Originelle Rätsel, fesselnder Thriller: Diese Indiegames haben was zu erzählen

Manche Spiele funktionieren auch ohne Story gut: Wer außerirdische Insekten in Helldivers 2 röstet oder in Manor Lords an seinem Dorf bastelt, braucht keine auserzählten Geschichten mit komplexen Charakteren.
Andere Spiele wiederum leben davon, dass sie uns erzählerisch in ihren Bann schlagen. Dass es dann manchmal in Sachen Gameplay nicht viel zu tun gibt, verzeiht man Point-and-Click-Abenteuern und Visual Novels eher als spielerisch seichten Actionspektakeln wie Hellblade 2.
Die hier vorgestellten, aktuellen Indiegames erzählen berührende, spannende und gelungene Geschichten. Viel Spaß mit den sehr unterschiedlichen Heldinnen und Helden unserer Auswahl!
Harold Halibut: Geschichte zum Kneten
Fast ein Jahrzehnt lang arbeitete das deutschen Entwicklerstudio Slow Bros an Harold Halibut(öffnet im neuen Fenster) . Wenn man das Spiel ansieht, erkennt man, warum: Das aufwendig inszenierte Adventure ist vollständig mit klassisch animierten Knetmassefiguren gestaltet.
Die Optik ist aber nicht das einzig Ungewöhnliche an Harold Halibut, denn auch die Science-Fiction-Story kommt ohne Klischees aus.
In den 1970er Jahren ist ein Raumschiff von der Erde aufgebrochen, nach 200 Jahren Flug stürzt es in den Ozean eines unbewohnbaren Planeten.
Dort liegt das riesige Ding bei Spielbeginn seit 50 Jahren. Die Kolonisten von der Erde haben sich längst mehr oder weniger mit ihrem Schicksal abgefunden.
Der titelgebende, schüchterne Antiheld des Spiels bekommt die Möglichkeit, sich und seine Mitmenschen aus dieser Unterwasserwelt zu befreien. Harold Halibut ist ein emotionales, melancholisches Abenteuer, das allein schon wegen seines unvergleichlichen Looks empfehlenswert ist - und wegen der gelungenen Story.
Erhältlich für Windows-PC, Xbox Series S/X und Playstation 5; rund 35 Euro.
Lorelei and the Laser Eyes: Thriller der Extraklasse
Wer hätte gedacht, dass die schwedischen Mobile-Games-Spezialisten Simogo, bekannt von den Klassikern Sayonara Wild Hearts, Year Walk und Device 6, das stilvollste Rätselspiel des Jahres abliefern? Und noch dazu eines, das auch durch seine mysteriöse Handlung, Survival-Horror-Anklänge und stimmige monochrome Ästhetik überzeugt?
Lorelei and the Laser Eyes(öffnet im neuen Fenster) erzählt eine Geschichte, die in Dutzenden abwechslungsreichen Rätseln und Puzzles immer surrealer wird. Es ist anzuraten, Stift und Papier bereitzuhalten, denn auch wenn die Heldin dank ihres fotografischen Gedächtnisses alle gefundenen Hinweise stets parat hält, bleibt die Herausforderung für die kleinen grauen Zellen enorm.
Seit dem spielerisch und atmosphärisch völlig anders gelagerten Puzzlemeisterwerk The Witness gab es kein originelleres Rätselspiel. Vor allem keins, das zugleich eine Thrillergeschichte erzählt, wie sie auch David Lynch gefallen würde.
Erhältlich für Windows-PC und Nintendo Switch; rund 23 Euro.
Indika: Eine Nonne als Heldin?
Als junge, orthodoxe Nonne Indika sind wir in Indika(öffnet im neuen Fenster) , dem Debütspiel des exilrussischen Entwicklerteams Odd Meter, außerhalb hoher Klostermauern in einer seltsamen winterlichen Welt unterwegs.
Im Auftrag unserer Oberin sollen wir einen Brief ausliefern, auf den Weg zum Empfänger treffen wir einen geflüchteten Soldaten und machen uns gemeinsam auf die Suche nach Erlösung. Im Ohr haben wir dabei einen satanischen Einflüsterer, der die philosophische Reise immer wieder ins Absurde driften lässt.
Indika ist ein originell inszeniertes Abenteuer mit Humor und Tiefgang, das bis zum Ende immer wieder überrascht. Ein gelungenes Einzelstück für alle, die ungewöhnliche Spielehelden zu schätzen wissen.
Erhältlich für Windows-PC, XBox Series S/X und Playstation 5; rund 25 Euro.
