Onlinezugangsgesetz 2.0: Regierung führt ein digitales Konto für Bürger ein

Die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen kommt nur schleppend voran. Kritikern gehen die neuen Pläne der Ampelkoalition nicht weit genug.

Artikel veröffentlicht am , /dpa
Die analoge Eheschließung soll künftig digital beantragt werden können.
Die analoge Eheschließung soll künftig digital beantragt werden können. (Bild: Pixabay)

Die Bundesregierung will Bürger und Unternehmen in Deutschland besser in die Lage versetzen, wichtige Behördenangelegenheiten digital zu erledigen. Das sieht ein neues Gesetz zur Digitalisierung der Verwaltung (OZG 2.0) vor, das am 24. Mai 2023 vom Bundeskabinett beschlossen wurde.

Künftig könnten digitale Anträge deutschlandweit über die BundID als zentrales Bürgerkonto gestellt werden, sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Eine Frist zur Umsetzung der Digitalisierungsprojekte vor allem in den Kommunen wurde allerdings nicht festgelegt.

Der Verzicht auf Umsetzungsfristen für die Onlineprojekte wurde bereits nach der Veröffentlichung eines ersten Referentenentwurfs im Januar nicht nur von den Oppositionsparteien kritisiert. Er wurde auch von Vertretern der Grünen und der FDP bemängelt.

15 besonders wichtige Leistungen digitalisieren

Laut Faeser will sich der Bund zusammen mit Ländern und Kommunen auf 15 besonders wichtige Leistungen fokussieren. "Spätestens 2024 werden dadurch zum Beispiel die Kfz- oder Führerscheinanmeldung, die Ummeldung, die Eheschließung, eine Baugenehmigung und das Elterngeld deutschlandweit digital beantragt werden können. Das ist ein großer Gewinn für die Bürgerinnen und Bürger – und ein Meilenstein auf dem Weg zum digitalen Staat", sagte die Ministerin.

Kritik aus der Digitalwirtschaft

Der 77-seitige Gesetzentwurf (PDF) stieß auf heftige Kritik in der Digitalwirtschaft. "Die Bundesregierung verpasst mit den jetzt geplanten Änderungen am Onlinezugangsgesetz die Chance, die Digitalisierung der Verwaltung wirklich konsequent voranzutreiben", sagte der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Achim Berg, und fügte hinzu: "Der vorliegende Gesetzentwurf ist kein OZG 2.0, sondern allenfalls ein OZG 1.1. Der Bund will sich noch einmal fünf Jahre Zeit lassen, bis seine eigenen Verwaltungsleistungen digital abgewickelt werden können."

Das Innenministerium dagegen betonte, mit dem neuen OZG werde ein Schwerpunkt darauf gelegt, Verwaltungsabläufe komplett auf digitale Prozesse umzustellen. Die Zettelwirtschaft werde endgültig durch die gesetzliche Verankerung des sogenannten Once-Only-Prinzips abgeschafft. Nachweise für einen Antrag – zum Beispiel eine Geburtsurkunde – müssen nach diesem Prinzip nur einmal (once only) vorgelegt werden und können zukünftig auf elektronischem Weg bei den zuständigen Behörden und Registern mit Einverständnis des Antragstellers abgerufen werden.

Onlinefunktion des Personalausweises erforderlich

Damit digitale Anträge nicht mehr auf Papier unterschrieben werden müssen, wird bei der digitalen Abwicklung auf die bislang notwendige Schriftform verzichtet. Durch die Gesetzesänderung können zukünftig alle Leistungen rechtssicher einfach und einheitlich mit der Onlineausweisfunktion des Personalausweises digital beantragt werden. "Es ist keine händische Unterschrift mehr notwendig", versprach Faeser.

Mit der BundID wird ein digitales Postfach bereitgestellt, über das die Bürger mit der Verwaltung kommunizieren können. Außerdem können über dieses Bürgerkonto Bescheide zugestellt werden. Auch finanzielle Hilfen des Staates sollen über dieses Konto laufen.

Das BundID-Konto gibt es schon seit 2019, es fristete aber jahrelang ein Nischendasein. Erst mit der Auszahlung der Einmalzahlungen für Studenten und Fachschüler in Höhe von 200 Euro zu ihren gestiegenen Heizkosten in diesem Frühjahr wurde die Option massenhaft genutzt.

Das Elster-Zertifikat, das eigentlich für die elektronische Steuererklärung entwickelt wurde, kann auch weiterhin zur Identifikation bei der BundID genutzt werden. Das gilt aber nur für Leistungen, die kein hohes Sicherheitsniveau erfordern, beispielsweise die Beantragung der Energiepreispauschale.

BundID einheitlich nutzen

Die BundID soll künftig bundesweit einheitlich genutzt werden. Bundesländer mit eigenen ID-Konten wie Bayern und Baden-Württemberg haben drei Jahre lang Zeit, sich von ihren Lösungen zu verabschieden. Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt kündigten zuvor bereits an, mit der BundID ihre landeseigenen Servicekonten abzulösen.

Für die Grünen im Bundestag erklärte die Digitalexpertin Misbah Khan, nun gelte es, den Datenschutz und die IT-Sicherheit in der Verwaltung hochzuhalten. "Insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Cyberangriffe ist die effektive Absicherung unserer staatlichen Infrastrukturen ein Grundpfeiler der wehrhaften Demokratie." Nur wenn die persönlichen Daten der Bürgerinnen und Bürgern im digitalen Staat sicher seien, werde er auf eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz stoßen.

Kritik an dem Entwurf kam auch vom Nationalen Normenkontrollrat. Für die erhoffte Trendumkehr reichten die geplanten Maßnahmen nicht aus, hieß es in einer Mitteilung. So gehe die geplante Ende-zu-Ende-Digitalisierung von häufig nachgefragten Verwaltungsleistungen des Bundes innerhalb von fünf Jahren nicht weit genug, da die Länder und Kommunen nicht ausdrücklich dazu verpflichtet würden.

Zudem mangele es weiterhin "an einem klaren gesetzlichen Auftrag, was durch Bund, Länder und Kommunen bis wann zu realisieren ist". Das betreffe auch das aus Sicht des Normenkontrollrats gescheiterte Einer-für-Alle-Prinzip (EfA) bei der Erstellung von Softwareprodukten.

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