Raumfahrt: Boeing gesteht lückenhafte Tests bei Starliner ein
Bei der Entwicklung des Starlinerns hat Boeing "offensichtlich in einigen Bereichen noch Lücken zu füllen". Das Unternehmen habe die Software des Raumschiffes nicht gründlich genug getestet, hieß es in einem Pressebriefing. Die Kosten des Projektes seien nicht das Problem gewesen, die Zeit zum Testen dagegen schon.

Der Fluggerätehersteller Boeing hat Lücken bei den Softwaretests des Starliner-Raummoduls zugegeben. Das Unternehmen habe die Lektionen gelernt und wolle das Vertrauen der Nasa wiedergewinnen, die das 4,8 Milliarden US-Dollar teure Raumschiff bestellt hat, sagte Boeing-Manager John Mulholland in einem Pressbriefing. Mulholland ist unter anderem für das kommerzielle Weltraumcrew-Programm verantwortlich und hatte sich in einem früheren Gespräch schon einmal Fragen von Journalisten gestellt.
In dem Briefing wurde er mehrmals gefragt, welche Entscheidungen beim Softwaretesting dazu geführt hätten, dass das Team Fehler habe übersehen können. Diese Fehler führten im Jahr 2019 zum einen dazu, dass das Raumschiff die falsche Zeit von der Atlas-V-Trägerrakete abgriff. Systeme arbeiteten dadurch zeitversetzt und fehlerhaft. Der Grund soll gewesen sein, dass Tests des Raumschiffs zusammen mit einem Simulator der Originalhardware der Rakete zwar durchgeführt wurden, aber die Simulation nach Abtrennung des Raumschiffs von der Rakete nicht fortgeführt wurde. Es wurde zu keinem Zeitpunkt die komplette Mission am Stück simuliert, sondern immer nur Abschnitte.
Ein weiterer Fehler habe dazu geführt, dass die Schubdüsen des Starliners falsch gezündet hätten. Laut dem Boeing-Sprecher kam bei den Softwaretests eine alte Steuereinheit zum Einsatz, weil sich das für den Flug vorgesehene Modell zu dem Zeitpunkt bei Hardwaretests in einem anderen Teststand befand. Wegen des Fehlers wären möglicherweise die Crew-Kapsel und das Service-Modul des Vehikels kollidiert.
Kosten waren angeblich nicht das Problem
"Kosten waren in keinster Weise ein Schlüsselfaktor, nach dem wir unsere Systeme testen und verifizieren müssen", sagt Mulholland. Dieses Problem hatte beispielsweise die fehlerhafte Boeing 737 Max. Stattdessen räumte das Unternehmen wohl zwei von Kosten unabhängige Fehler ein. Das Entwicklerteam habe die Softwaretests in mehrere Teile aufgebrochen, statt diese über die Zeit von 48 Stunden - die Dauer der Mission vom Start bis zum Andocken an die ISS - dauerhaft laufen zu lassen. Der erste Teil dieser Testsimulation lief genau bis zur Trennung von der Atlas V, nachdem in der Realität der erste Fehler auftrat. "Wenn wir den integrierten Test zusammen mit dem ersten Zündvorgang bei Orbitaleintritt durchgeführt hätten, dann hätten wir gesehen, dass wir die Zündung verpasst haben", sagte Mulholland.
Das Softwareteam habe zudem nicht jeden möglichen Pfad von if-then-else und ähnlichen Strukturen geprüft, den die Logik des Steuerprogrammes nehmen kann. Statt sich jede Verzweigung anzuschauen, habe man sich nur den grundlegenden Code angeschaut und ob dieser überhaupt ausführbar sei. Wie lange die anstehende Überprüfung von etwa einer Million Codezeilen dauern wird, konnte Mulholland nicht sagen. Er verteidigte das Testing-Team: "Ich möchte Ihnen nicht den Eindruck geben, dass dieses Team Abkürzungen genommen hat", sagte er. "Wir haben offensichtlich in einigen Bereichen noch Lücken zu füllen". Allerdings gestand er im Gespräch später ein, dass vollständige Tests der Mission nicht durchgeführt worden seien, weil sie mit einer Dauer von mehreren Tagen zu lange gedauert hätten. Den endgültigen Untersuchungsbericht will die Nasa am 6. März um 17 Uhr mitteleuropäischer Zeit veröffentlichen.
Boeing spielt auch eine große Rolle im Artemis Programm der Nasa zur Landung von Menschen auf dem Mond. In Dokumenten, die in den letzten Tagen unter Nasa-Mitarbeitern verbreitet wurden, würde Boeing eine noch größere Rolle als bisher spielen. Es sollen mehr SLS-Raketen als bisher geplant gestartet und die leistungsfähigere EUS-Oberstufe von Boeing entwickelt werden. Die Schwerlastrakete wird unter der Aufsicht von Boeing konstruiert und selbst mit der bisherigen Oberstufe rund zwei Milliarden US-Dollar pro Start kosten. Allerdings distanzierte sich Nasa-Chef Jim Bridenstine von dem Inhalt des Dokuments.
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Der Unterschied ist, dass der Kopf von SpaceX/Tesla weiß "wie Software geht". Daran...
Ship it!
Sehe ich auch so. Sieht mir so nicht wirklich danach aus als würde man Boeing richtig...
...dann ist ja alles wieder gut. ;)