Symbiotische Verhältnisse in den heutigen Sendern
iRights.info: Besteht bei so mächtigen Gremien die Gefahr der Vetternwirtschaft und der Abhängigkeiten?
Thomas Frickel: Unter diesem Verdacht steht ja auch das heutige öffentlich-rechtliche Fernsehen immer wieder. Wir sagen nicht, der Mensch ändert sich durch unser Modell. Die Skandale beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) haben uns gezeigt, dass die Auftragsvergabe anfällig für Korruption ist. Aber man kann gegensteuern, indem zum Beispiel die Gremienbesetzung oft wechselt. In den heutigen Sendern haben wir symbiotische Verhältnisse, die Abhängigkeiten nähren.
iRights.info: Warum lassen Sie nicht die Gebührenzahler selbst entscheiden, welche Projekte zu finanzieren sind, etwa über Abstimmungen im Internet?
Thomas Frickel: Das ist ja das Argument von ARD und ZDF, mit dem sie die Orientierung an der Quote rechtfertigen. Sie sagen: Die Menschen wollen genau dieses Programm. Aber was bei dieser Orientierung herauskommt, entspricht eben nicht dem Geist des öffentlich-rechtlichen Auftrages. Wenn wir uns an der Quote ausrichten, können wir das Öffentlich-Rechtliche auch gleich abschaffen. Dann bleiben Filme wie "Eine unbequeme Wahrheit" von Al Gore oder "Fahrenheit 9/11" von Michael Moore die einzigen Dokumentarfilme, weil sie genug Quote machen. Doch vieles andere, was wert wäre, gesehen und diskutiert zu werden, findet dann nicht mehr statt. Nur weil diese Gefahr besteht, gibt es das öffentlich-rechtliche System überhaupt. Es ist ein Bollwerk gegen die Instrumentalisierung und Gleichschaltung des Informationsangebots.
"Selbst wenn kein Mensch zuschaut, ist Finanzierung legitim"
iRights.info: Man könnte auch sagen, die Quote der Öffentlich-Rechtlichen muss hoch sein, damit die monatlichen Zwangsgebühren zu rechtfertigen sind...
Thomas Frickel: Nein, das Gegenteil ist der Fall. ARD und ZDF bekommen die Gebühren nur, damit sie Inhalte bieten, die der freie Markt nicht finanzieren kann. Die Quote ist ein Maßstab aus dem freien Markt. Es ist absurd, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk dieses System aneignet. Das hat der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof in seinem Gutachten klar dargelegt. Die Rundfunkfinanzierung müsse unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen sein. Das ist essenziell für die politisch-juristische Begründung der Haushaltsabgabe, die sich maßgeblich auf Kirchhof beruft. Alle Bürger dieses Landes profitieren laut Kirchhof von der Tatsache, dass es ein öffentlich-rechtliches Informationsangebot gibt. Deshalb ist es unerheblich, ob jemand zu Hause ein Radio oder einen Fernseher hat, oder ob er eidesstattlich versichert, noch nie ARD oder ZDF gesehen zu haben. Alle müssen bezahlen, weil dieses Angebot für unsere Gesellschaft wichtig ist. Zu Ende gedacht, heißt das sogar: Selbst wenn kein Mensch zuschaut, sind das Angebot und die Finanzierung immer noch legitim.
Doch weil das Öffentlich-Rechtliche trotzdem die Quote zur Richtschnur macht, fallen viele relevante Inhalte weg, und auch fast jedes ästhetische Experiment. Das ist ein selbstreferenzielles System geworden. Wir müssen da raus.
iRights.info: Hoffen Sie, dass Ihr Modell bis zum Start der Haushaltsabgabe konkret diskutiert wird?
Thomas Frickel: Ich würde jetzt keine Wetten darauf abschließen, dass unser Modell bis 2013 umgesetzt werden kann, zumal ich die Kohorten der politischen Unterstützer dafür noch nicht sehe. Aber die Idee ist da. Regelmäßig sehen Sie, wie viel Unmut über das heutige System besteht, etwa in den Kommentarleisten zu Presseartikeln, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kritisieren. Die Gebührenakzeptanz schwindet. Und ich weiß nicht, wie lange die neue Politikergeneration bereit ist, dieses System ohne Reformen zu tragen. Es wird Druck zu Neuerungen geben. Da können wir uns gelassen zurücklehnen und warten. Und wenn es so weit ist, haben wir ein Konzept, das weiterentwickelt werden kann.
iRights.info: Eine Reform des vom Prinzip her staatsfernen öffentlich-rechtlichen Rundfunks lässt sich nicht so einfach in ein Wahlprogramm schreiben. Die Parteien müssen vorsichtig sein...
Thomas Frickel: Das ist richtig, aber auf Dauer kann die Politik nicht ignorieren, wenn in der Bevölkerung die Bereitschaft sinkt, für ein Programm zu zahlen, das man einen Klick weiter auch so bekommen hätte, ohne Gebührenfinanzierung.
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