Wo ist eigentlich das WLAN?
Der Anfang der Reise gestaltet sich zunächst angenehm. Die Schweiz ist ein Bahnland, es wird also ordentlich geschuftet und wer sich den Züricher Hauptbahnhof etwas genauer anschaut, der denkt, er sei in einem Wunderland. Moderne übersichtliche digitale Anzeigen, kaum Verspätungen und eine erstaunliche Zugfolge. Wenn ein Zug dort etwa eine zusätzliche Lok zum Wenden braucht, dann dauert es nach Gleiseinfahrt nicht einmal eine Minute, bis die neue Lok ebenfalls ins Gleis einfährt. Insgesamt fällt auf, wie eingespielt die Schweizer bei dem Betrieb eines Kopfbahnhofs sind und wie wenige Verspätungen auftauchen. Die Schweizer wissen, wie Bahnverkehr auszusehen hat, wir blickten dementsprechend sehr neidisch auf das Treiben.
Nur beim WLAN nerven die Schweizer - und zwar überall und somit bereits auf dem Bahnsteig. Sie verlangen nämlich eine Identifizierung über die Mobilfunknummer, was leider üblich ist in dem Land. Wer keinen guten Roaming-Vertrag hat, für den kann das Einbuchen ins WLAN sehr teuer werden. Die Schweiz gehört nämlich nicht zur EU und damit gelten die Roaming-Regeln nicht, was manch ein Netzbetreiber ausnutzt. Das gilt auch für unseren Vodafone-Vertrag, der bei unseren Smartphone- und Vertragseinstellungen sofort mit 6 Euro zugeschlagen hätte. Wir haben uns den WLAN-Zugang über SMS-Anmeldung also gespart. Deutschland ist ja nicht weit weg.
Am Zug gibt es eine Überraschung, aber keine gute: Die Waggons kennen wir noch von unseren Trips nach München. Alter Wein in neuen Schläuchen? Leider ja. Die neue Lackierung mit österreichischer Flagge verhindert nicht, dass der Kenner seine nicht gerade gemochten Wagen wiedersieht. Wir erinnern uns an schlecht funktionierende Steckdosen, keine USB-Anschlüsse und eine nicht ideale Kabinenausstattung samt Enge.
Doch schon beim Betreten der von innen abschließbaren Kabine - wir haben einen sogenannten einzelnen Bettplatz für einen Aufpreis von 100 Euro zur regulären Streckenfahrkarte gebucht - sind wir überrascht. Zwei kleine Wasserflaschen, eine Weinflasche, eine kleine Packung Apfelmus, Hausschuhe, Brezeln, Seife, ein Handtuch und ein Feuchttuch finden wir in der Kabine vor. Unsere letzte Nachtzugfahrt mit den alten DB-Wagen ist zwar schon eine Weile her, aber so viel gab es damals bei der Deutschen Bahn definitiv nicht.
Dazu kommt ein Ankreuzfrühstück. Sechs Kreuzchen dürfen wir etwa auf Orangensaft, Joghurts, Gebäck (Schrippen), Aufschnitt und Heißgetränke verteilen, Letztere mit kostenlosem Nachschenken. Ein bisschen lästig: Selbst die Butter ist ein Ankreuzhäkchen. Trotzdem lässt sich für den Morgen so ein gutes Frühstück zusammenstellen. Wer mehr braucht, der zahlt 1,20 Euro für jedes weitere Kreuzchen. Beim Zugpersonal lässt sich auch für den Abend etwas bestellen. Die Almdudler-Limo (0,5 Liter) gibt es für 2,80 Euro, die Gulaschsuppe für 4,60 Euro. Als IT-Magazin fällt uns natürlich auf, dass auch ein USB-Stick angeboten wird - für stolze 15 Euro! Kapazität: 16 GByte. Der hat ein Nachtzugdesign und kann wohl eher als Souvenir eingestuft werden. Die Preise sind, abseits des USB-Sticks, durchaus in Ordnung. Im Hotel würde man mehr zahlen und im Restaurant, am Flughafen oder an einem Imbiss ähnlich viel.
Der USB-Stick gehört zum Frühstück
An dem etwas unangenehmen Raumgefühl hat sich aber nichts geändert. Ein Aufgabegepäckstück lässt sich beispielsweise nicht unter dem Bett verstauen. Es fehlt der Platz. Und das zuklappbare Waschbecken wirkt auch etwas seltsam. Ein stilles Örtchen findet sich in dieser Einzelkabine aber nicht, sondern am Wagenende. Es gibt jedoch teurere Kabinen mit einer Toilette.
Durchsagen gibt es in dem Zug nur ein Mal, und zwar zwischen Basel SBB, dem Schweizer Bahnhof, und Basel Badischer Bahnhof, ein deutscher Bahnhof, der kurioserweise auf Schweizer Hoheitsgebiet liegt. Beides sind Haltepunkte des Nightjet NJ 470. Mangels WLAN langweilen wir uns die erste Stunde etwas und schreiben nur. Dass es kein WLAN im Zug gibt, stört uns doch etwas, denn ein Schlafwagen ist nicht billig. Im ICE hingegen gibt es WLAN. Schade, dass die Deutsche Bahn nicht einmal angefangen hat, das einzubauen und die ÖBB keine Nachrüstung vorgenommen haben. Wir müssen also bis zur Grenze warten, um unseren Datentarif zu nutzen.
Mit dem Überschreiten der Grenze nach Deutschland haben wir wieder unseren gewohnten Empfang. Gewohnt heißt hierbei im Bahnverkehr: EDGE. Und zwar auf einem Apple-Smartphone als auch auf unserem Notebook. Die letzten Stunden vor dem Schlafengehen können wir also nicht mit einer neuen Folge von Last Week Tonight überbrücken oder unseren Alternativplan durchführen, am Abend einen kaputtgegangenen Treiber unseres Fujitsu Lifebook U727 zu reparieren. Das scheitert beides. Immerhin, das Abrufen der Header-Daten von E-Mails funktioniert mit dem Lifebook mit Unterbrechungen. Nebenbei arbeitet plötzlich auch der Office-Uninstaller von Microsoft. Offenbar braucht es für die Deinstallation ab und an eine Online-Verbindung. Wir haben uns schon gewundert, warum Office ohne Fehlermeldung eine Deinstallation in der Schweiz verweigerte - aber der Online-Ärger nimmt nicht ab.
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