Ob der Bedarf an Leiharbeit da ist, muss sich noch zeigen
Die Teilnehmer hätten keinerlei Defizite wie schlechte Noten oder mangende räumliche Flexibilität, sagt Küpper. "Sie sind hochmotiviert und gut qualifiziert." Weil in der Industrie Wissen um Projektmanagement stark nachgefragt werde, wird das geschult, ebenso Kommunikation. Beides sind Themen, die an den Hochschulen üblicherweise in technischen Studiengängen nicht gelehrt werden. Schwerpunktmäßig haben die Teilnehmer Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen studiert, Informatiker sind die Ausnahme.
Die Teilnehmer am Programm werden nach dem Tarifvertrag des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen IGZ bezahlt. Das sind rund 3.500 Euro brutto monatlich. "Das ist schon niedriger als übliche Gehälter in der Industrie und damit attraktiv für die Entleihbetriebe, weil sie relativ günstig an gutes Personal kommen", sagt Küpper. Gerade in der aktuell schwierigen Situation sei das aber immer noch ein sehr ordentliches Gehalt.
Unterschriften unter Verträge mit Leiharbeitsbetrieben, in denen Teilnehmer wie C. eingesetzt werden sollen, gibt es noch keine. Ob tatsächlich ein Bedarf an den Ingenieuren und Informatikern auf Zeitbasis besteht, werden die nächsten Wochen zeigen.
Die Zeitarbeit ist ein Frühindikator für den Arbeitsmarkt. Geht es Firmen schlecht, müssen Leiharbeiter als erste gehen. Zieht die Wirtschaft an, werden sie als erste eingestellt. Zeitarbeiter sind der flexible Faktor im Personalbestand, der leichter auf- und abzubauen ist als eigene Mitarbeiter.
Im November 2019 hatten die Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland rund 740.000 Beschäftigte. Dann wurden während des ersten Lockdowns bis Mai 2020 etwa 120.000 Mitarbeiter entlassen, nach den Lockerungen bis November 2020 um die 80.000 Mitarbeiter wieder eingestellt. Im zweiten Lockdown sanken die Beschäftigtenzahlen der Zeitarbeitsunternehmen nun wieder auf 664.000 im Dezember 2020. Der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister, von dem diese Zahlen stammen, begründet den Rückgang "mit einem zum Jahresende üblichen saisonalen Effekt".
Zeitarbeit ist ein Frühindikator am Arbeitsmarkt
Trotzdem fanden im Dezember 2020 rund 27.000 Arbeitslose einen Job in der Zeitarbeit. Das waren im Vergleich zum Vorjahresmonat rund ein Drittel mehr. Für manche mag das ein Hoffnungsschimmer am Arbeitsmarkt sein. Andere sehen darin eine nur leichte Erholung nach der schlimmsten Krise in der deutschen Wirtschaft seit 1945. Laut einer Umfrage des Verbands gehen die Unternehmen derzeit davon aus, dass sich die Umsätze und die Beschäftigung in der Zeitarbeit in den kommenden Monaten erhöhen werden.
C. hofft nun sehnlichst auf einen Einsatz in einer Firma, nach all den negativen Erfahrungen und dem Pech, das er bei seinen Bewerbungen erlebt hat. Der Abteilungsleiter in der Firma, in der er sein Praktikum machte, wollte ihn haben. "Dann kam Corona, Einstellungsstopp und Mitte des Jahres geht er in Rente."
Der Mann ist dann weg, Beziehungen aber sind ganz wichtig für eine Einstellung: Laut dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung wird jede dritte Stelle aufgrund von Vitamin B vergeben. Manche Firmen haben sich seit über einem Jahr auf Bewerbungen von C. nicht gemeldet, andere haben den laufenden Bewerbungsprozess aufgrund eines Einstellungsstopps angebrochen und ihn gebeten, es nach Corona noch einmal zu versuchen. Aber wann ist Corona vorbei und geht es dann tatsächlich gleich aufwärts? Das weiß niemand wirklich.
C. ist offen für alle Branchen und dafür fachlich gut geeignet. Seine Masterarbeit hat er über Bio-Sensoren geschrieben und sein Praktikum in der Qualitätssicherung absolviert. "Beides hat mir Spaß gemacht und interessiert mich." Doch die Nachfrage nach Akademikern ist in der Zeitarbeit deutlich geringer als in der Wirtschaft insgesamt. Nach Auskunft des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen liegt der Anteil bei ungefähr 10 Prozent.
Dafür ist die Übernahmequote hoch: Etwa ein Drittel der Zeitarbeiter werden von den Unternehmen übernommen, in denen sie eingesetzt sind. "Klebeeffekt" wird das in Fachkreisen genannt. C. wäre es ganz recht, wenn er bei einem Einsatz kleben bliebe.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Programm für IT-Jobeinstieg: Hoffen auf den Klebeeffekt |
- 1
- 2
Nicht aus dem gewohnten Umgebung rauswollen ist sicher ein Punkt. Einen anderen habe ich...
Meine Erfahrungen in dem Bereich erstrecken sich über fast 25 Jahre. Es gibt immer wieder...
Kannst Du vergessen. Als nächstes kommt dann die "Eingliederungsvereinbarung" beim...
Ich habe gestern einen interessanten Beitrag über das KIT von einem Selbstständigen in...
Ich hab das Gefühl, dass sich die Leute heute (verständlicherweise muss man sagen) die...
Kommentieren