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Obi-Wan Kenobi Episode 1 bis 3: Eine erfrischend düstere Star-Wars-Geschichte

Ganz ohne Höhenvorteil muss sich Obi-Wan Kenobi dem Imperium stellen. Er erlebt eine spannende Story in Disney -untypischer Düsterstimmung. Achtung, Spoiler!
/ Oliver Nickel
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Obi-Wan Kenobi gerät unfreiwillig in Schwierigkeiten. (Bild: Disney)
Obi-Wan Kenobi gerät unfreiwillig in Schwierigkeiten. Bild: Disney

Spoilerwarnung: Achtung! Wir besprechen in dieser Rezension Charaktere und Auszüge der ersten drei Folgen von Obi-Wan Kenobi, bleiben aber größtenteils bei Informationen aus den offiziellen Trailern. Wer zuvor gar nichts wissen möchte, sollte nicht weiterlesen.

Schauspieler Alec Guiness bringt es auf den Punkt: "Obi-Wan? Diesen Namen habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gehört ... seit Ewigkeiten." Die neuen Star-Wars-Serien um den Mandalorianer, Boba Fett und Grogu lassen ältere Figuren fasst schon vergessen wirken. Eine von ihnen hat zumindest neue Aufmerksamkeit bekommen: Obi-Wan Kenobi, Jedi-Meister im Exil, behütet in seiner eigenen sechsteiligen Serie(öffnet im neuen Fenster) Luke und Leia vor den Fängen des Imperiums, den bösen Inquisitoren und vor Darth Vader selbst.

Die neue Serie geht dabei einen anderen Weg als die beiden genannten Star-Wars-Ableger zuvor und wird zu einer langsamer erzählten Geschichte, die weitaus düsterer und bedrückender wirkt. Wir begleiten einen sichtbar gebeutelten Obi-Wan, erstklassig gespielt von Ewan McGregor, der weit vom abenteuerlustigen Jedi-Meister der Prequels entfernt ist. Dabei scheut Lucasfilm auch nicht vor relativ drastischen Szenen zurück - eine interessante Perspektive, die auch die Prequel-Filme wieder mehr in die Köpfe der Star-Wars-Fangemeinde ruft.

"Bist 900 Jahre wirst aussehen du nicht gut" - Meister Yoda

In den zehn Jahren Exil und der Herrschaft des Imperiums verlernt Obi-Wan Tugenden und Machtkräfte und begräbt sein Lichtschwert in der kargen Wüste Tatooines. Etwas anderes bleibt ihm und den anderen überlebenden Jedi nicht übrig, die nicht von Imperator Palpatines Order 66 am Ende der Klonkriege vernichtet wurden. Nun werden sie systematisch von Darth Vaders Sith-Schergen der Inquisition gejagt und ermordet.

Die Bösewichte der Serie werden direkt in der ersten Folge eingeführt. Der Großinquisitor, die Third Sister und der Fifth Brother gehen buchstäblich über Leichen. Besonders fies ist Inquisitor Reva (Third Sister), überzeugend gespielt von Moses Ingram. Sie scheut vor nichts zurück, um die Gunst ihres Meisters Darth Vader zu erhalten.

Obi-Wan Kenobi - Teaser (März 2022)
Obi-Wan Kenobi - Teaser (März 2022) (01:46)

In seiner Zeit während der Klonkriege hätte Obi-Wan sicher keine Probleme damit, es mit den Inquisitoren aufzunehmen. Die Jahre haben den Jedi allerdings seelisch und körperlich gezeichnet. Obi-Wan ist geradezu schwach und muss im Verlauf seiner Abenteuer seine alten Kräfte wiederfinden. Das Kräfteverhältnis ist in der Serie daher stark unausgeglichen: Das Imperium ist übermächtig und die Gefahr realer denn je.

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Das ist nichts Schlechtes. Im Gegenteil: Scheinen in The Mandalorian und The Book of Boba Fett die Protagonisten stets nie wirklich in Gefahr zu sein, leiden wir mit Obi-Wan Kenobi, wenn er durch die Luft geworfen wird oder sich vor stärkeren Gegnern verstecken muss. Meist setzt er sich sogar mit der Blasterpistole statt dem viel zu auffälligen Lichtschwert zur Wehr - wie unzivilisiert!

Der große kleine Auftritt von Darth Vader

Es braucht eben mittlerweile mehr als den Höhenvorteil, um gegen Darth Vader zu bestehen. Der ikonische Bösewicht spielt nämlich einmal mehr eine größere Rolle. Übrigens hat das Produktionsteam dafür Schauspieler Hayden Christensen zurückgeholt, der bereits in den Prequels als Anakin Skywalker zu sehen war. Im englischen Originalton darf natürlich auch die tiefe und bedrohliche Stimme von James Earl Jones nicht fehlen.

Allerdings schafft es die Serie zur Halbzeit noch nicht an allen Stellen, uns komplett in die Welt von Star Wars abtauchen zu lassen. So müsste uns Darth Vader als einer der bekanntesten (und unbestreitbar coolsten) Star-Wars-Charaktere stets ein nerdiges Grinsen auf das Gesicht zaubern. Es fehlt allerdings etwas ganz Essenzielles: der passende Soundtrack, der die Bedrohlichkeit der Figur untermalt.

