Budget und Zahl der Mitarbeiter bei Icann stark gewachsen

Durch die mehr als 1.300 neuen Endungen hat sich nicht nur der Namensraum entwickelt, sondern auch der damit verbundene Aufwand in der Verwaltung und Administration bei Icann. Daher erweiterte Icann seine regionalen Repräsentanzen wie auch sein Team im US-amerikanischen Los Angeles. Insgesamt arbeitet heute mit 430 Beschäftigte ein doppelt so großes Team für die globale Internetverwaltung.

Mit der zunehmenden Komplexität und dem Volumen der neuen Endungen investierte die Icann auch in die Professionalisierung ihrer internen Prozesse und Bereiche und richtete unter anderem ein Compliance Department ein. Diese Professionalisierung wurde allerdings erst durch die Steigerung des Budgets ermöglicht. Lag es im Icann-Geschäftsjahr 2011/2012 noch bei 13 Millionen US-Dollar, betrug es für das Jahr 2021/2022 bereits 125 Millionen US-Dollar.

Das Budget von Icann setzt sich aus Gebühren zusammen, die die Betreiber von TLDs und die Provider je Domain an Icann abführen müssen. Daher kommen die größten Beiträge zum Icann-Budget vom .com-Betreiber Verisign Inc., dem TLD-Portfolio-Betreiber Identity Digital Inc. (dem Zusammenschluss von Afilias und Donuts) sowie dem Provider Godaddy LLC.

Befürchtungen, die sich nicht bewahrheitet haben

Vor der neuen Bewerbungsrunde 2012 hatte es einige Vorhersagen gegeben, was alles schieflaufen könnte. So wurde etwa befürchtet, dass es Millionen (ja, genau: Millionen!) neuer Endungen geben würde. So viele Bewerbungen hätte die Icann nicht auf einmal bearbeiten können. Die Icann-Gremien diskutierten tatsächlich, wie mit derart vielen Bewerbungen verfahren werden könnte.

Die Debatte endete in dem Beschluss, dass Icann nicht mehr als 1.000 neue TLDs pro Jahr zulassen kann. Dass es insgesamt keine 2.000 geworden sind, lässt im Rückblick schmunzeln. Auch das gegenteilige Argument, dass es überhaupt keinen Bedarf gäbe, wurde vorgebracht - womit die bereits bekannten Initiativen völlig ausgeblendet wurden.

Andere befürchteten, dass "die Büchse der Pandora geöffnet wird" oder sahen die Öffnung regelrechter "Floodgates" kurz bevorstehen. Auch wurde gemutmaßt, dass die TLD-Auswahl Endkunden völlig verwirren werde, obwohl man das etwa bei neuen Biermarken oder Schokoladensorten selten hört.

Eher zu der Kategorie "Skurriles" gehörte der Punkt, dass "instabile neue TLD-Betreiber technische Probleme verursachen könnten, die zu falschen Informationen auf Websites führen und so zum Tod von Kindern beitragen". Dass die technische Kompetenz des Bewerbers und seiner Dienstleister eine der wesentlichen Prüfungen durch Icann war, wurde hier offenbar ausgeblendet. Argumentatives Highlight war, dass das Internet zusammenbrechen könnte. Ob es unter den vielen neu registrierten Domains, mehr Internettraffic oder den zunehmenden Whois-Anfragen zusammenbrechen sollte, blieb offen.

Ein beliebtes Argument von Juristen war die unbelegte Vermutung, dass etwa Schlichtungsverfahren zur Lösung von Domain-Streitigkeiten (wie beispielsweise UDRP-Fälle) exponentiell ansteigen und sich verzehnfachen würden. Diese Zahl war ebenso aus der Luft gegriffen wie ähnliche Befürchtungen zu anderen Rechtsstreitigkeiten.

Im Rückblick fast ebenso seltsam waren manche Argumente der Befürworter. Euphorisch wurde ein kurz bevorstehender "Goldrausch" proklamiert, der nicht eintrat. Auch "addressing Internet users in their native script (IDNs) and languages" gehörte zu den hoffnungsvollen Argumenten vor der Einführung der neuen TLDs.

Zwar gab es über 100 Bewerbungen für nicht-lateinische TLDs in Skripten wie Kyrillisch, Thai, Chinesisch und Japanisch, sie fristen aber heute eher ein Nischendasein. Denn das Problem der begrenzten Nutzung dieser Namensräume - selbst im riesigen China - verhindert die selbstverständliche Nutzung.

Einiges trat tatsächlich ein: Dass Kundinnen und Kunden mehr Auswahl haben und der gestiegene Wettbewerb auch zu guten Preisen geführt hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Ob tatsächlich neue Geschäftsmodelle erfolgreich eingeführt wurden, müssen die entsprechenden Betreiber selbst feststellen - sichtbar sind diese nicht, ebenso wenig wie Innovationen im DNS.

Ein Blick in die Kristallkugel

Auch wenn das Datum für die nächste Bewerbungsrunde noch in den Sternen steht, scheinen Crypto-TLDs wie .blockchain oder .crypto das nächste große Ding zu sein. Mehrere Akteure haben bereits Interesse an der Bewerbung um entsprechende TLDs geäußert. Sie wären im Gegensatz zu nicht-Icann-regulierten TLDs von Handshake und Co. ohne Browser-Plugin aufrufbar. Einige Marken, die seinerzeit nicht dabei waren, wollen dann ebenfalls nachziehen und ihre Marke als TLD beantragen. Ob das weiterhin für Twitter gilt, bleibt abzuwarten.

Der Markt wird sich weiter konsolidieren, um Skalen- und Effizienzeffekte im Betrieb von TLDs zu nutzen - in zwei Richtungen. Einerseits wird es weitere TLDs geben, die entweder den Betrieb einstellen oder verkauft werden. Andererseits wird es Betreiber und Provider geben, die sich zu größeren Konsortien zusammenschließen.

Katrin Ohlmer ist Expertin für Internetendungen und Internetverwaltung. Die studierte Ökonomin arbeitet seit 1994 in der ITK-Branche. Sie ist Geschäftsführerin der dotBerlin GmbH & Co. KG, Gründerin der Hamburg-Top-Level-Domain GmbH sowie Gründerin und Geschäftsführerin der auf Internetendungen spezialisierten Unternehmensberatung Dotzon. Sie spricht regelmäßig auf internationalen Konferenzen und Fachtagungen und engagiert sich in Fachgremien bei der Internetbehörde Icann, die sich mit der Weiterentwicklung des Namensraumes im Internet beschäftigen.

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 Was macht den Erfolg von TLDs aus?
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janoP 02. Feb 2023 / Themenstart

Vielen Dank für die Informationen. Ausgebeutet werden sie ja dadurch...

Lachser 01. Feb 2023 / Themenstart

Man hätte das ganz von anfang an wohl etwas besser strukturiert aufsetzen sollen, aber...

ITsMe 30. Jan 2023 / Themenstart

Wir blocken standardmäßig alle neuen tlds, allerdings sobald du irgendwas richtjg machst...

xUser 30. Jan 2023 / Themenstart

Du musst am Ende einen Schrägstrich "/" anfügen, dann klappt es.

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