Abbremsen, um vorwärts zu kommen: Der paradoxe Flug zur Raumstation
Zunächst fliegt das Raumschiff auf einem 242 x 200 Kilometer hohen Orbit, weit unterhalb des 402 x 407 Kilometer hohen Orbits der ISS, aber mit der gleichen Bahnneigung. Auf dem niedrigen Orbit kann das Raumschiff die Erde schneller umfliegen als die Raumstation. Dadurch nähert es sich der Raumstation an. Es folgen eine Reihe von zeitlich gut abgestimmten Manövern, die den Orbit zum richtigen Zeitpunkt anheben, so dass das Sojus-Raumschiff in der Nähe der ISS in den gleichen Orbit wie die ISS einschwenkt.
Die Annäherung an eine Raumstation ist damit etwa paradox. Im Erdorbit gelten für Raumschiffe die Gesetze der Schwerelosigkeit nicht, zumindest nicht für längere Zeit. Wenn ein Manöver mehr als ein paar Sekunden oder wenige Minuten in Anspruch nimmt, muss die Himmelmechanik beachtet werden. Immerhin fliegt das Raumschiff alle 90 Minuten im Kreis. Ein kurzes Manöver zur Beschleunigung in Flugrichtung wirkt zunächst wie gedacht. Aber 22,5 Minuten später, nach einem Viertel des Orbits, wirkt das gleiche Manöver wie eine Beschleunigung von der Erde weg nach oben. Nach 45 Minuten, auf der anderen Seite des Kreises, wirkt das Manöver eher wie ein Bremsmanöver mit Beschleunigung nach hinten.
Weniger Kopfschmerzen durch Himmelsmechanik
Um das Paradox aufzulösen, beziehen sich alle Manöver auf Orbitalparameter. Um sich der ISS in Flugrichtung von hinten anzunähern, muss das Raumschiff in einem niedrigeren Orbit fliegen, um die Fluggeschwindigkeit zu erhöhen. Dazu muss paradoxerweise das Raumschiff zunächst abgebremst werden, um den Orbit zu senken. Erst wenn die passende Position erreicht ist, wird wieder der Orbit der Raumstation angeflogen. Ein Zünden der Hecktriebwerke, um auf die ISS zu zu fliegen, würde zunächst funktionieren. Aber dabei wird der Orbit erhöht und das Raumschiff würde nicht nur über die Raumstation hinweg fliegen, sondern wegen der langsameren Fluggeschwindigkeit und dem längeren Orbit auch hinter die Raumstation zurückfallen.
Auch bei seitlichen Abweichungen im Orbit bleibt nichts so, wie es in der Schwerelosigkeit sein sollte. Es gibt keine zwei Orbits, die seitlich parallel nebeneinander verlaufen. Wie die Längengrade auf dem Globus werden sie sich immer an zwei Stellen überschneiden. Zu diesen Überschneidungen kommt es in einem 90-Minuten-Orbit alle 45 Minuten, einmal von links nach rechts und einmal umgekehrt. Raumschiff und Raumstation würden also von ganz allein aufeinander treffen. Besser ist es aber, diese Effekte zu vermeiden und die seitliche Bewegung des Raumschiffs in dem Moment abzubremsen, in dem es den Orbit der Raumstation kreuzt. So schwenkt das Raumschiff auf den gleichen Orbit wie die Raumstation ein.
Erst in der Endphase des Dockingmanövers können die normalen Gesetze der Schwerelosigkeit weitgehend angewendet werden. In den wenigen Minuten oder Sekunden der Annäherung sind die Abweichungen von der perfekten Flugbahn klein und lassen sich mit den Triebwerken ohne zu viel Treibstoffverbrauch ausgleichen. Davor ist es besser, sich von den physikalischen Gesetzen der Himmelsmechanik treiben zu lassen.
Auch nach der Landung dürfen die Rituale nicht fehlen
Der Rückflug ist weniger kompliziert. Nach einem halben Jahr an Bord der ISS verlassen die Astronauten die Raumstation wieder. Dann wird das Raumschiff abgebremst, bis die Flugbahn im passenden Winkel durch die Atmosphäre verläuft. Vor dem Wiedereintritt wird das Orbitalmodul vor der Wiedereintrittskapsel abgesprengt, genauso wie das Servicemodul, das sich mit Antrieb und Stromversorgung hinter der Kapsel befindet.
Nach der Landung werden die Astronauten dann traditionell mit einem frischen Apfel versorgt und auf einem fellbezogenen Sessel von der Kapsel in den Helikopter gebracht. Es folgt eine kasachische Willkommenszeremonie, bei der die Besatzung traditionelle kasachische Kleidung erhält, einen Blumenstrauß und eine Matrioschka mit den Gesichtern der Astronauten.
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Raumfahrt: Der traditionelle Weg zur Internationalen Raumstation |
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Ich möchte nur kurz anmerken, dass die Russen keinen Countdown beim Start einer Sojus haben.
Das war auch mein erster Gedanke ^^
Oder noch schlimmer, die Scheibe zieht sich zusammen und bildet einen dreidimensionalen...
Laos gerade die Mexikanische Mannschaft hat mMn ein etwas spannenderes Abschiedsritual.