Lucasfilm entscheidet sich hier gegen den Imperial March, Darth Vaders stampfende Hymne mit Wiedererkennungswert. Komponistin Natalie Holt erstellte stattdessen einen eher seichten klassischen Soundtrack. Nur das Hauptthema stammt von Star-Wars-Veteran John Williams.

Die Abkehr vom typischen Orchester-Bombast haben wir bereits bei The Mandalorian und The Book of Boba Fett bemerkt. Dort wurde stattdessen ein Western-Soundtrack mit Ohrwurmpotenzial verwendet. Bei einer Serie wie Obi-Wan Kenobi, die so stark auf den Filmen aufbaut, passt die Musik aber irgendwie nicht - zumal der Soundtrack kein besonderes Alleinstellungsmerkmal wie die trommelnden Beats in The Mandalorian aufweisen kann.

Auch wirkt die Filmkulisse stellenweise etwas zu wenig wie Star Wars und mehr wie eine Mid-Budget-Science-Fiction-Serie.

Willkommen auf Tatooine - schon wieder

Nachdem der Mandalorianer und Boba Fett bereits mehrere Male über die Dünen von Tatooine gewandert sind, gesellt sich nun Obi-Wan Kenobi dazu. Drei Serien später wird die Kulisse allerdings etwas öde. Nun ist klar, dass die Serie zumindest in Teilen auf dem Wüstenplaneten spielen muss - schließlich soll der Jedi-Meister über Anakins Sohn Luke Skywalker wachen. Allerdings verbringt die Serie die gesamte erste Folge auf dem Planeten.

Generell baut sich die Story eher langsam auf. Dadurch bekommen wir einen Einblick in den Alltag vom im Exil lebenden Obi-Wan, der getarnt einfachen Arbeiten nachgeht. Allerdings wird das schnell redundant und wir hätten uns eine schnellere Abkehr von Tatooine gewünscht. Es ist daher gut, dass Disney die ersten beiden Folgen zusammen veröffentlicht hat.

Denn nach einer etwas zu lang erzählten Einführung folgen wir Obi-Wan auf den an Nar Shaddaa erinnernden Planeten Daiyu. Hier fallen schnell die Limitierungen des interaktiven LED-Sets auf, welches auch in The Mandalorian und The Book of Boba Fett zum Einsatz kam. Wir erkennen die Übergänge zwischen realen Sets und computergenerierter Hintergrundszenerie sehr einfach, wenn die Kamera weit herauszoomt.

Sets nicht auf dem hohen Niveau von The Mandalorian

Später reist der Jedi-Meister durch ein kleines Dorf, das wieder an die Lehmhäuser auf Tatooine erinnert. Hier werden praktische Sets einmal zu oft wiederverwertet. An anderer Stelle sehen wir klar die Schauplätze aus der echten Welt, an denen die Serie teilweise gedreht wurde, etwa einen Tagebau samt Sandhügel.

Das reißt uns das eine oder andere Mal aus der ansonsten wieder toll umgesetzten Star-Wars-Szenerie heraus. Gerade die Kostüme und das Charakterdesign sind erstklassig. Besonders cool: die dunklen Sith-Trachten der Inquisitoren oder ein übermenschengroßer und stummer Loader-Droide mit Herz.

Tolle Schauspieler mit Überraschung

Bekräftigt wird das durch den professionellen Cast: Ewan McGregor versteht es, den gebrochenen Jedi-Meister Obi-Wan Kenobi erneut mit dem Charme der Prequels zu spielen. Auf der anderen Seite stehen die fiesen Inquisitoren, die ihrerseits als böse und skrupellose Jäger eine echte Bedrohung darstellen - bestärkt durch die tollen Auftritte von Moses Ingram (Third Sister), Sung Kang (Fifth Brother), Rya Kihlstedt (Fourth Sister) und Rupert Friend (Grand Inquisitor). Ein besonderes Lob gilt der erst zehnjährigen Schauspielerin Vivien Lyra Blair (auch zu sehen in Bird Box), die als rebellische Leia Organa ihre in Zukunft sehr wichtige Star-Wars-Figur überzeugend verkörpert.

Wenn es die verbleibenden drei Folgen noch schaffen, uns auch Darth Vader und Co. wieder schmackhafter zu machen, beweist Disney, dass es nicht unbedingt brillante Köpfe wie John Favreau und Dave Filoni (The Mandalorian, The Book of Boba Fett) an der Spitze braucht, um guten Star-Wars-Content abzuliefern. Regisseurin und Produzentin Deborah Chow, ein vierköpfiges Drehbuchautorenteam und Executive Producer Ewan McGregor reichen auch aus.

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Wöchentlich auf Disney+

Obi-Wan Kenobi kann auf Deutsch oder im englischen Original auf Disney+ angeschaut werden. Bisher sind drei Episoden verfügbar. Wöchentlich wird jeden Mittwoch eine weitere Episode hinzugefügt. Insgesamt sechs Folgen soll es geben.

Es bleiben also noch drei Folgen, um uns als Star-Wars-Fans komplett zu überzeugen. Wer weiß: Vielleicht gibt es wieder den ein oder anderen prominenten Cameo aus Filmen und Serien. Davon gibt es schließlich genug.


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