Der Neustart eines Raketentriebwerks ist eine Kunst für sich
Das Triebwerk muss nicht nur selbstständig starten können, sondern auch wiederstartbar sein. Das gehört zur höheren Kunst der Triebwerkskonstruktion und wird vermieden, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Die Modifikation, um ein Triebwerk im Flug neu starten zu können, macht die Neukonstruktion ganzer Baugruppen und aufwendige Testkampagnen notwendig, um ein zuverlässiges Funktionieren sicherzustellen. Das gilt auch für die Wiederverwendbarkeit bei mehreren Flügen. Ein solches Projekt dürfte in der europäischen Raumfahrt aller Erfahrung nach Hunderte Millionen Euro kosten.
Wie groß der Aufwand ist, sieht man an der Oberstufe der Ariane 5. Sie ist nicht wiederstartbar, weil das kleine HM7-Triebwerk in den 1970er Jahren für die Ariane 1 aus Kostengründen so entwickelt wurde. Obwohl die Ariane 5 dadurch äußerst unflexibel ist, wurde den Ingenieuren seitdem nie Zeit und Geld gegeben, um das Triebwerk so zu entwerfen, dass es im Flug neu starten kann. Es ist keine einfache Modifikation. Beim neuen Vinci-Triebwerk der Ariane 6 wird Wiederstartbarkeit als besondere neue Fähigkeit beworben.
Für die Ariane 5 und 6 ist auch die Drosselung des Vulcain-2-Triebwerks nicht notwendig. Selbst mit leeren Tanks reicht der Schub kaum aus, um eine Beschleunigung von 3 g zu erreichen. Das Retalt-Team schreibt auf seiner Webseite lediglich von der Annahme, dass diese Möglichkeit bestehe. Für eine kontrollierte Landung ist die gezielte und möglichst tiefe Drosselung der Triebwerke ohne Verbrennungsinstabilitäten in der Brennkammer aber unabdingbar. Auch dafür müssten Mechanismen entwickelt, eingebaut und getestet werden.
Über 100 Millionen Euro allein für die Triebwerke
Das größte Problem sind aber die Kosten der Triebwerke. Selbst das vereinfachte Vulcain-2.1-Triebwerk soll 10 Millionen Euro pro Stück kosten. Mit sieben modifizierten Triebwerken, die deutlich teurer sein werden, wird dann jeder Testflug der Rakete zum finanziellen Wagnis. SpaceX hat mit abgeschriebenen Raketenstufen im Gegenwert von etwa 30 Millionen Euro experimentiert, nach erfolgreich abgeschlossener Mission.
Bei Retalt 1 dürften allein die Triebwerke für die Testflüge mehr als 100 Millionen Euro kosten. Selbst bei reduzierter Zahl der Triebwerke wäre ein Verlust so teuer, dass ein normaler Testbetrieb ausgeschlossen ist. Das ESA-Projekt Themis soll hingegen im Jahr 2025 mit Raketenstufen durchgeführt werden, die mit drei Prometheus-Triebwerken im Wert von 3 Millionen Euro ausgestattet sind. Allein die Untersuchung der Durchführbarkeit von Retalt 1 soll bis 2022 dauern. Bis die erste flugfähige Hardware fertig ist, dürfte Prometheus längst in Massenfertigung sein.
Bei all dem war noch nicht davon die Rede, dass Retalt 1 für die europäische Raumfahrt gänzlich überdimensioniert ist. Die Rakete hätte 50 Prozent mehr Nutzlast als die große Ariane 64, die pro Flug zwei oder drei Satelliten tragen muss, weil größere Satelliten derzeit schlicht nicht gebaut werden. Die Ariane 62 mit weniger als der halben Nutzlast wurde nur entwickelt, um staatliche Missionen ohne zweiten Satelliten zumindest etwas billiger durchzuführen.
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