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Probefahrt mit dem BYD Sealion 7: Ein Ritt auf der Blade Battery durch den Taunus

BYD ist zwar einer der größten Hersteller von Elektroautos , in Deutschland aber noch wenig bekannt. Sein neues SUV kann sich aber sehen lassen.
/ Werner Pluta
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Sealion 7 von BYD: in Konkurrenz mit Tesla um die Nummer 1 bei den E-Autos (Bild: Werner Pluta/Golem.de)
Sealion 7 von BYD: in Konkurrenz mit Tesla um die Nummer 1 bei den E-Autos Bild: Werner Pluta/Golem.de

Bei einem solchen Wetter macht Autofahren nicht gerade Spaß: Am Start in Offenbach regnet es. Auf dem Feldberg im Taunus sind ein paar Schneeflocken dazwischen. Doch der Sealion 7 schnurrt unbeirrt durch die Kurven, dem 880 Meter hohen Gipfel entgegen.

Der Sealion 7 ist ein Elektroauto von Build Your Dreams (BYD), das siebte, das der chinesische Autokonzern in Europa auf den Markt gebracht hat. Dort ist er seit 2022 vertreten , was angesichts der Tatsache, dass der Konzern dieser Tage sein 30-jähriges Bestehen feiert, kurz ist. Gestartet war er als Akkuhersteller. Inzwischen konkurriert BYD mit Tesla um Platz eines unter den Elektroautoherstellern .

Der Sealion 7(öffnet im neuen Fenster) ist ein Sport Utility Vehicle Coupé, das in der Oberklasse angesiedelt ist. Das Fahrzeug wurde laut BYD im Hinblick auf den Geschmack europäischer Käufer entwickelt.

Der Sealion gehört zur Ocean-Baureihe

Durch das abfallende Heck sieht das Auto nicht so klobig aus wie ein typisches SUV. Der Sealion ist das vierte Modell von BYDs Ocean-Serie, deren Fahrzeuge nach Meerestieren benannt sind. Zur Ocean-Formsprache gehören beispielsweise U-förmige LED-Frontscheinwerfer oder Wellenformen, etwa in den Heckleuchten. Die Idee dazu stammt von Designchef Wolfgang Egger, der zuvor unter anderem bei Lancia, Alfa Romeo und zuletzt bei Audi arbeitete.

BYD Sealion 7 Probe gefahren
BYD Sealion 7 Probe gefahren (02:53)

Der Sealion ist 4,83 Meter lang, 1,93 Meter breit und 1,62 Meter hoch. Der Radstand von 2,93 Metern ermöglicht viel Platz im Innern. Vorn erscheint das Platzangebot wegen der wuchtigen Mittelkonsole nicht so groß. Hinten hingegen ist ordentlich Platz. Das Auto ist zwar als Fünfsitzer deklariert. Der Platz in der Mitte der Rückbank ist jedoch reichlich unbequem, so dass er besser frei bleibt.

Platz ist auch für Gepäck: Der Kofferraum hat ein Volumen von 520 Litern, bei umgeklappter Rückbank sind es 1.789 Liter. Daneben hat das Fahrzeug einen recht großen Frunk: Der vordere Kofferraum fasst 58 Liter. Dort ist viel Platz für die Ladekabel oder für eine Sport- oder eine kleine Reisetasche.

Es gibt Knöpfe und einen Touchscreen

Bei der Bedienung setzt BYD auf ein Mischkonzept: Auf dem Lenkrad und der Mittelkonsole gibt es einige physische Bedienelemente, wie etwa den Startknopf, den Hebel für die Fahrtregelung, ein Rad für die Lautstärkeregelung oder Schalter für die Wahl der Fahrmodi und der Rekuperationsstufen. Zudem befinden sich dort mehrere Tipptasten unter anderem für die Lüftung und den Warnblinker.