1000xResist, Hades 2, Dread Delusion und Animal Well
1000xResist: Super Story
Man sieht es dem kleinen Spiel im etwas generischen Anime-Look möglicherweise nicht gleich an, aber: 1000xResist(öffnet im neuen Fenster) erzählt eine der ambitioniertesten Science-Fiction-Geschichten, die es in Computerspielen je gab.
Als Klon-Schwester in einer dystopischen Zukunft steigt unsere Heldin in eine per KI simulierte Vergangenheit ab. Dort tobt eine globale, fast die gesamte Menschheit auslöschende Pandemie, dazu kommen außerirdische Invasoren und persönliche Tragödien.
Die Handlung dreht sich um Verrat und drohende Apokalypsen, aber auch um Verlust und Erwachsenwerden. Spielerisch gilt es nur kleine Aufgaben zu lösen, der Reiz dieses Spiels kanadischer Entwickler mit chinesischen Wurzeln liegt in seiner fragmentierten, philosophischen Geschichte.
Das ist High-Concept-Sci-Fi fernab billiger Klischees von Aliens, Raumschiffen und strahlender Helden. Die Verwandtschaft zu Yoko Taros Nier Automata ist augenscheinlich. Ein Meisterwerk!
Erhältlich für Windows-PC; rund 20 Euro. Geplant für Nintendo Switch.
Hades 2: Göttliches Familienleben
Von einem Action-Rogue-like erwartet man für gewöhnlich keine besondere Story oder tiefgründige Charaktere. Der Genre-Blockbuster Hades ist das Gegenbeispiel schlechthin.
Schon im 2020 veröffentlichten ersten Teil gab es mit dem Personal der griechischen Götterwelt einen hinreißenden Reigen an spannenden Charakteren, deren Beziehungen zueinander sich im Lauf des endlosen Wiederprobierens zur Familiengeschichte verbanden.
Das soeben im Early Access erschienene Hades 2(öffnet im neuen Fenster) wiederholt das Kunststück. Als Tochter des Helden des Vorgängerspiels gilt es, ein Familiengeheimnis zu lüften und die komplizierten Götter und Göttinnen des Olymp auf seine Seite zu bringen.
Klar: Primär wegen der Story spielt man das gewohnt rasante, jetzt schon perfekt spielbare Actionspektakel kaum. Trotzdem wachsen einem diese Gottheiten und Helden ans Herz.
Erhältlich für Windows-PC; rund 30 Euro (Early Access).
Dread Delusion: Rollenspiel für Retrospieler
Wer sich angesichts der Low-Poly-Grafik oder der schreienden Farbgebung gleich wieder mit Grausen vom Retrorollenspiel Dread Delusion(öffnet im neuen Fenster) abwenden will, sollte es sich nochmal überlegen.
Denn: Seit Morrowind bekam kein vergleichbarer Titel mehr einen ähnlich faszinierenden Spagat zwischen exotischer Welt, tausenden bizarren Handlungsfäden und klassischem First-Person-Rollenspiel hin.
Die bizarre Spielwelt ist voll von ungewöhnlichen Monstern und Figuren, die Kampagne und zahllose Nebenquests erzählen bizarre Geschichten ohne Ende, und in Sachen spielerische Freiheit kann das soeben aus dem Early Access entlassene Spiel mit den Klassikern mithalten.
Der Fokus liegt weniger auf Kämpfen und vielmehr auf dem Erforschen der exotischen Spielwelt und ihrer Lore. Nicht nur für Retrofans und Morrowind-Nostalgiker eine Empfehlung.
Erhältlich für Windows-PC; rund 17 Euro.
Animal Well: Kult - trotz nicht so toller Story
Zugegeben: Dieses Spiel fällt aus der Reihe. Dass Animal Well(öffnet im neuen Fenster) eine Story erzählt, kann man nicht unbedingt behaupten. Trotzdem darf das kleine Spiel in einer Aufzählung empfehlenswerter aktueller Indiegames nicht fehlen, denn es ist schlicht ein Instant-Kultspiel.
Als formloser Blob erforscht man hier eine Pixel-Unterwelt, die voller Geheimnisse und Überraschungen steckt. Wie in anderen Metroidvanias gibt es eine offene Welt zu erforschen. Um an einigen Punkten weiterzukommen, benötigt man allerdings besondere Gegenstände und Fähigkeiten.
Gekämpft wird hier nicht, die Tiere dieser surrealen Unterwelt müssen auf andere Weise abgelenkt und überwunden werden.
Wie viel es in dieser kreativen Wundertüte von Spiel zu entdecken gibt, wird einem erst nach dem ersten Abschließen der Kampagne bewusst. Der Grund: Wenn der Abspann läuft, ist erst ein Bruchteil der Geheimnisse von Animal Well aufgedeckt.
Erhältlich für Windows-PC, Nintendo Switch und Playstation 4/5; rund 25 Euro.



