Quantenfluktuationen: Quantenzustand bei großen Objekten und Raumtemperatur

Ein Forschungsteam der ETH Zürich(öffnet im neuen Fenster) konnte bei einem vergleichsweise großen Objekt, genauer einem Turm aus drei Nano-Glaskügelchen, und bei Raumtemperatur sämtliche äußere Einflüsse ausschalten und eine Quantenreinheit von 92 Prozent erzielen. Das bedeutet, dass die gemessene Bewegung - ein Zittern mit einer Frequenz von 1 Megahertz - fast ausschließlich quantenmechanisch erklärt werden muss.
Beobachtet wurde demnach eine Schwingung, die durch die Nullpunktsenergie hervorgerufen wurde. Anders als bei klassischen Betrachtungen kann der Quantenmechanik zufolge diese Nullpunktsfluktuation nicht eliminiert werden.
Quantenzustand wesentlich einfacher zu erreichen
Die drei Kügelchen, die jeweils aus mehreren hundert Millionen Atomen bestehen und zusammen knapp 10 Mikrometer groß sind, befinden sich in einem transparenten, luftleeren Gefäß. Mithilfe einer optischen Falle, also im Grunde mit einem schwachen Laserstrahl, wird die Schwerkraft ausgeschaltet und das Objekt komplett in Ruhe versetzt.
Das Experiment gelingt bei Raumtemperatur und unterscheidet sich damit fundamental von anderen Herangehensweise an diese Effekte. Denn normalerweise werden einzelne Moleküle oder Wolken von wenigen hundert Atomen auf einige Millikelvin über den absoluten Nullpunkt abgekühlt, was ebenfalls mit Laserlicht gelingt. Hier ist das Objekt eine Million Mal größer und statt -273 °C herrschen +20 °C.
Dem Forschungsteam ist es nun möglich, das größere Objekt deutlich einfacher zu beobachten und Messungen vorzunehmen. Die Arbeit bei Raumtemperatur verschlankt den gesamten Aufbau und verringert den Energiebedarf erheblich. Die komplette Studie findet sich frei zugänglich bei Nature Physics(öffnet im neuen Fenster) . Sie entstand in Zusammenarbeit mit den Universitäten von Wien in Österreich, Manchester in Großbritannien und dem Institut de Ciencies Fotoniques in Barcelona, Spanien.
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten
Weil die Forschungsgruppe den quantenmechanischen Zustand wesentlich einfacher erreichen kann, herrscht Zuversicht, dass dadurch eine Vielzahl neuer und vergleichsweise einfach zu handhabender Sensoren entwickelt werden kann. Diese könnten wegen des Fehlens eines Grundrauschens winzige Veränderungen äußerer Einflüsse aufspüren.
So wäre es möglich, Zusammenhänge zwischen der Gravitation und der Quantenmechanik zu untersuchen. Beschleunigungssensoren könnten bei der Navigation unterstützen. Selbst die Einflüsse von Elementarteilchen auf die Glaskügelchen ließen sich erfassen, was bei der Suche nach dunkler Materie helfen soll.
Dafür aber muss das gesamte System noch miniaturisiert werden, was angesichts der fehlenden Kühlung und der guten Messbarkeit laut der Forschungsgruppe prinzipiell möglich sein soll.



