Neue Top-Level-Domains: Willkommen im .club oder .wtf?

2012 öffnete sich die Icann für mehr Top-Level-Domains. Ein Großteil der Community freute sich, einige sorgten sich. Und die Bilanz nach zehn Jahren? Überwiegend positiv.

Artikel von Katrin Ohlmer veröffentlicht am
Das ist nur eine kleine Auswahl an Top-Level-Domains: In Wirklichkeit stehen inzwischen rund 1.500 Endungen zur Auswahl.
Das ist nur eine kleine Auswahl an Top-Level-Domains: In Wirklichkeit stehen inzwischen rund 1.500 Endungen zur Auswahl. (Bild: Pixabay)

Man kennt es: Man möchte eine Domain registrieren und der Wunschname ist natürlich schon vergeben. Um hier mehr Auswahl zu ermöglichen, öffnete die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers, kurz Icann, im Januar 2012 das Bewerbungsfenster für neue Top-Level-Domains. Zehn Jahre sind seitdem vergangen - eine gute Gelegenheit, um Bilanz zu ziehen: Konnte die Icann ihr Versprechen einer größeren Auswahl und mehr Wettbewerb (und damit niedrigerer Preise) einhalten?

Wie alles begann

Rückblende in den Sommer 2005: Die Initiative dotBerlin, deren Co-Geschäftsführerin die Autorin dieses Textes ist, tauchte auf einem Icann-Meeting in Luxemburg auf. Das ambitionierte Ziel: Das Domain-Name-System sollte um Top-Level-Domains (TLDs) für Städte erweitert werden. Ambitioniert war es, weil damit eine komplett neue Kategorie an TLDs entstehen sollte. Die Initiative rechnete sich gute Chancen aus, denn mit .cat war im Jahr davor immerhin die erste regionale TLD eingeführt worden, die die bestehende spanische Endung .es ergänzte. Doch die Icann winkte ab - eben mit der Begründung, dass im Vorjahr neben .cat gerade erst neue Top-Level-Domains wie .asia, .jobs und .travel eingeführt wurden.

Unterstützung fand die Berliner Initiative aber schnell in anderen Städten wie New York und Paris. Gemeinsam erreichten sie einen Beschluss der Icann-Direktoren, eine Einführung neuer Top-Level-Domains zu evaluieren. Das Thema nahm Fahrt auf. Bereits 2006 begann eine Icann-Arbeitsgruppe damit, Richtlinien zur Einführung neuer TLDs zu entwickeln. Sie wurden nach zweijähriger Arbeit 2008 durch die Icann-Direktoren verabschiedet und gaben damit den Startschuss für den nächsten Schritt: Die Entwicklung konkreter Rahmenbedingungen für alle, die sich um eine neue Top-Level-Domain bewerben wollen.

In der Folge rangen Icann-Arbeitsgruppen von 2009 bis 2011 um jede Formulierung im sogenannten Applicant Guidebook. Nach dessen Freigabe auf dem Icann-Meeting im Juni 2011 in Singapur startete in vielen Städten, Unternehmen und Organisationen hektische Betriebsamkeit. Im Fokus standen Fragen wie: Soll man sich für eine eigene Top-Level-Domain bewerben? Wenn ja, wie soll sie lauten? Wie hoch ist das Risiko, dass es weitere gleiche Bewerbungen gibt? Gibt es ein Geschäftsmodell? Wird die TLD von der Nutzerschaft angenommen?

1.930 Anträge auf neue Top-Level-Domains

Vom 12. Januar bis 30. Mai 2012 reichten Unternehmen und Organisationen Bewerbungen für insgesamt 1.930 Top-Level-Domains ein. Die komplette Liste veröffentlichte die Icann am sogenannten Reveal Day am 13. Juni 2012 in London. Letztlich standen hinter den Bewerbungen 1.408 Endungen, denn für zahlreiche Endungen interessierte sich mehr als ein Unternehmen.

Damit trat eine der vorher geäußerten Befürchtungen ein. Am populärsten war die Endung .shop mit zwölf unterschiedlichen Aspiranten. Das globale Augenmerk richtete sich am 13. Juni neben den Mehrfachbewerbungen auf einige Besonderheiten.

Zum Beispiel bewarben sich die konkurrierenden Pharmahersteller Merck KGaA und Merck Inc. um die gleichen Endungen .merck, .emerck und .merckmsd. Andere schafften es tatsächlich, sich in ihrer Bewerbung zu vertippen - wie .dotafrica, die ihren Begriff auf .africa anpassen oder .kerrylogisitis, die das noch rechtzeitig in .kerrylogistics ändern konnten.

Dass die Bewerbung um .amazon durch den gleichnamigen US-Konzern und die Anrainerstaaten des Amazonas - der auf Englisch Amazon heißt - zu langjährigen Streitigkeiten führen würde, war damals auch nicht abzusehen. In einem vergleichbaren Fall, der Bewerbung des Outdoorbekleidungsherstellers Patagonia um .patagonia, zog das Unternehmen nach Einwänden der argentinischen Regierung seinen TLD-Antrag zurück.

Die eingegangenen Unterlagen arbeitete Icann anhand von Bearbeitungsnummern ab und startete mit den 107 Bewerbungen um Top-Level-Domains in nicht-lateinischen Schriften.

Erste Marktstarts im Jahr 2013

Die ersten dieser TLDs konnten bereits rund ein Jahr nach Abgabe der Bewerbung - nämlich im Oktober 2013 - den Betreiber-Vertrag mit Icann schließen und den Marktstart vorbereiten, wie شبكة. (.web in arabisch). Ab November 2013 starteten dann nach und nach auch Top-Level-Domains in lateinischem Skript in den Markt, wie .bike, .guru, .singles und .ventures.

Mit .berlin debütierte am 18. März 2014 die erste Domain-Endung einer Stadt, gefolgt von .wien und .hamburg. Erste Unternehmensendungen wie .axa, .bnpparibas, .monash und .frogans liefen an. In der Folge delegierte Icann monatlich Dutzende von TLDs, unter denen nach und nach Domains bei Providern wie Strato, Godaddy, Ionos und united-domains registriert werden konnten.

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Phishing, Farming, Malware - neue TLDs, neue Probleme? 
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janoP 02. Feb 2023 / Themenstart

Vielen Dank für die Informationen. Ausgebeutet werden sie ja dadurch...

Lachser 01. Feb 2023 / Themenstart

Man hätte das ganz von anfang an wohl etwas besser strukturiert aufsetzen sollen, aber...

ITsMe 30. Jan 2023 / Themenstart

Wir blocken standardmäßig alle neuen tlds, allerdings sobald du irgendwas richtjg machst...

xUser 30. Jan 2023 / Themenstart

Du musst am Ende einen Schrägstrich "/" anfügen, dann klappt es.

Kommentieren



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