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Obi-Wan Kenobi Episode 4 bis 6: Darth Vader und das Imperium der Schwachköpfe

Dämliche Stormtrooper sind in Obi-Wan Kenobi noch das geringste Problem. Zum Ende hin ist die Star-Wars -Serie vor allem eines: belanglos. Achtung, Spoiler!
/ Oliver Nickel
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Darth Vaders größter Feind ist nicht Obi-Wan, sondern die eigenen Schergen. (Bild: Disney/Starwars.com)
Darth Vaders größter Feind ist nicht Obi-Wan, sondern die eigenen Schergen. Bild: Disney/Starwars.com

Spoilerwarnung: Achtung! Wir besprechen in dieser Rezension Charaktere und Auszüge der Serie von Obi-Wan Kenobi, bleiben aber größtenteils bei Informationen aus den offiziellen Trailern. Wer zuvor gar nichts wissen möchte, sollte nicht weiterlesen.

Obi-Wan Kenobis Abenteuer in sechs Teilen ist nicht wie die dunkle oder helle Seite der Macht. Die Serie hat sehr starke Momente und streut diese in teils haarsträubend schlechte Passagen ein. Wie Anakin Skywalker in Star Wars: Episode 2 sind wir zwiegespalten. Sollen wir die Disney+-Serie nun mögen oder sie hassen? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Das hätten wir nach der Rezension der ersten drei Folgen nicht erwartet.

Nachdem die letzten Credits von Obi-Wan Kenobi gelaufen waren, stellten wir uns direkt die Frage: Wozu eine Geschichte erzählen, wenn das Schicksal fast aller darin vorkommenden Charaktere bereits zu Ende erzählt wurde? Wir wissen, dass Obi-Wan auf dem ersten Todesstern sein Leben lässt. Wir wissen, dass Luke und Leia nicht wirklich in Gefahr sein können. Schließlich werden sie einmal die Rebellion anführen. Und Darth Vader? Der bekommt zum Ende seine Erlösung.

Dass sich Disney für Obi-Wan als Protagonisten entschieden hat, finden wir dabei nicht unbedingt schlecht - schließlich liegen mehrere Jahrzehnte und damit genug Zeit zwischen seinem Exil auf Tatooine und seinem letzten Kampf gegen Darth Vader. Das Problem sind hier weitere prominente Charaktere, etwa Luke und Leia Skywalker, als zentrale Elemente der Handlung. Andere, viel spannendere Figuren wie der Großinquisitor oder die Rebellenspionin Tala bekommen hier kaum Spielraum.

Obi-Wan Kenobi ist vorhersehbar

Dadurch sind Handlungsstränge schon vorprogrammiert und die Spannung entsprechend gering. Geht Obi-Wan etwa auf Rettungsmission, um Leia zu befreien, dann ist der Ausgang klar. Die wenigen nostalgischen Momente, etwa die Verfolgungsjagd mit einem Imperialen Sternzerstörer oder die Rückkehr des T-47 Snowspeeder, können darüber nur bedingt hinwegtrösten.

Obi-Wan Kenobi - Teaser (März 2022)
Obi-Wan Kenobi - Teaser (März 2022) (01:46)

Apropos Leias Rettungsmission. Hier infiltriert Obi-Wan eine imperiale und vollbesetzte Basis. Hilfe bekommt er vor allem durch eine Instanz: die Dummheit des Imperiums. Klar sind zielunsichere Stormtrooper und Schlachtpläne auf Kinderniveau (die Falle des Imperators auf dem Waldmond von Endor) schon Markenzeichen des angeblich mächtigsten Regimes in einer weit, weit entfernten Galaxis. Allerdings können wir bei vielen Szenen in Obi-Wan Kenobi unseren Kopf nicht genug abschalten.

Natürlich kann Obi-Wan ohne Probleme in einem Gleiter entkommen, während die Landebahn voll von Stormtroopern und mehreren Inquisitoren ist. Obendrein sind an der Decke mehrere Dutzend Tie Fighter ungenutzt geparkt. Wie kommt er überhaupt so weit? Ein Mann in Robe und ein Kind sollten doch unter all den schwarzen und grauen Uniformen auffallen. Ganz einfach: Er versteckt das Kind (das überdies auffällige Schuhe trägt) unter einem Mantel - hier gibt es nichts zu sehen!

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Einer der emotionalsten Star-Wars-Momente

Nur eine Folge später wird es noch einmal anstrengender: Stormtrooper und Rebellen bekämpfen sich in einem schmalen Flur. In einigen Szenen stehen sie sich auf drei Meter Entfernung gegenüber und treffen nicht. Was an sich eine spannende Schlacht sein soll, gerät zu einer unfreiwillig komischen Szene, bei der wir uns das Lachen verkneifen mussten. Es ist schwierig, so überhaupt irgendwelche Spannung zu verspüren.