Viele Funktionen werden aber wie bei vielen aktuellen Autos über den großen Touchscreen gesteuert. Der hat eine Diagonale von 15,6 Zoll (39,6 Zentimeter) und ist drehbar. Was auf den ersten Blick wie ein Gimmick anmutet, kann ganz praktisch sei: Für das Entertainment ist das Querformat ganz gut, für die Navigation eher das Hochformat. Daneben gibt es noch eine 10,25 Zoll (26 Zentimeter) große Instrumententafel hinterm Lenkrad - gut, dass BYD auf den Trend verzichtet, sie einzusparen.

Die von uns gefahrene Version Excellence verfügt über ein Head-up-Display. Das bietet sehr viele Informationen: Neben den üblichen, wie gefahrene Geschwindigkeit, Verkehrszeichen und (animierte) Navigation, erschienen noch praktische wie Warnungen vor anderen Verkehrsteilnehmern im toten Winkel. Überflüssig hingegen ist die empfohlene Geschwindigkeit. Insgesamt wirkt die Anzeige in der Windschutzscheibe etwas überfrachtet.

Werfen wir einen Blick auf die Technik.

Die Technik des Sealion

Der Sealion 7 basiert als erstes BYD-Fahrzeug auf der e-Platform 3.0 Evo(öffnet im neuen Fenster) , die in diesem Jahr vorgestellt wurde. Auf dem Vorgänger e-Platform 3.0 werden unter anderem das Kompakt-SUV Atto 3 sowie die bisherigen Fahrzeuge der Ocean-Baureihe aufgebaut, wie die Kompaktklasse Dolphin oder die Limousine Seal , die auf die e-Platform 3.0 Evo umgestellt wird.

Als Akku verbaut BYD seine Blade Battery , in der die Zellen in 96 Zentimeter langen und 1,6 Zentimeter schmalen Akkupacks, den Blades, angeordnet sind. BYD setzt auf eine Lithium-Eisenphosphat-Chemie (LFP). Die Zellen kommen ohne Kobalt und Nickel aus. Der Konzern ersetzt sogar die Starterbatterie, die wie bei einem Verbrenner eine herkömmliche 12-Volt-Blei-Säure-Batterie ist, durch einen LFP-Akku.

Ein Vorteil der Blades ist die Sicherheit: Laut BYD übersteht ein Blade auch den Nageltest, bei dem das Akkupack durchbohrt wird. Normalerweise wird dadurch ein thermisches Durchgehen, also ein Akkubrand, ausgelöst.

Die Blades werden Strukturelemente

Neu ist, dass die Blade Battery auch als Strukturelement eingesetzt wird. Cell to Body (CTB) nennt BYD diese Bauweise. Statt die Akkus in ein Fach im Chassis zu packen, werden die Blades in einen Rahmen eingehängt und werden so selbst Teil der Karosserie. Die obere Abdeckung des Akkupacks ist der Boden des Innenraums, was mehr Platz für die Passagiere bedeutet.

Die e-Plattform 3.0 nutzt standardmäßig eine 800-Volt-Architektur, die schnelles Laden ermöglicht. Mit der neuen Version wurde die Ladeleistung noch einmal erheblich verbessert: Die Modelle Comfort und Design mit dem 82,5-Kilowattstunden-Akku laden mit einer maximalen Leistung von 150 Kilowatt.

Die Ausführung Excellence mit dem 91,3-Kilowattstunden-Akku lädt mit maximal 230 Kilowatt. In 24 Minuten soll dieser Akku von 10 auf 80 Prozent geladen werden. Bei den kleineren Akkuvarianten soll es acht Minuten länger dauern. Auf der knapp 90 Kilometer langen Testfahrt gab es aber keine Gelegenheit, das zu prüfen.

Die Variante Comfort hat einen Heckantrieb mit 230 Kilowatt Leistung. In China bietet BYD noch eine Ausführung mit einem 170-Kilowatt-Antrieb, die aber zumindest vorerst nicht nach Deutschland kommt. Die Modelle Design und Excellence verfügen zusätzlich über einen 160 Kilowatt starken Motor an der Vorderachse. Der Motor schafft laut BYD 23.000 Umdrehungen pro Minute und soll damit der schnellste elektrische Serienmotor sein.

