NSA: Merkel bleibt in ihrer eigenen Cloud

Kanzlerin Merkel will im Prism-Skandal die Ergebnisse der Aufklärung durch die USA abwarten. Entscheidend für sie bleibt dabei, dass "auf deutschem Boden deutsches Recht gilt". Für Europa bringt sie eine eigene Cloud-Sphäre ins Spiel.

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Bundeskanzlerin Merkel präsentiert sich gut gelaunt der Hauptstadtpresse.
Bundeskanzlerin Merkel präsentiert sich gut gelaunt der Hauptstadtpresse. (Bild: Johannes Eisele/AFP/Getty Images)

Im Zusammenhang mit der Datenüberwachung durch den US-Geheimdienst NSA hofft Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weiterhin auf Aufklärung durch die USA. "Ich habe ein 100-prozentiges Interesse an den Dingen, dass das rauskommt", sagte Merkel am 19. Juli 2013 in Berlin vor der versammelten Hauptstadtpresse. Derzeit sei es ihr jedoch "völlig unmöglich", eine Analyse von Prism vorzunehmen. Die Sorge, ob es eine flächendeckende Datenabschöpfung deutscher Bürger gebe, sei bislang von US-Seite nicht ausgeräumt worden. Merkel wiederholte mehrfach ihre Überzeugung, wonach "auf deutschem Boden deutsches Recht gelten" müsse. Das betreffe auch das geplante NSA-Abhörzentrum in Wiesbaden.

Mit Blick auf die Spionagevorwürfe gegen die USA sagte Merkel, dass in Deutschland nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts gelten müsse. Trotz der Erfahrungen des 11. Septembers 2001 dürfe nicht alles, was bei der Terrorismusbekämpfung technisch machbar sei, auch gemacht werden. "Deutschland ist kein Überwachungsstaat. Deutschland ist ein Land der Freiheit", sagte Merkel. Der Zweck heilige nicht die Mittel, sondern bestehe immer darin, den einzelnen Menschen zu schützen.

In der rund anderthalbstündigen Pressekonferenz musste Merkel zahlreiche Nachfragen zu den Enthüllungen von US-Whistleblower Edward Snowden beantworten. Doch schon zu Beginn hatte sie die Journalisten vorgewarnt: "Wer heute hierher gekommen ist, dass ich das Ergebnis von solchen Aufklärungsarbeiten vorstellen könnte, der ist mit einer falschen Erwartung hergekommen." Dieses Versprechen erfüllte Merkel voll und ganz. Dabei hatte NSA-Chef Keith Alexander erst am 18. Juli auf einem Sicherheitsforum in Aspen zu den Gesprächen mit den Deutschen gesagt: "Wir sagen Ihnen nicht alles, was wir machen oder wie wir es machen - aber jetzt wissen Sie es." Doch Merkel verwies beharrlich darauf, dass die "Aufklärungsarbeiten" noch nicht abgeschlossen seien. Sie wollte auch keinen Zeitpunkt angeben, an dem dies zu erwarten sei. Deutschland werde aber den "nötigen Druck" machen.

Merkel stellte acht Punkte vor, mit denen die Regierung auf die Prism-Debatte reagiere. Dazu zählten unter anderem Verhandlungen mit der US-Regierung, um angeblich nicht mehr genutzte Sonderrechte der Westalliierten beim Telefon- und Briefgeheimnis abzuschaffen. Ebenfalls werde ein runder Tisch Sicherheitstechnik eingesetzt, um deutschen Forschungseinrichtungen und Unternehmen für Sicherheitstechnik bessere Rahmenbedingungen zu bieten. Auch sollten gemeinsame Standards für die Arbeit der Auslandsgeheimdienste geschaffen werden. Zu guter Letzt solle der Verein "Deutschland sicher im Netz" seine Aufklärungsarbeit verstärken.

Merkel zeigte sich besorgt, dass es in Europa inzwischen an bestimmten technischen Fähigkeiten mangele. "So wird sich auch die Frage stellen: Welche technologischen Fähigkeiten im Internetbereich, in der Sicherheitstechnik und bei den Hardwarekomponenten wollen wir in Europa noch haben?", sagte Merkel. Dabei müsse auch überlegt werden, ob sich bestimmte Bereiche auf EU-Ebene finanziell fördern ließen. Das gelte für das Stichwort Router und auch für Cloud Computing. "Wollen wir für Europa uns eine eigene Cloud-Sphäre schaffen, damit wir den Menschen dann auch sagen können: Hier gelten europäische Sicherheitsstandards?"

Auf die Frage, ob die deutschen Dienste bei der Zusammenarbeit mit der NSA nicht nach der Herkunft der Hinweise gefragt hätten, antwortete Merkel ausweichend, wenn man mit Entführungen zu tun habe, dann freue man sich über Informationen und frage nicht nach, sagte die Kanzlerin. Auch zur Person Edward Snowdens äußerte sich Merkel wieder einmal nicht näher. Konfrontiert mit der Frage, wie sich Bürger bei der Veröffentlichung geheimer Grundrechtsverstöße von Staaten verhalten sollten, sagte sie: "Ich glaube, dass in allen demokratischen Staaten Bürgerinnen und Bürger, die in einen solchen Gewissenskonflikt geraten, Möglichkeiten haben, sich in ihrem Land auch dazu vertrauensvoll an bestimmte Personen und Institutionen zu wenden." Sie selbst wollte Snowden aber keine solche Institution empfehlen. "Er hat sich entschieden und mich nicht vorher gefragt", sagte sie.

Für ihr eigenes Kommunikations- und Internetverhalten hat Merkel übrigens keine Konsequenzen aus der Prism-Affäre gezogen. "Ich habe mein Verhalten nicht angepasst", sagte sie. Wer in seiner eigenen Sicherheitscloud lebt, muss sich darum auch keine Gedanken machen.

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IT.Gnom 22. Jul 2013

Frau Merkel auf der Sommerpressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel vom 19. Juli "Ich...

YoungManKlaus 22. Jul 2013

sprich bewölkt

bstea 20. Jul 2013

Studier du mal Physik und wirst dann trotzdem nur Berufspolitiker bei der CDU.

Anonymer Nutzer 20. Jul 2013

denen, die darin noch keine Übung haben: Piraten, AfD, Die Partei :)



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