Mikroprozessoren statt Mechanik
Peter Homfeldt sah bald die Folgen: "Als Ende 1979 die erste Schreibmaschine mit Mikroprozessoren auftauchte, da wussten wir, was passiert. Die Schreibmaschine, die vorher 30 Arbeitsstunden gekostet hatte, kostete noch acht. Das heißt, die Arbeitsinhalte waren weg, zu 70, 80 Prozent war die Mechanik weg, von der wir hier gelebt haben."
Bei Olympia war man aber auch frustriert darüber, dass der selbst entwickelte Mikrochip nicht im eigenen Hause produziert und eingesetzt werden durfte. Die Schuld dafür gab man der Chefetage von AEG.
Der Wirtschaftswissenschaftler Timo Leimbach widerspricht in seiner Doktorarbeit von 2010 allerdings der These, dass AEG unwillig war, die Innovationen in ihren Konzernteilen zu bündeln.
Er schreibt: "Schon bei einem Treffen von Vertretern der AEG, Telefunken und Olympia am 7. Januar 1960 in Kronberg/Taunus wurde die bisherige Arbeitsteilung aufgehoben. Olympia sollte nun durchaus eigenständig im Bereich der elektronischen Büroanlagen agieren können (Entwicklung und Vertrieb). Zugleich sollten jedoch Ressourcen in allen drei Bereichen immer wieder abgeglichen werden, um Doppelentwicklungen zu vermeiden und Möglichkeiten zur Unterstützung bei der Entwicklung aufzuzeigen."
Ob die jeweiligen Vorstände der Unternehmensteile diese Vorgaben auch umsetzen wollten, sei jedoch dahingestellt. Sicher ist hingegen, dass Olympia zwar mit dem System Multiplex 80 durchaus erfolgreich in der Datenverarbeitung agierte - aber dabei auf eigene mikroelektronische Komponenten verzichtete.
Der kopierte deutsche Mikroprozessor hatte derweil international eine recht lange Lebensspanne - aber er brachte seinem Lizenznehmer Fairchild wenig Glück. Da das Unternehmen die Fertigung nicht selbst stemmen konnte, gab es die Herstellung und damit auch das Design an Mostek weiter. Dieses verbesserte den Aufbau und vertrieb die CPU als Mostek 3870.
Nun befanden sich neben den Rechenwerken auch 64 Byte an Speicher auf dem Chip, der um einiges schneller lief - zudem war er billiger. Damit war Fairchilds F8 ab Mitte der 1980er Jahre aus dem Rennen. Inzwischen hatte der Mostek 3870 seinen Weg zurück nach Deutschland gefunden, wo ihn - ironischerweise - Telefunken einsetzte.
Bis in die 1990er Jahre wurde der Chip noch produziert, wohl kaum jemand ahnte von seinen Wurzeln bei Olympia und Brunsviga in Braunschweig.
Was wäre, wenn?
Die beiden Traditionsfirmen gingen nach einem langen Leidensweg unter - zehntausende Menschen verloren ihre Arbeit. Heute betreut die TCN Marketing GmbH den Standort, sie versucht neue Unternehmen anzusiedeln. Peter Homfeldt sitzt in seinem Museum in Roffhausen und bezweifelt, dass eine weitere Technologie-Entwicklung bei Olympia an der Geschichte etwas geändert hätte:
"Da bin ich sehr gespalten, weil ich nicht sicher bin, ob uns das viel geholfen hätte, wenn wir hätten weitermachen dürfen. Das hätte uns vielleicht damals im Moment eher geholfen und mutig gemacht und wir wären technisch immer weiter wie bisher auch vorne dabei gewesen. Aber wir hätten hier keine 12.000 Leute beschäftigt, denn in dem PC-Bereich hätten wir nicht Fuß fassen können. Wir waren zu weit davon weg, wir waren zu teuer."
Vor ihm liegt ein Andenken aus den 1970er Jahren: ein in Kunstharz eingegossener Mikrochip neben einem Rechenmaschinen-Sprossenrad. Die Aufschrift lautet: "80 Jahre Rechentechnik 1892-1972 Brunsviga-Olympia". Der Chip mit dem winzigen Olympia-Logo ist nicht der CP3-F, er kommt von Motorola aus den USA.
Quellen: Olympia ... und die Olympianer: Arbeit für die Region - Typen für die Welt, Hans-Jürgen Schmid, 2008 / Die Geschichte der Softwarebranche in Deutschland, Timo Leimbach, 2010
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Brunsviga: Gehirn von Stahl |
Hi, das ist definitiv interessant - ich bin (abseits von einem Buch von Ilse Müller) aber...
Bitte Nebensätze nicht mit wo einleiten. So schlechtes Deutsch ist regelrecht schmerzhaft.
Ja, ich finde auch, dass er Recht hat.
das bestätige ich gerne :) schätze euch gerade wegen solcher Inhalte! :)