Happy End für Datenschutzreform
Im jahrelangen Streit über die EU-Datenschutzreform konnte sich das Parlament hingegen deutlich besser durchsetzen. Immerhin hatte es der Ministerrat im Juni dieses Jahres geschafft, sich nach jahrelangen Verzögerungen auf eine gemeinsame Position für die Verhandlungen mit Parlament und Kommission zu einigen. Kurz vor Ende des Jahres kam der sogenannte Trilog dann noch zum Abschluss. Mit dem Ergebnis können Datenschützer und Nutzer durchaus zufrieden sein.
Die neue EU-Datenschutzverordnung schiebt der unkontrollierten Nutzung personenbezogener Daten einen Riegel vor. Unternehmen müssen mit empfindlichen Strafen für Datenmissbrauch rechnen, die bis zu vier Prozent eines Jahresumsatzes betragen können. Die Verbraucher erhalten mit der Reform mehr Kontrolle über ihre Daten. Dabei helfen unter anderem das erweiterte Recht auf Löschung und Vergessenwerden sowie das Recht auf Datenportabilität. Wichtig ist vor allem, dass es nun einheitliche und einigermaßen klare Regeln für die Datenverarbeitung in ganz Europa gibt. Die neuen Regeln treten voraussichtlich 2018 in Kraft.
Routerzwang abgeschafft
Schneller geht es bei der Abschaffung des Routerzwangs. Bei diesem Thema herrschte ungewohnte Einmütigkeit im Bundestag. Sowohl die große Koalition als auch die Opposition stimmten geschlossen für einen Gesetzentwurf der Regierung, der es Internetprovidern verbietet, ihren Kunden bestimmte Endgeräte vorzuschreiben.
Der Bundesrat ließ Ende November das Gesetz passieren. Zuvor hatte die Länderkammer noch Änderungswünsche gefordert und sich die Bedenken der Kabelnetzbetreiber zu eigen gemacht. Die Bundesregierung verwies jedoch auf die gesetzlichen Vorgaben für die Endgeräte, die auch die Aspekte "Sicherheit, Integrität und Funktionalität" umfassten. Das Gesetz soll erst sechs Monate nach seiner Verkündung in Kraft treten, was etwa Mitte kommenden Jahres der Fall sein dürfte.
Was sind eigentlich Selektoren?
Ein großer innenpolitischer Aufreger in diesem Jahr war der Streit über die unzulässigen Suchbegriffe des US-Geheimdienstes NSA und des Bundesnachrichtendienstes (BND). Die Öffentlichkeit lernte dabei den Begriff Selektoren kennen: BND-Deutsch für Telekommunikationsmerkmale wie IP-Adressen, Telefonnummern, IMEI (International Mobile Equipment Identity) oder E-Mail-Adressen. Ende April wurde bekannt, dass die NSA ihrem deutschen Partner beim gemeinsamen Satellitenabhörprojekt in Bad Aibling jahrelang Selektoren untergeschoben haben soll, die sich gegen deutsche oder europäische Interessen richteten. Beispielsweise Telefonnummern europäischer Firmen, Regierungen oder EU-Institutionen.
Die Aufklärung der Affäre erwies sich jedoch als schwierig, weil die Bundesregierung sich weigerte, dem NSA-Untersuchungsausschuss einen direkten Einblick in die Liste mit den rund 40.000 Suchbegriffen zu gewähren.
Kein Abgeordneter soll die Liste sehen
Immerhin fanden die Bundestagsaufklärer heraus, dass ein BND-Mitarbeiter im August 2013 eher durch Zufall auf die Suchbegriffe mit vielen europäischen Zielen gestoßen war. Als besonderes Problem erwies sich dabei, dass die BND-Spitze und das Bundeskanzleramt nicht über den Fund informiert worden waren und erst im März 2015 durch einen Beweisantrag des NSA-Ausschusses auf die brisanten Selektoren aufmerksam wurden. Umso mehr fühlten sich die Abgeordneten brüskiert, als ihnen die Regierung anschließend den Zugang zu der Liste verweigerte. Die Begründung: Da es sich um Selektoren der NSA handele, müssten die USA zustimmen. Doch die rührten sich nicht.
Die Abgeordneten der Koalition akzeptieren schließlich die Einsetzung des früheren Bundesrichters Kurt Graulich, der sich als eine Art Sonderbeauftragter während der Sommerpause die Liste anschauen konnte. Seine Ergebnisse präsentierte er Ende Oktober in einem 263-seitigen öffentlichen Bericht und Anfang November vor dem NSA-Ausschuss.
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Netzpolitischer Jahresrückblick: Viel Streit und ein kleines Happy End | Wichtige Entscheidungen fallen erst 2016 |