Raumfahrt: Mehr Geld für die Raumfahrt reicht nicht aus

Eine mögliche leichte Senkung des deutschen Beitrags zur Esa bringt nicht die Raumfahrt in Gefahr. Deren heutige Probleme sind Resultat von Fehlentscheidungen, die hohe Kosten und Ausgaben nach sich ziehen. Zuerst braucht es Reformen statt noch mehr Geld.

Ein IMHO von veröffentlicht am
Die Ariane 6 soll Geld einsparen, ein Versprechen, das sie nicht mehr einlösen kann
Die Ariane 6 soll Geld einsparen, ein Versprechen, das sie nicht mehr einlösen kann (Bild: ESA)

Die europäische Raumfahrt braucht nicht noch mehr Geld - sie braucht zuerst eine bessere Organisation. Emotionale Debatten um den deutschen Beitrag zur europäischen Raumfahrt verdrängen die fundamentalen Probleme der Europäischen Raumfahrtbehörde Esa.

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung, der auch vom Spiegel aufgegriffen wurde, soll der deutsche Beitrag zur europäischen Raumfahrtorganisation Esa in den nächsten Jahren leicht sinken. Das Wirtschaftsministerium widersprach dieser Darstellung. Die Zahlen beinhalteten nicht alle Beiträge, hieß es. Dem wurde entgegnet, dass die Inflation nicht ausgeglichen würde. Die Raumfahrtgemeinde reagierte mit längst eingeübten Debatten und der Forderung, die Beiträge zu erhöhen, um deutsche Spitzentechnologie oder den Platz als führende Raumfahrtnation nicht zu gefährden.

Zweifel an der Verwendung dieser Gelder werden zumeist ignoriert oder nur hinter vorgehaltener Hand bestätigt. Immer wiederkehrende Probleme in der Auftragsvergabe, der Organisation und der Auswahl von Weltraummissionen lassen sich inzwischen über den größten Teil der Zeit seit Gründung der Esa im Jahr 1974 zurückverfolgen. Damals wurde sie die Nachfolgeorganisation der gescheiterten Europäischen Trägerraketenentwicklungsorganisation Eldo. Seit Ende der 1980er Jahre wird das europäische Raumfahrtprogramm nicht von Geldmangel, sondern von schweren Fehlentscheidungen wie der Entwicklung des Hermes Raumgleiters und der überdimensionierten Ariane 5 zurückgehalten.

Die Ariane 6 kostet mehr als sie einspart

Die Entwicklung der Ariane 6 begann deshalb mit dem Versprechen, sie werde die Startkosten halbieren. Aber dazu wird es nicht kommen. 2018 war Aussagen von Unternehmenssprechern zu entnehmen, dass die Startkosten bei vergleichbarer Leistung im Bereich von 110 bis 120 Millionen Euro liegen. Die Ariane 5 liegt derzeit bei etwa 160 Millionen Euro. Nach Branchenberichterstattung sind zu den Entwicklungskosten der Ariane 6 von 3,2 Milliarden Euro inzwischen weitere 519 Millionen hinzu gekommen. Damit sollen die Startkosten noch einmal um 10 bis 20 Prozent gesenkt werden.

Sollte die Ariane 6 insgesamt 100-mal fliegen, etwa so oft wie die Ariane 5 bisher, addieren sich allein die schon bewilligten Entwicklungskosten auf rund 40 Millionen Euro pro Flug. Dazu kommt eine weitere Milliarde Euro, die Fixkosten des Starts von Ariane 6 und Vega C subventionieren sollen. Aber wegen der Auftragsflaute und der hohen Startpreise sind die geplanten zehn Flüge pro Jahr unrealistisch. Die Ariane 5 ist dieses Jahr erst dreimal geflogen. Normal sind fünf bis sechs Flüge pro Jahr und bei SpaceX sieht es derzeit auch nicht besser aus.

Obwohl die Ariane 6 nur eine Abwandlung der Ariane 5 ist, wurde ihre Entwicklung so teuer, dass in der Endbilanz keinerlei Einsparungen mehr zu erwarten sind, wenn sie 2030 durch eine neue Rakete mit dem günstigeren Prometheus-Triebwerk ersetzt werden soll. Dabei ist berücksichtigt, dass ein Teil der Entwicklungskosten und Subventionen auch der kleinen Vega-Rakete anzurechnen sind. Umgekehrt zählt die Ariane 62 in dieser Rechnung auch als vollständige Ariane 6, obwohl sie mit Startkosten von 90 Millionen Euro weniger als die halbe Nutzlast einer Ariane 5 oder Ariane 64 hat.

Andere prominente Raumfahrtprogramme sind ähnlich teuer, mit ähnlich schlechten Resultaten.

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Zeitdruck und Planungsunsicherheit lassen Raumsonden abstürzen 
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Terence01 24. Nov 2019

Das ist das Äquivalent von 50 Cent zu einem 500 Euro Schein...

frugalz 18. Nov 2019

Mit der Industrie kenne ich mich weniger aus, habe aber bei der ESA die Auswirkungen des...

A. Tomic 16. Nov 2019

Was ich nicht so ganz verstehe ist die Forderung, dass innerhalb eines Projektes der Geo...

Muhaha 15. Nov 2019

Das funktioniert so aber nicht. Der Kuchen ist in den letzten Jahrzehnten GEWALTIG...



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