Geolocating und Panzer zählen
Eine andere Beschäftigung der Osint-Community erinnert an das beliebte Onlinespiel Geoguessr, in dem man ohne weitere Hinweise irgendwo bei Google-Street-View ausgesetzt wird. Nur anhand der Hinweise im Bild muss man auf einer Karte eintragen, wo man sich befindet. Wer am nächsten dran ist, hat gewonnen.
Solche Fähigkeiten werden nun während des Ukrainekriegs von der Osint-Community dazu genutzt, um einzelne Bilder oder Videos aus dem Kriegsgebiet zu geolokalisieren, also genau zu bestimmen, wo das Abgebildete stattgefunden hat. Unerlässlich auch, um den Wahrheitsgehalt bestimmter Aufnahmen zu verifizieren.
Dienste wie Mapchecking werden dabei genutzt, um einzuschätzen, wie groß Menschenmengen auf Fotos sind. Mit Diensten wie Google Maps, dem russischen Pendant Yandex Maps und der offenen Gebäudedatenbank Phorio bestimmen die Osint-Detektive metergenau, wo ein Video oder ein Foto aufgenommen wurde, tragen ihre Recherchen auf Karten zusammen und veröffentlichen sie zur schnelleren Verfügbarkeit auf Twitter-Accounts wie @GeoConfirmed. Manchmal dauerte es nur wenige Minuten, bis ein neues Foto oder Video genau lokalisiert ist.
Panzer zählen und Funk abhören
Diese Lokalisierungen helfen dann wieder anderen Osint-Detektiven, ihre Aufgabe besser zu erfüllen: den Zählern. Ein ganzer Zweig der Osint-Community hat sich darauf spezialisiert, anhand von Bildern zerstörter Fahrzeuge oder abgeschossener Flugzeuge zu zählen, wer schon wie viel Kriegsgerät verloren hat. Da will man natürlich nicht den gleichen Panzer aus zwei verschiedenen Perspektiven doppelt zählen.
Die beiden Niederländer Stijn Mitzer und Joost Oliemans zum Beispiel führen auf ihrem Blog Oryx minutiös Buch über verlorenes Kriegsmaterial auf beiden Seiten des Krieges. Sie haben Listen für abgeschossene Flugzeuge für Verluste von Panzern und für Abschüsse von Drohnen.
Die Zählungen liegen meist ein gutes Stück unter den Angaben offizieller ukrainischer Stellen oder auch Schätzungen von offizieller US-amerikanischer oder britischer Seite, da wirklich nur gezählt wird, was sich zweifelsfrei bestätigen lässt. Auf diese Weise sorgen sie aber auch für einen sicheren unteren Boden für Schätzungen: Weniger ist es mit ziemlich hoher Sicherheit nicht.
Nützlich sind diese Erhebungen auf jeden Fall, um die russischen und ukrainischen Angaben über eigene Verluste unabhängig zu überprüfen. Während auch beispielsweise die USA oder Großbritannien Schätzungen veröffentlichen, können etwa Journalisten nicht nachvollziehen, anhand welcher Daten die US-amerikanischen oder britischen Geheimdienste ihre Schätzungen vornehmen. Bei Mitzer und Oliemans ist das transparent.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Wie kommerzielle Satellitenbilder das Spiel verändern | Truppen belauschen - und keine Lüge durchgehen lassen |
Die OSINT-Community ist genau das Gegenteil von dieser ganz speziellen Ecke des...
Bei den Russen wirkt es eher umgekehrt, das Risiko im eigenem Haus per Rakete getroffen...
Gut geschrieben, sehr informativ. Danke!