Probieren wir es aus.

Mit dem Sealion in den Taunus

Das Fahrgefühl ist gut, auf der Autobahn ebenso wie in den Kehren zum Feldberg. Der Allradantrieb beschleunigt das 2,4 Tonnen schwere Coupé-SUV in 4,5 Sekunden vom 0 auf 100 km/h. Das ist jetzt nicht unbedingt der Antritt eines Porsche Taycan, kann sich aber sehen lassen. Auch bei 215 km/h auf nasser und voller Straße kommt kein Gefühl der Unsicherheit auf.

Auf der Autobahn unterstützen die Assistenzsysteme wie Spurhalteassistent und Abstandsregeltempomat, die über Schalter am Lenkrad aktiviert werden. Sie funktionieren anstandslos, wenn das Lenkrad einmal losgelassen wird - bis die obligatorische Warnung erfolgt, dass die Hände ans Lenkrad und nicht in den Schoß gehören. Die Verkehrszeichenerkennung ist wie so oft fehlerhaft.

Dabei betont BYD die Sicherheit des Fahrzeugs besonders - die passive bei der Konstruktion, aber auch die aktive bei den Assistenzsystemen. 17 Sensoren verbaut der Hersteller: sechs Ultraschallsensoren, fünf Radare, vier Rundumsichtkameras und eine Frontkamera sowie ein Fahrer-Monitoring-System.

Die Heckscheibe ist schmal

Gerade die Kameras sind praktisch: Beim Rückwärtsfahren ist der Blick durch die schräge Heckscheibe, die noch zum Teil durch einen Spoiler verdeckt ist, recht eingeschränkt. Da helfen der Rundumblick und die Vogelperspektive beim Manövrieren.

Aber auch während der Fahrt kommen die Kameras zum Einsatz: Beim Rechtsabbiegen wird in das Display ein Bild des toten Winkels eingeblendet, was zur Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer, die beispielsweise zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, beiträgt. Für die linke Seite gibt es diese Funktion nicht. Dabei könnte sie bei einem Spurwechsel von Vorteil sein.

Über die Reichweite lässt sich nicht viel sagen. Nach der Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure (WLTP) soll der Excellence mit dem großen Akku 502 Kilometer weit kommen. Für die Modelle Comfort und Design mit dem kleineren Akku gibt BYD als Reichweite 482 und 456 Kilometer an - der Design schafft etwas weniger wegen des Allradantriebs.

Der Verbrauch lag bei unserer Testfahrt, die einen Autobahnanteil hatte, sonst aber viel über Landstraße ging und am Schluss noch eine Durchquerung von Frankfurt beinhaltete, bei knapp 20 Kilowattstunden auf 100 Kilometer. Das Fahrzeugsystem zeigte allerdings über eine gefahrene Distanz von 540 Kilometern einen kumulierten Verbrauch von 31 Kilowattstunden auf 100 Kilometer an, wobei nicht klar ist, wie diese Angabe zustande gekommen ist.

Fazit

BYD bringt mit dem Sealion ein gelungenes Fahrzeug auf den Markt. Es bietet reichlich Platz für Passagiere und Gepäck. Nach unserem kurzen Eindruck ist das Fahrverhalten mehr auf Sicherheit und Komfort als auf Schnelligkeit ausgelegt. Die Verarbeitung ist der Klasse entsprechend.

BYD bietet die Variante Comfort mit Hinterradantrieb und dem kleinen Akku ab 48.000 Euro an. Den Sealion Design mit dem kleineren Akku und Allradantrieb gibt es ab 54.000 Euro. Das Topmodell mit großem Akku, Allradantrieb und Extras wie dem Head-up-Display kostet ab 59.000 Euro.


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