Erdumlaufbahn ausgewertet. An den Missionen, die meist die Internationale Raumstation zum Ziel hatten, waren Menschen und Mäuse beteiligt. Hinzu kamen elf Weltraumsimulationen mit Mäusen und Ratten. Bei sieben dieser Simulationen wurden Mäuse simulierter Strahlungsdosen ausgesetzt, die 1,5- und 2,5-jährigen Marsmissionen entsprechen und den Weltraumflug außerhalb des Erdmagnetfelds nachahmen.
Dabei zeigte sich, dass sich die Funktionsweise der Niere im Weltraum verändert: Bestimmte Nierentubuli, die für die Feinabstimmung des Kalzium- und Salzhaushalts zuständig seien, tendieren nach weniger als einem Monat dazu zu schrumpfen. Ursache ist aber wahrscheinlich eher die Mikrogravitation als die Strahlung.
Dass Aufenthalte im Weltall den Körper verändern, ist seit den 1970er Jahren bekannt. Dazu gehören der Verlust von Knochenmasse, die Schwächung des Herzens und des Sehvermögens sowie die Entstehung von Nierensteinen. Auch Veränderungen im Gehirn wurden festgestellt.
Woher kommen die Nierensteine?
Bei den Nierensteinen waren Forscher von Knochenschwund als Hauptgrund ausgegangen. Knochenschwund, so die Hypothese, führe zu einer Anhäufung von Kalzium im Urin. Die aktuellen Ergebnisse deuten aber darauf hin, dass die Art und Weise, wie die Nieren Salze verarbeiten, durch den Weltraumflug grundlegend verändert wird, was die Hauptursache für die Bildung von Nierensteinen sein könnte.
"Unsere Studie unterstreicht die Tatsache, dass bei der Planung einer Weltraummission die Nieren wirklich wichtig sind. Man kann sie nicht mit Abschirmungen vor der galaktischen Strahlung schützen, aber wenn wir mehr über die Biologie der Nieren erfahren, ist es vielleicht möglich, technische oder pharmazeutische Maßnahmen zu entwickeln, die längere Weltraumreisen erleichtern" , sagte Stephen Walsh, Autor der Studie. "Medikamente, die für Astronauten entwickelt werden, können auch hier auf der Erde von Nutzen sein, indem sie die Nieren von Krebspatienten in die Lage versetzen, höhere Dosen in der Strahlentherapie zu ertragen" .



