Nio ET7 im Praxistest: Elektrische Oberklasse mit hohem Nervfaktor

Von Berlin nach Paris und zurück: Die chinesische Elektrolimousine Nio ET7 macht der etablierten Oberklasse in vielen Punkten noch keine Konkurrenz.

Ein Praxistest von veröffentlicht am
Der Nio ET7 ist ein schickes Elektroauto mit einigen Defiziten.
Der Nio ET7 ist ein schickes Elektroauto mit einigen Defiziten. (Bild: Friedhelm Greis/Golem.de)

Wenn man die Berichte zur jüngsten Autoshow in Schanghai verfolgt hat, scheint eine Wachablösung in der Autoindustrie kurz bevorzustehen. Mit innovativen Modellen drohen chinesische Hersteller nicht nur auf ihrem Heimatmarkt der Konkurrenz den Rang abzulaufen. Das soll nicht nur am günstigen Preis, sondern auch an digitalen Innovationen und Komfortfunktionen der Elektroautos liegen. Dass diese in der Praxis nicht immer ausgereift sind, hat uns nun ein Praxistest der Oberklasselimousine ET7 von Nio gezeigt.

Der chinesische Anbieter mit dem Wechselakkusystem ist seit 2022 in Deutschland und mehreren anderen europäischen Ländern auf dem Markt. Auf einer Fahrveranstaltung im vergangenen Oktober drehten wir mit dem Fahrzeug bereits eine Runde rund um Berlin und wechselten einen Akku. Nun wollten wir wissen, wie das Konzept auf einer längeren Fahrt funktioniert.

Dazu waren wir über Ostern mit dem ET7 rund 2.500 km in Deutschland und Frankreich unterwegs. Dabei wollten wir vor allem die digitalen Assistenzsysteme, den Komfort, die Reichweite und die Ladetechnik testen. Zwar ist die 5,1 m lange Fließhecklimousine mit ihren 480 kW (625 PS) üppig motorisiert, doch ist das Auto eher für das gemütliche Dahingleiten und damit auch für die Strecke von Berlin nach Paris und zurück geeignet.

Sehr kleiner Kofferraum

Die erste Enttäuschung erfolgt aber schon vor der Abfahrt: Der Kofferraum ist mit einem Volumen von 363 Litern ziemlich klein für ein Fahrzeug dieser Größe. Das ist weniger als beim VW ID.3. Zum Vergleich: Der Kofferraum des Mercedes-Benz EQS ist mit 610 Litern fast doppelt so groß. Zudem lässt sich beim EQS die Rückbank umklappen, was ein Ladevolumen von 1.770 Litern ergibt.

Immerhin konnten wir drei Koffer einigermaßen gut im ET7 unterbringen. Doch dann stellte sich die Frage: Wohin mit dem Ladekabel? Weder unter der Kofferraumabdeckung noch unter der Fronthaube ist dafür Platz vorgesehen. Daher mussten wir das Kabel jedes Mal in die kleine Lücke zwischen Gepäck und Karosserie quetschen. Komfortabel ist das nicht gerade.

Navigationssystem mit Wissenslücken

Die nächste Enttäuschung folgte dann vor dem Losfahren. Zwar versteht die Sprachassistentin Nomi eigentlich das genannte Fahrtziel, doch das Navigationssystem fand die Straße nicht. Bisweilen half es, das Ziel per Tastatur in das System einzugeben.

Wenn das Navi das gewünschte Ziel kennt, funktioniert die Routenplanung aber recht zuverlässig. Auch in Paris lotste uns das System gut in die Stadt hinein und wieder hinaus. Nur einmal bogen wir zum Erstaunen der französischen Autofahrer in falscher Richtung in eine Einbahnstraße ein. Auf der Rückfahrt fiel allerdings das GPS plötzlich komplett aus, so dass auch das Notrufsystem E-Call sich abmeldete. Ein eigens eingelegter Zwischenstopp auf einem Parkplatz konnte das Ortungssystem nicht neu starten. Erst am nächsten Morgen funktionierte es wieder.

Erst zwei Wechselstationen in Deutschland

Mit einer Kapazität von 100 Kilowattstunden (kWh) verfügte unser Testwagen über einen recht großen Akku. Nio bietet den ET7 auch mit einem 75-kWh-Akku an. Perspektivisch will Nio sogar eine Festkörperbatterie mit 150 kWh auf den Markt bringen. Das wäre vor allem auf Langstrecken praktisch.

Praktisch wäre auch, wenn es schon mehr Wechselakkustationen in Deutschland gäbe. Doch derzeit sind erst zwei verfügbar: im bayerischen Zusmarshausen an der A8 und im Ladepark Seed and Greet im nordrhein-westfälischen Hilden. An den Ladeparks des Netzbetreibers EnBW will Nio 20 weitere Tauschstationen errichten. Vielleicht findet dann das Navi auch die Stationen, wenn man als Ziel Nio eingibt.

