Netzpolitik: König ohne Neuland
Die große Koalition verteilt die Kompetenzen für die Netzpolitik auf mehrere Ministerien. Es gibt weder einen Internetminister noch eine Bündelung der Aufgaben durch einen Staatssekretär. Die genaue Kompetenzverteilung ist noch unklar.

"Ausgerechnet" Alexander Dobrindt, hieß es am Wochenende. Bei der Vorstellung der schwarz-roten Ministerriege hatte CSU-Chef Horst Seehofer angekündigt, dass sein bisheriger Generalsekretär den Posten als Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur übernehmen werde. Sogleich wurde der als politischer Scharfmacher bezeichnete 43-Jährige als neuer Internetminister tituliert. Doch dies ist nicht gerechtfertigt. Die Kompetenzen für das Thema bleiben auf mehrere Ressorts verteilt. Dobrindt ist ein König ohne Neuland.
Der Breitbandausbau ist dabei der Bereich, der am wenigsten strittig sein dürfte. Darum kümmern wird sich in der künftigen Bundesregierung vor allem Dobrindts neue Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU). Sie ist zwar eine ausgewiesene Netzpolitikerin, aber deren genaue Zuständigkeiten stehen noch nicht fest. Das werde erst in den kommenden Tagen verhandelt, hieß es aus Bärs Abgeordnetenbüro auf Anfrage. Klar scheint hingegen: Kontroverse Themen wie IT-Sicherheit, Datenschutz, Netzneutralität und Regulierung werden in anderen Ressorts bearbeitet. Dobrindt solle den Breitbandausbau voranbringen, alles andere bleibe beim Innen- und Wirtschaftsministerium, twitterte am Montag die frühere Justizministerin Brigitte Zypries. Die SPD-Politikerin sollte es wissen, denn sie wird nach eigenen Angaben als parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium für die IT-Wirtschaft zuständig sein.
SPD und Union reklamieren Netzpolitik für sich
Ebenfalls von der SPD besetzt wird der Bereich Verbraucherschutz. Unter dem neuen Justizminister Heiko Maas soll sich Gerd Billen, bislang Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, um Datenschutzfragen kümmern. Billen hatte vor kurzem gefordert, die EU-Datenschutzreform noch im ersten Halbjahr 2014 zu verabschieden. Mit Ulrich Kelber wird ein technikaffiner SPD-Abgeordneter ebenfalls Staatssekretär im Justizministerium. Anders als das Agrarministerium, wo bislang der Verbraucherschutz angesiedelt war, könne das Justizministerium selbstständig Gesetze einbringen, hob Billens bisheriger Arbeitgeber hervor. Die SPD halte sich sogar insgesamt für die "Digitale Agenda" verantwortlich, hieß es auf Netzpolitik.org.
Allerdings führt die Union neben dem Verkehrsministerium auch das Innenministerium und bleibt damit für viele Fragen der IT-Sicherheit und Überwachung zuständig. Nach Angaben der scheidenden Familienministerin Kristina Schröder (CDU) bleiben die "Grundsatzangelegenheiten IT" in diesem Ressort angesiedelt. Auch die Bereiche E-Government und Open Data gehörten weiter zum Innenministerium. Schröder, die mit dem Innenstaatssekretär Ole Schröder verheiratet ist, kommentierte dies auf Twitter mit den Worten: "Ich finde die geplante Aufteilung 'Netz-Infrastruktur' zu Verkehr, 'Netzpolitik' zum Innenministerium sehr schlüssig."
Wenig Streit bei IT-Sicherheit zu erwarten
Ob dies die SPD ebenfalls so sieht, ist eine andere Frage. Zumindest dürfte es auf dem Gebiet der inneren Sicherheit eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den Parteien geben. So verteidigte Zypries kürzlich in einem Interview die Entscheidung der großen Koalition, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen. Mit Blick auf die Internetüberwachung durch den US-Geheimdienst NSA sagte Zypries: "Wir haben rechtlich und faktisch keinerlei Möglichkeiten, das zu beenden, außer wir machen eine sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und machen es ihnen schwer, irgendwie an Daten zu kommen."
Unklar ist weiterhin, ob es einen eigenen Bundestagsausschuss zum Thema Internet geben wird. Eine entsprechende Forderung war von der Bundestags-Enquetekommission Internet und digitale Gesellschaft erhoben worden. Entschieden wird die Frage spätestens am kommenden Donnerstag, wenn sich die Ausschüsse konstituieren. Auch in diesem Fall könnte es sein, dass es ebenso wie in der Regierung auch im Parlament keine zentrale Anlaufstelle für das Thema geben wird. So hatte der CDU-Netzpolitiker Thomas Jarzombek bereits eigene Digitalisierungsbeauftragte für jeden Fachausschuss ins Spiel gebracht. Sollte dies so umgesetzt werden, wäre die große Koalition beim Thema Netzpolitik zumindest konsequent.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Das reicht an Kompetenz. Da der Breitbandausbau in den letzten vier Jahren durch...
Ein Minister muss auch keine Ahnung haben, was er dort brabbelt. Der Minister muss nur...
dass Männer ja zu Familie dazugehören und deswegen nicht mit aufgeführt sind. Warum dann...
Deswegen soll auch gedrosselt werden. Kann ja nicht sein, dass die Daten immer fahren...