Programmcode: Ist das Kunst?

Kann Programmcode ein Medium für Künstler sein - genau wie Farbe, Töne oder Worte? Codende Künstler kämpfen seit Jahren darum, das durchzusetzen. Googles DevArt soll helfen.

Artikel von Jan Bojaryn veröffentlicht am
Mediated Perceptions: Ein Blick durch die Oculus Rift zeigt gefilterte Wirklichkeit.
Mediated Perceptions: Ein Blick durch die Oculus Rift zeigt gefilterte Wirklichkeit. (Bild: Terry Broad)

Jeder moderne Mensch nutzt Software, pausenlos. Programmieren mit Kunst zu verbinden, fällt trotzdem nicht vielen ein - und das, obwohl die Computerkunst oder digitale Kunst ungefähr genauso alt ist wie der Computer selbst. Mit einem neuen Label könnte es Google jetzt gelingen, das klassische Bild des Softwareentwicklers, von Software überhaupt zu verändern: DevArt. Über Monate wurden Projekte auf einer Webseite vorgestellt, ein paar haben es auch in eine Londoner Ausstellung über digitale Kunst geschafft. Von weitem sehen die meisten nach verspielter Installationskunst aus. Aber was soll DevArt konkret sein? Und sind die Künstler Informatiker auf neuen Wegen oder fachfremde Menschen, die ein bisschen coden gelernt haben?

Crowdpainter: Gemälde trifft Wikipedia-Vandalismus

Am besten fragt man da die Schöpfer der Kunstwerke. Unter den vielen Projekten sticht der Crowdpainter mit seiner originellen, aber einleuchtenden Idee hervor. Seine Schöpfer Pindar Van Arman und Trillane Burlar sind hauptberufliche Softwareentwickler. Sie haben einen Roboter entwickelt, der ein Bild nach Vorlage auf einer Leinwand nachmalen kann. Online kann jeder mitmachen und virtuelle Pinselstriche ziehen, die der Roboter dann der Reihe nach abarbeitet. Bleiben Befehle von außen aus, kann der Roboter auch selbst entscheiden, wie er weitermalt. So wachsen aus einem chaotischen Strichewirrwarr und dem online üblichen Vandalismus langsam Gemälde.

  • Anna Carreras und Maria Solé Bravo haben das Kit de Libertad de Expresión oder Freedom of Speech Kit geschaffen und die Entwicklung dokumentiert. (Bild: Anna Carreras / Maria Solé Bravo
  • Der Crowdpainter von Pindar Van Arman und Trillane Burlar (Bild: Pindar Van Arman und Trillane Burlar)
  • Face Cloud von Robert Woodley und Adelheid Mers (Robert Woodley und Adelheid Mers)
  •  Icosahedron von Tim Tavlintsev (Bild: Tim Tavlintsev)
  • Infinite Sunset von Joseph Gray (Bild: Joseph Gray)
  • Infinite Sunset von Joseph Gray (Bild: Joseph Gray)
  • Infinite Sunset von Joseph Gray (Bild: Joseph Gray)
  • Mediated Perceptions von Terry Broad (Bild: Terry Broad)
  • Mediated Perceptions : Betrachter setzen ein Oculus Rift auf und sehen durch das Display die Wirklichkeit vor ihnen, gefilmt von Kameras. Über die Ansicht werden visuelle Filter gelegt. (Bild: Terry Broad)
  • Mediated Perceptions von Terry Broad (Bild: Terry Broad)
  • Mediated Perceptions (Bild: Terry Broad)
Der Crowdpainter von Pindar Van Arman und Trillane Burlar (Bild: Pindar Van Arman und Trillane Burlar)

Auf der Projektseite verlinken Van Arman und Burlar ihre verwendeten Libraries, geben Beispielcode für das Übersetzen des Nutzerinputs in Zeichenbefehle. Technisch ist der Crowdpainter nicht sehr anspruchsvoll. Interessant ist am ehesten die Schilderung, wie der Roboter mit Hilfe des k-Means-Algorithmus Bilder analysiert. Auf dieser Grundlage entscheidet er, was er zeichnen soll.

Endlich mehr Aufmerksamkeit für den Code

Den Crowdpainter kann man auch ohne kunsttheoretische Diskussionen witzig oder spannend finden. Mit seinem ewigen Wettkampf aus Vandalismus und Korrektur wirkt er wie eine Metapher auf die Wikipedia. Der sichtbare Kampf ist auch für Van Arman und Trillane eines der interessantesten Ergebnisse. Sie dokumentieren begeistert, wie in ihren Gemälden Beleidigungen, Symbole, oder Spongebob persönlich auftauchen und wieder verschwinden.

DevArt sei zwar nur ein Marketingbegriff von Google, sagt Van Arman. Er selbst würde sich eher als Technologie- oder Neue-Medien-Künstler bezeichnen. Er warte aber "seit Jahren darauf, dass Programmcode als Medium stärker respektiert wird". In der Vergangenheit ist er in Kunstkreisen immer wieder auf Ablehnung gestoßen und in Wettbewerben disqualifiziert worden, weil seine Kunst auf Code zurückgeht. Für Van Arman ist die Sache ganz einfach: "Kunst ist bei mir ja nicht das physikalische Gemälde, sondern gerade der Programmcode dahinter." Da ist es kein Wunder, dass er grundsätzlich auch keinen Qualitätsunterschied zwischen Programmieren und etablierten künstlerischen Handwerken wie Musizieren, Schreiben oder Malen sieht.

Infinite Sunset: Die Sonne passt auf jeden Bildschirm

Auch für Joseph Gray ist Code ein Werkzeug wie jedes andere - allerdings eins, das besondere Möglichkeiten bietet: interaktive, selbst generierende, vernetzte, datenverarbeitende Kunstwerke zu schaffen. Sein Infinite Sunset ist einfach schön. Der unendliche Sonnenuntergang eignet sich nicht nur für Galerien, sondern gibt auch einen guten Bildschirmschoner ab.

Einfache grafische Elemente setzen sich zu einer Art Sonnenuntergang zusammen. Waagerechte Linien wechseln unaufhörlich und erzeugen immer neue Farbstimmungen - fast wie das Original. Interessant ist der Einsatz von Processing.js, einer Webumsetzung der grafischen Programmiersprache Processing. So geht die Sonne auf praktisch jedem Gerät mit Browser unter. Originell ist auch die Idee, wie der Sonnenuntergang seine Farbinformationen bezieht: Aus regelmäßigen Google-Bildersuchen nach dem Wort Sunset werden sie ausgelesen.

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Mit Code kreativ sein 
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EvilSheep 25. Jul 2014

Definitiv, da ist jedes Stück Anfängersoftware in dem gezeigt wird wie man z.B. mit...

Isodome 24. Jul 2014

Nur weil etwas schwierig ist, ist es noch lange keine Wissenschaft! Ja, man kann im...

TrudleR 21. Jul 2014

Guckt euch mal z.B. das hier an: http://openprocessing.org/sketch/155099 Ich finde schon...

Anonymer Nutzer 21. Jul 2014

Einfach mal auf Prods gehen und nach 64k für Windows suchen. Dann nach Beliebtheit...



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