Precision Farming: Teleskop im All soll Wassernutzung im Ackerbau verbessern

Mithilfe von Mikrosatelliten samt Infrarottechnik soll Precision Farming in Deutschland vorangetrieben und der Wasserbedarf verringert werden.

Artikel veröffentlicht am , / dpa
Eine Heatmap für Precision Farming
Eine Heatmap für Precision Farming (Bild: ConstellR)

Sie sind so groß wie Schuhkartons und sollen die Wassernutzung in der Landwirtschaft weltweit verbessern: Mit einem Schwarm sogenannter Mikrosatelliten der Freiburger Firma ConstellR wollen Forschende Daten zur Temperatur an der Erdoberfläche sammeln. Das helfe, den Wasserbedarf abzuschätzen, sagt Technikchef Marius Bierdel. "Wenn es Pflanzen schlecht geht, werden sie bräunlich und welk", erklärt er. "Dann ist es aber zu spät."

Dank der Infrarottechnik, mit der die Satelliten ausgestattet sind, soll schon zwei Wochen früher sichtbar werden, wo Bedarf zu wässern besteht. Auf der anderen Seite könne verhindert werden, an anderen Stellen Wasser zu verschwenden, sagt Bierdel. Die ConstellR GmBH ist eine Ausgründung des Fraunhofer-Instituts für Kurzzeitdynamik (EMI) in Freiburg, welche das Projekt geleitet hat.

Die Landwirtschaft verbraucht der Umweltschutzorganisation WWF zufolge 70 Prozent des weltweit zugänglichen Süßwassers. Durch undichte Bewässerungssysteme, ineffiziente Anwendungsmethoden sowie Pflanzen, die gemessen an ihrer Umgebung zu viel Wasser brauchen, würden jedoch 60 Prozent davon verschwendet. Ähnliche Zahlen nennen etwa die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und eine Studie, an der das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und die Humboldt-Universität zu Berlin beteiligt war.

Auch für die Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln geeignet

Hier setzen Bierdel und sein Team an: Ihre Daten wollen sie in erster Linie Unternehmen bereitstellen, die Agrardaten analysieren und die Erkenntnisse daraus an ihre Kunden weitergeben. Aber auch große Agrar- und Lebensmittelkonzerne wie Bayer Crop Sciences, BayWa und Ferrero sowie politische Entscheidungsträger und globale Agrarforschungsgruppen nennt Bierdel als mögliche Kunden.

Dass es in der Branche durchaus Interesse gibt, wird beim Deutschen Bauernverband deutlich: Die Hoffnung sei groß, dass neuartige, satellitenbasierte Messinstrumente der beiden Fraunhofer-Institute helfen, in der Landwirtschaft nachhaltiger mit der Ressource Wasser umgehen zu können, teilt eine Sprecherin mit: "Wir gehen aber davon aus, dass diese Technik nicht nur für Bewässerung oder Bodenfeuchtemessung genutzt werden kann." Die wichtigste Anwendung für Satellitendaten seien GPS-Dienste zur präziseren und gezielteren Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln.

2,5 bis 3 Millionen Euro kostet ein ConstellR-Satellit laut Bierdel: "Im Vergleich zu anderen Missionen verschwindend gering." Und auch die Alternativen, die Erde mit stationären Sensoren zu pflastern oder mit Drohnen zu überfliegen, sei in Summe und bei den Dimensionen, um die es geht, nicht günstiger, sind er und Nyenhuis überzeugt. Klug könne es sein, solche Systeme mit Satelliten zu kombinieren, sagt der Experte der Raumfahrtagentur.

Daten ebenfalls für Wettermodelle einsetzbar

Bis Ende des Jahres 2024 sollen die ersten vier ConstellR-Satelliten im All sein. Um die Technologie - in erster Linie ein Spiegelteleskop mit einer Thermalinfrarotkamera und einem miniaturisierten Computer zur Datenverarbeitung - vorher zu testen, soll ein Prototyp des Messinstruments am 19. Februar vom Nasa-Standort Wallops Island aus zur Raumstation ISS geschickt werden. «Da werden wir beweisen, dass die Technologie funktioniert», sagt Bierdel. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert den Versuch.

An der ISS-Mission beteiligt sind unter anderem das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF aus Jena, welches das Design des Spiegelteleskopes realisiert hat, sowie die Firma Spaceoptix, die das Teleskop gefertigt hat. Auch hierbei handelt es sich um eine Ausgründung aus der Fraunhofer-Gesellschaft.

Erst in einem weiteren Schritt geht es um satellitenspezifische Fragen etwa zur Stromversorgung, Kommunikation und Positionierung auf einer bestimmten Umlaufbahn. "Das sind viele Baustellen, die mit der Kerntechnologie erstmal nichts zu tun haben", erläutert Bierdel.

Das Ergebnis sind Karten voller bunter Punkte in Blau, Türkis, Gelb, Orange und Rot. Das erinnert an abstrakte Kunst, hat für den Laien aber wenig Aussagekraft. Daher sollen Fachunternehmen die Daten auswerten. Diese könnten nicht nur in der Landwirtschaft Anwendung finden, blickt der ConstellR-Manager voraus. "Sie könnten auch Wettermodelle genauer machen, bei der Stadtplanung helfen oder ein effektiveres Katastrophenmanagement vorantreiben."

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AllDayPiano 14. Feb 2022

Schau dir die Satellitenbilder von Israel an. Ich wette, du siehst genau die Landesgrenze.

ChrizzleWhizzle 14. Feb 2022

Ah ois kloa. Danke für die Infos. Ich bin vor kurzem auf die Seite "agrirouter" gestoßen...

Asperos 14. Feb 2022

Leider schon. Zum automatischen Spurhalten werden Genauigkeiten im einstelligen...

Donald83 14. Feb 2022

Die wachsen auch dort nicht ohne zusätzliche Bewässerung. Dort herrscht seit 10 Jahren...



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