Künstliches Blatt mit Problemen
Eine andere Gruppe von Forschern ging noch weiter. Sie entwickelten ein künstliches Blatt aus einer Solarzelle mit integrierter Elektrolysezelle. Sie benutzten eine neue Gruppe von Katalysatoren, aus Plättchen von Wolframsulfid und Molybdänsulfid sowie Wolframselenid und Molybdänselenid. Das Problem der geringen Kohlendioxidkonzentration am Katalysator umgingen sie mit einem organischen Lösungsmittel, das einen besseren Transport gewährleistet. Sie erreichten damit ähnlich gute Leistungen wie die Katalysatoren aus Goldspitzen.
Trotzdem lag die Effizienz des Gesamtsystems bei nur 4,6 Prozent, noch vor der eigentlichen Synthesereaktion zur Herstellung des Treibstoffs, obwohl die Forscher eine aufwendige, dreischichtige Solarzelle benutzten. Der Grund war vor allem die Solarzelle, die dazu gebaut wurde, gleich vor Ort Elektrolysereaktionen zu betreiben. Als normale Solarzelle hätte sie eine Effizienz von nur 6 Prozent. Herkömmliche Solarzellen können dagegen mit der gleichen Lichtmenge die vierfache Menge Strom liefern. Dazu kommt noch, dass die Solarzelle alle fünf Stunden ausgetauscht werden musste. Das Lösungsmittel ist eine Säure, die im Lauf der Zeit die transparenten Indium-Zinnoxid-Leiter der Solarzelle durch Korrosion zerstört.
Zu viel gewollt für Ruhm und Ehre
Der Grund für die Probleme liegt in dem Versuch, unbedingt alle Reaktionen auf kleinstem Raum in einem künstlichen Blatt durchzuführen. Dabei können Stromerzeugung und Elektrolyse problemlos in getrennten Systemen ablaufen, die mit einfachen Stromkabeln praktisch ohne Energieverluste verbunden werden. Diese einfache Maßnahme würde die Korrosionsprobleme vollständig vermeiden und könnte die Effizienz vervielfachen.
Dreischichtige Solarzellen, die zur Stromerzeugung optimiert wurden, erreichen inzwischen eine Effizienz von über 40 Prozent. Selbst einfache, veraltete Solarzellen erreichen die doppelte Effizienz der Zelle, die hier benutzt werden musste. Zusätzlich könnte die Elektrolysezelle unabhängig von der Fläche der Solarzelle auf Leistung optimiert werden. Auch der Transport des Elektrolyten und der Reaktionsprodukte wäre einfacher, wenn sich die Elektrolysezelle nicht an die Form der Solarzelle halten muss.
Viel Energie für wenig Treibstoff
Es gibt noch ein weiteres Problem mit dem Konzept der Herstellung künstlicher Kraftstoffe aus Kohlendioxid: Pflanzen beziehen das Kohlendioxid für die Photosynthese direkt aus der Luft, wo es nur einen Anteil von 0,04 Prozent hat. Die hier besprochenen Systeme werden dagegen mit 100 Prozent reinem Kohlendioxid betrieben. Das Kohlendioxid aus der Luft müsste dafür erst angereichert werden. Dieser Prozess benötigt sehr viel Energie.
Auf dem derzeitigen Stand der Technik benötigt die Gewinnung von Kohlendioxid aus der Luft etwa 400 Kilojoule pro Mol oder 2,5 Kilowattstunden pro Kilogramm. Im günstigsten Fall wird daraus Methan gewonnen. Für die Synthese von einem Kilogramm Methan werden fast drei Kilogramm Kohlendioxid benötigt, allein dafür werden knapp 7 Kilowattstunden Energie gebraucht. Für die Elektrolyse des Kohlendioxids zur Synthese des Methans werden weitere 20 Kilowattstunden Strom benötigt.
Bei der Verbrennung des so erzeugten Methans werden schließlich 15 Kilowattstunden Energie als Wärme frei, von denen weniger als 8 Kilowattstunden wieder in Strom oder nützliche Arbeit umgewandelt werden können. Um diese 8 Kilowattstunden abrufen zu können, wurden zuvor 27 Kilowattstunden Energie aufgewendet. Hinzu kommen Energieverluste bei der Synthese des Methans und der Kompression oder Verflüssigung zur Lagerung. Flüssige Kohlenwasserstoffe lassen sich zwar leichter lagern, benötigen aber mehr Kohlenstoff, wodurch die Energiebilanz ebenso leidet.
Der Traum vom künstlichen Blatt mag verlockend sein, aber er muss mit viel Energie bezahlt werden.
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Photosynthese: Der Traum vom künstlichen Blatt |
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Genau, nur der Preis zählt. Egal ob der wirkungsgrad nur 1% ist, wenn das Ganze nur...
... einfach in die Sonne stellen und schon legt es täglich ein Ei." Gefällt mir immer...
Allerdings ist auch immer noch in Ordnung, fünf Prozent von etwas abzugreifen, was...
Diese könnte eventuell sogar noch am ehesten auf Brennstoffe verzichten. Über 95% des...