  • Wir haben die Elektrolimousine Nio ET7 mit Wechselakku auf einer Fahrt von Berlin nach Paris und zurück getestet. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Mit einer Länge von 5,1 m und 2 m Breite bietet der ET7 viel Platz und Komfort auf längeren Strecken. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Der Innenraum ist sehr übersichtlich und hochwertig ausgestattet. Für viele Funktionen gibt es keine eigenen Taster und Schalter mehr.  (Foto: Werner Pluta/Golem.de)
  • Die Sitze sind mit Verstellbarkeit, Heizung und Massagefunktion auf Oberklasseniveau. (Foto: Werner Pluta/Golem.de)
  • Im Fond gibt es sehr viel Platz für die Passagiere, die ebenfalls Massagesitze haben. (Foto: Werner Pluta/Golem.de)
  • Der Kofferraum ist mit 368 Litern aber recht klein. Stauraum für das Ladekabel gibt es nicht.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Das Fahrerdisplay ist recht groß, zeigt aber nur wenige Informationen an. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Anzeige von Tages- beziehungsweise Streckenkilometern befindet sich gut versteckt im Infotainment. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Auch die Verbrauchsangaben sind eher mühsam zu finden und nicht sehr aussagekräftig. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Im Eco-Modus verbraucht das Fahrzeug nur wenig Strom für Komfortfunktionen. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Wie weit ist es noch bis zur nächsten Ausfahrt: 11 oder 1,1 Kilometer?  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Gesundheitsanzeige bezieht sich nicht auf die Passagiere, sondern auf das Auto. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Der Nio ET7 ist gut vernetzt, wobei sich viele Funktionen deaktivieren lassen. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Ebenso wie bei Tesla gibt es auch bei Nio einen Campingmodus. Ein Haustiermodus ist ebenfalls aktivierbar.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Nicht gefallen hat uns die Routenplanung mit Ladestopps. Die vorgeschlagene Ladepause auf dieser Strecke ist unsinnig.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Ebenfalls unsinnig war dieser Vorschlag. Es verlängert die Ladezeit unnötig, wenn man mit 325 km Restreichweite am Ziel ankommen will.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Box in der Mittelkonsole lässt sich verriegeln.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Der ET7 kann den Fahrer während der Fahrt komplett überwachen.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Klimatisierung bietet zwar vielfältige Einstellungsmöglichkeiten, hat uns in einigen Punkten nicht gefallen.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Im Sport+-Modus beschleunigt der Nio ET7 in 3,8 Sekunden von null auf 100 km/h.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die beiden Motoren liefern zusammen bis zu 480 kW Leistung. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Bei vollem Akku kommt das Elektroauto nach WLTP bis zu 580 km weit. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Im Fahrerdisplay rechts oben gibt es noch eine geschätzte Reichweite. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Ladeleistung beträgt bis zu 130 kW. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Mit Wechselstrom lädt der ET7 mit bis zu 11 kW.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Auf der Strecke nach Paris gibt es inzwischen zahlreiche große Ladestationen.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Neben Ionity haben auch Fastned und Total etliche Schnelllader errichtet.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Der Strom kostet bei Fastned mit 59 Cent pro Kilowattstunde weniger als bei Ionity mit 69 Cent. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Deutlich besser für die Pariser Innenstadt geeignet: der Citroen Ami.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • In der französischen Hauptstadt gibt es zahlreiche öffentliche Ladepunkte.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Für enge Parkhäuser ist der Nio ET7 eher schlecht geeignet. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Einer der beiden aktuellen Wechselstationen in Deutschland befindet sich am Ladepark Seed & Greet bei Hilden.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Nio will zusammen mit dem Stromkonzern EnBW 20 Wechselstationen errichten.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Noch werden die Stationen durch Nio-Mitarbeiter betreut. Doch künftig sollen sie vollautomatisch funktionieren.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Vor der Stationen stehen mehrere Nio-Modelle.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Weil der getauschte Akku nur zu 90 Prozent geladen war, haben wir den Rest noch per Ladekabel aufgefüllt. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
Wir haben die Elektrolimousine Nio ET7 mit Wechselakku auf einer Fahrt von Berlin nach Paris und zurück getestet. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)

Bis dahin sind die Kunden auf das normale Ladenetz angewiesen. Der teilweise recht hohe Verbrauch in Verbindung mit einer niedrigen Ladegeschwindigkeit von bis zu 130 kW macht längere und häufigere Ladestopps als bei der Konkurrenz, wie beispielsweise dem Mercedes-Benz EQE oder EQS, erforderlich. Dabei verfügen Nios Wechselakkus sogar über eine Flüssigkeitskühlung für ein Thermomanagement (siehe Nachtrag).

Doch wie weit kommt man in der Praxis mit dem ET7?

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neocron 22. Mai 2023 / Themenstart

und hier der naechste Test 25 kWh/100km bei 82 km/h Durchschnitt ... der neue Q8 E-Tron...

series3 17. Mai 2023 / Themenstart

lol, dass du nichts besseres zu tun hast, als dich mit wildfremden im internet in 5...

superdachs 07. Mai 2023 / Themenstart

Wenn die Kisten jetzt beim Einparken noch alles umrempeln was in der Nähe steht sind sie...

Spiritogre 05. Mai 2023 / Themenstart

Ich kenne Globus nicht mal... Davon ab, wie gesagt, viele Supermärkte auf der grünen...

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