NSA-Skandal: Schulz hält Snowden-Asyl für unrealistisch

Der Netzpolitiker Jimmy Schulz ist nach der FDP-Wahlniederlage nicht mehr im Parlament. Mit Golem.de sprach er darüber, wie er sich auch ohne Bundestagsmandat für Internetthemen einsetzen will und wie er die netzpolitischen Pläne der großen Koalition beurteilt.

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Im Juni sprach Schulz noch im Bundestag über Konsequenzen aus der NSA-Affäre.
Im Juni sprach Schulz noch im Bundestag über Konsequenzen aus der NSA-Affäre. (Bild: Bundestag.de/Screenshot: Golem.de)

Nach Ansicht des FDP-Netzpolitikers Jimmy Schulz sollte US-Whistleblower Edward Snowden um Deutschland einen möglichst großen Bogen machen. "Wer Sicherheit für Snowden will, der sollte ihn nicht nach Deutschland holen", sagte Schulz in einem Interview mit Golem.de. "Wir haben im Moment keine realistische Chance, wenn wir das Recht nicht beugen wollen, ihn im Land zu halten. So weh mir das persönlich auch tut." Die Debatte über ein Asyl Snowdens in Deutschland war wieder aufgeflammt, nachdem der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele den früheren NSA-Mitarbeiter in dessen Moskauer Asyl besucht hatte. Snowden will zur Aufklärung der NSA-Affäre beitragen. Es wird erwartet, dass die USA unmittelbar nach einer Einreise Snowdens in Deutschland einen Haftbefehl zur Auslieferung präsentieren würden.

Der IT-Unternehmer Schulz gehörte in der vergangenen Legislaturperiode dem Bundestag an. Mit dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag ist damit jedoch wieder Schluss. "Natürlich ärgert es mich. Ich hätte gerne an dem Thema weitergemacht", sagte Schulz, der als einer der kompetentesten Netzpolitiker im Bundestag galt und noch kurz vor der Wahl eine Cryptoparty für die Abgeordneten organisierte. Die Arbeit der Enquetekommission Internet und Digitale Gesellschaft sei ein guter Startschuss für das Thema im Parlament gewesen. "Ich wäre sehr gerne dabei gewesen, die theoretischen Grundlagen, die die Kommission geliefert hat, in die Tat umzusetzen", sagte Schulz. Es sei nicht immer schön, von außen zuschauen zu müssen. Das wird ihm vermutlich auch am nächsten Montag so gehen, wenn der Bundestag anderthalb Stunden lang über die "Abhöraktivitäten der NSA und die Auswirkungen auf Deutschland und die transatlantischen Beziehungen" diskutiert.

Schlandnet ist "Quatsch"

Eher am Rande hat Schulz die Koalitionsverhandlungen verfolgt, bei denen die Arbeitsgruppen Digitale Agenda sowie Inneres und Recht ihre netzpolitischen Pläne bereits festgezurrt haben. Kritisch äußerte sich Schulz zu dem Vorhaben, die Privilegien von Accessprovidern einzuschränken, um illegale Downloads stärker bekämpfen zu können. "Das ist nicht der Weg, den man eigentlich einschlagen sollte." Die Haftung auf die Provider weiter auszudehnen, mache deren Geschäftsmodell sehr schwierig. Schulz begrüßte die Pläne von Union und SPD, den Routerzwang zu verbieten und die Netzneutralität gesetzlich festzuschreiben. Zwar gebe es "keine reine Lehre" der Netzneutralität, die zwischen "guten" und "bösen" Verletzungen des Best-Effort-Prinzips immer unterscheiden könne. "Ich mache mir aber nicht viele Sorgen bei dem Thema, weil das Ziel von allen Netzpolitikern in Deutschland das gleiche ist. Deswegen wird das schon gut ausgehen", sagte Schulz.

Die Pläne der Deutschen Telekom für ein nationales oder regionales Internet hält Schulz für "Quatsch". Die Telekom hätte das Problem seit Jahren lösen können, wenn sie beim Peering am Frankfurter Internetknoten DE-CIX mitmachen würde. Die Telekom verfolge jedoch seit 1998 das Ziel, das Konzept für das Internet weltweit hin zu einem System umzubiegen, das den Absprachen auf dem Telefonmarkt entspreche. Dieses System, das durch gegenseitige bilaterale Verträge gebildet werde, bedeute vor allem Vorteile für die großen Anbieter und Nachteile für die kleinen Provider. Jetzt werde versucht, mit jedem deutschen Provider einen eigenen Vertrag zu machen, anstatt am DE-CIX zu peeren. Den Vorstoß von Telekom-Chef René Obermann hält er für sehr geschickt im Sinne der Politik der Telekom, er habe aber weder Nutzen für das Internet, noch sollte er von Deutschland mitgetragen werden. "Wir haben in den vergangenen Jahren erfolgreich dagegen gekämpft, dass das Internet unter 'Telefonregulierung' kommt. Das sollten wir nicht zulassen."

Der Wahlniederlage kann Schulz auch positive Seiten abgewinnen. "Netzpolitik findet nicht nur in den Parteien statt, sondern auch auf nationalen und internationalen Konferenzen und Kongressen. Dort bin ich weiterhin präsent", sagt Schulz. So nahm Schulz Ende Oktober auf dem Internet Governance Forum auf Bali an einer Diskussion über Internetüberwachung teil. Es sei ein Irrglaube, den viele Leute hätten, dass man ein deutsches Internetgesetz machen könne, das die Welt rette. "Es ist sinnvoll, sich dem Thema Internet nicht nur über das nationale Parlament zu nähern, sondern vor allem auch über internationale Gremien, Kongresse, wo die eigentlich weiter reichenden Beschlüsse getroffen werden", sagt Schulz. Ob er in vier Jahren noch einmal für den Bundestag kandidieren will, lässt Schulz zum gegenwärtigen Zeitpunkt offen. Für die Europawahlen im kommenden Mai wolle er jedoch nicht antreten. Die Bundestagsdebatte am kommenden Montag kann Schulz übrigens nur per Live-Stream verfolgen. Am Samstag ist er zum Icann-Treffen nach Buenos Aires geflogen.

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maxule 18. Nov 2013

Ein "Sockel-BGE" kann durchaus sinnvoll sein, aber eine bedingungslose und unspezifische...

Flyns 18. Nov 2013

Damit es besser werden kann müssten zunächst mal CDU und CSU vom Verfassungsschutz...

teenriot 18. Nov 2013

wie man schweizern Bankdatendealern Aufenthaltsgenehmigungen gewährt obwohl es ein...

Anonymer Nutzer 18. Nov 2013

- in vorauseilendem Gehorsam macht dieser Gutmensch nur das, was er gesagt bekommen würde.



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