Europas Halbleiterbranche folgt eigenem Technologiepfad
Europäische Halbleiterhersteller wie NXP, Bosch, Infineon oder STMicroelectronics haben zuletzt ihre Fertigungskapazitäten in der EU ausgeweitet. So eröffnete Bosch Anfang Juni 2021 in Dresden eine Fabrik, deren Bau eine Milliarde Euro kostete. Infineon hat seine Produktion im österreichischen Villach erweitert und will dort im dritten Quartal den Betrieb aufnehmen.
Doch löst das die Abhängigkeit Europas von Asien und den USA nur bedingt. Denn das neue Werk von Bosch kann Chips mit Strukturbreiten von bis zu 65 Nanometern produzieren. Infineon setzt in Villach nicht auf superdünne Strukturbreiten, sondern auf Halbleiter aus Verbundwerkstoffen wie Siliziumkarbid und Galliumnitrit.
Damit folgen die Werke einem anderen Technologiepfad als der Produktion immer kleinerer Knoten, wie sie TSMC und Samsung Foundry betreiben. Bis Ende 2022 will TSMC in Taiwan die Massenproduktion von Strukturbreiten von nur noch drei Nanometern einführen.
Chips mit derart dünnen Strukturbreiten verbauen heute vor allem die Hersteller von Unterhaltungselektronik und Netzwerktechnik für den Mobilfunk sowie Hardware für Datenzentren. In industriellen Anwendungen und Fahrzeugen jedoch - den Märkten, auf denen europäische Halbleiterunternehmen den Großteil ihrer Umsätze machen - werden sie bislang kaum benötigt.
Das könnte sich durch das autonome Fahren und den zunehmenden Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Industrie 4.0 allerdings künftig ändern. Europa kann diesen Bedarf bislang nicht bedienen. Denn dort gibt es derzeit keine Chipfabrik, die Strukturbreiten unterhalb von 22 Nanometern herstellt.
Wenn die EU kein Unternehmen findet, das die geplante 2-Nanometer-Fab baut und betreibt, wird sich daran nichts ändern. Die leistungsfähigsten Halbleiter werden dann auch künftig in Ostasien und den USA produziert. Dort planen TSMC und Samsung Foundry derzeit massive Investitionen. Wie die Taipei Times berichtet, wird TSMC im US-Bundesstaat Arizona nicht nur, wie schon 2020 angekündigt, eine Fab für die Produktion von Chips im 5-Nanometer-Bereich errichten. Die Taiwaner wollen dort zudem ebenfalls ein Werk aufbauen, das Halbleiter mit Knoten von nur drei Nanometern herstellt. Auch Samsung sucht momentan nach einem Standort für eine neue Fabrik in den USA.
Unternehmen fordern mehr technologische Souveränität
Acht von zehn Unternehmen, die vom Digitalverband Bitkom zur Abhängigkeit der deutschen Industrie von Technologie-Importen befragt wurden, sind deshalb skeptisch. Sie befürchten, dass die Bundesrepublik bei IT-Hardware, Netzwerktechnik für den 5G-Mobilfunk sowie Chips für die künstliche Intelligenz zu sehr von ausländischen Anbietern abhängig ist und es auch künftig bleibt.
Alle (100 Prozent) Umfrageteilnehmer sind davon überzeugt, dass die Bundesrepublik mehr digitale und technologische Souveränität erlangen muss, um nicht erpressbar zu sein. Jeder dritte Befragte stimmte der Aussage zu, dass sich sein Unternehmen nicht wehren könne, wenn es durch ausländische Partner oder Regierungen unter Druck gesetzt würde. Jeder fünfte Betrieb müsste nach maximal einem Jahr aufgeben, wenn er von Technologie aus dem Ausland abgeschnitten würde.
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Pläne für 2-nm-Fabrik: Warum die Halbleiterstrategie der EU völlig verfehlt ist | ''Die 2-Nanometer-Fab ist der falsche Weg'' |
Apple, AMD, Intel usw. wären froh, wenn sie mehr Auftragsfertiger hätten. In Taiwan...
Exakt. Das wäre auch ein Punkt, warum man dieses europäische Gemeinschaftsprojekt...
Ich hab das eher so verstanden, dass aktuell der finanziell ausgebluteten US-Firma Intel...
Ich habe den Artikel nur halbherzig überflogen und wenn ich das richtig verstehe, möchte...