Das ist besonders schade. Denn wenn die Serie starke Momente ausspielt, dann tut sie das mit Bravour. Nahezu alle Szenen mit Darth Vader sind exzellent umgesetzt. Disney zeigt einmal mehr, was für ein starker Bösewicht er ist. Dabei tritt Vader auch mehrmals gegen seinen ehemaligen Meister Obi-Wan Kenobi an.

Das endet in einem großartigen Finale mit einem der für uns emotionalsten Momente der Star-Wars-Geschichte, wenn Obi-Wan und sein ehemaliger Schüler Darth Vader sich gegenüberstehen.

Abseits von Vader und Obi-Wan sehen wir aber zu viel verschenktes Potenzial - trotz gleich zweier Überraschungs-Cameos.

Alles ist wie vor der Serie

Es ist natürlich klar, dass Darth Vader und Obi-Wan Kenobi, die von den Filmveteranen Hayden Christensen (Vader) und Ewan McGregor (Kenobi) überzeugend verkörpert werden, auch die stärksten Figuren der Serie sind. Allerdings wurden zu Beginn auch interessante Neuzugänge eingeführt, nur um sie dann am Ende doch nie wirklich zu entfalten.

Da wäre der Orden der Inquisitoren. Der Großinquistor, die Third Sister und der Fifth Brother machten gleich zu Beginn einen imposanten ersten Eindruck. Nur einer dieser Charaktere erhält aber wirklich Charakter: Inquistorin Reva, die Third Sister.

Die entwickelt sich im Verlauf der sechs Episoden bedauerlicherweise trotzdem zu einer vorhersehbaren Figur, deren Geschichte und Motivation halbwegs aufmerksame Zuschauer schon von Beginn an erraten könnten. Ganz klar kommt hier der Disney-Einfluss auf Star Wars zum Tragen.

Möglicherweise möchten die Serienmacher hier ein Franchise im Star-Wars-Universum eröffnen, so wie sie es mit Darth Vaders ehemaliger Schülerin Ahsoka Tano geplant haben. Der Unterschied: Ahsoka ist über Jahre hin zu einem interessanten Charakter gewachsen, genau wie Darth Vader und Obi-Wan. Reva hatte dafür bisher nur sechs Folgen Zeit. Entsprechend uninteressant erscheint sie im Vergleich zu den bekannten Figuren.

Wo sind all die interessanten Sith?

Die anderen Inquisitoren verschwinden nach drei Folgen einfach, nur um dann zum Teil später in ebenso vorhersehbaren Szenen wieder aufzutreten. Wir hätten gern mehr vom Großinquisitor und seinen Schergen gesehen. Stattdessen schauen sie fast ausschließlich von der Seitenlinie zu, während bekannte Figuren auf dem Feld spielen.

Für wenige Augenblicke treten auch zwei Charaktere, gespielt von ihren Originalschauspielern, auf. Ohne zu verraten, wer es ist: Star-Wars-Fans können sich denken, um welche Figuren es sich handelt. Das Problem: Sie werden beide an falschen Stellen eingesetzt, so dass nicht die Euphorie in uns aufkommen will, die wir beim schwertschwingenden Luke in The Mandalorian verspürt haben.

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Das Problem mit dem Soundtrack

Das mag eventuell auch weiterhin am Setdesign und dem Soundtrack liegen. Ständig laufen Obi-Wan, Darth Vader und Co. in kargen Wüsten herum - als gäbe es in Star Wars nicht auch andere Biome. Dazu spielt ein eher generischer Soundtrack, der den Bombast der Filme vermissen lässt. Erst ganz zum Schluss hören wir einige ikonische Stücke und Abwandlungen davon. Dann sind unsere Emotionen aber schon längst nicht mehr am Hochkochen. Die Musik lässt uns am Ende irgendwie kalt - wie der Auftritt zweier bekannter Cameos.

Für einige wirklich brillante Szenen, größtenteils mit Darth Vader im Mittelpunkt, lohnt sich das Anschauen von Obi-Wan Kenobi. Alle Folgen sind auf Disney+ verfügbar.

Allerdings müssen wir schon stark an die Macht glauben und Star-Wars-Fans der ersten Stunde sein, um uns diese Szenen nicht durch die vielen Fehltritte drumherum verwässern zu lassen. Für weniger eingefleischte Star-Wars-Fans bleibt Obi-Wan Kenobi eine durchschnittliche Serie, die bei Weitem nicht an die Brillanz von The Mandalorian heranreicht - trotz Obi-Wan und Darth Vader.


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