Netzpolitik: Koalition blockiert vorerst Internetausschuss
Die Freude über den neuen Internetausschuss im Bundestag währte nicht lange. Die Einsetzung des Gremiums wurde auf das kommende Jahr verschoben. Die umstrittene Datenschutzbeauftragte ist hingegen gewählt.

Auf der Liste der 22 Ausschüsse des neu gewählten Bundestags ist der eigentlich vorgesehene Internetausschuss am Donnerstag nicht aufgetaucht. Nach Angaben des SPD-Abgeordneten Gerold Reichenbach soll der Ausschuss erst eingesetzt werden, wenn die Vorbehalte der CSU gegen das Gremium ausgeräumt würden. Dies könne bis zum Februar dauern. Für die Grünen gibt es mit dem Ausschuss ohnehin ein grundsätzliches Problem: Er solle offenbar keine federführende Zuständigkeit für ein netzpolitisches Thema haben, sondern "ausschließlich mitberatend" tätig sein.
Hintergrund für dieses Kompetenzgerangel ist die Tatsache, dass es auf Regierungsseite keine Stelle gibt, die ebenfalls die netzpolitischen Themen bündeln könnte. In der Regel steht jedem Bundesministerium ein Fachausschuss des Bundestages gegenüber. Für den neuen Internetausschuss trifft dies jedoch nicht zu, da die Netzpolitik in der neuen Regierung weiterhin in mehreren Ministerien behandelt wird. Zwar ist das Verkehrsministerium unter Alexander Dobrindt (CSU) in Zukunft auch für die digitale Infrastruktur zuständig, doch werden Datenschutz, IT-Wirtschaft und IT-Sicherheit weiterhin in den Ministerien für Inneres, Justiz und Wirtschaft behandelt.
Bär spricht von Internetminister Dobrindt
Der Grünen-Netzpolitiker Konstantin von Notz kritisierte die große Koalition für diese Entscheidung scharf. "Hier werden auch in Zukunft zahlreiche Ministerien um Zuständigkeiten ringen", schrieb Notz. Den Geburtsfehler des Ausschusses, die fehlende Koordinierung auf Regierungsseite, werde man nun aller Voraussicht nach nicht mehr ohne Weiteres beheben können. Netzpolitisch habe die große Koalition mit dem neuen Ausschuss "gleich einen grandiosen Fehlstart hingelegt". Das neue "netzpolitische Dickschiff" der großen Koalition sei "Leck geschlagen und wurde gleich mal wieder in den Trockendock geschleppt".
Die CSU hält aber an der Auffassung fest, wonach Dobrindt der neue Internetminister ist. Dessen Parlamentarische Staatssekretärin Dorothee Bär sagte zu dem neuen Ausschuss auf Anfrage: "Internet ist eine Querschnittssaufgabe. Wir werden das Thema in den nächsten Jahren voranbringen - vor allem auch mit unserem Internetminister, Alexander Dobrindt."
Voßhoff zur Nachfolgerin Schaars gewählt
Sehr kritisch sieht die Opposition auch die Wahl der neuen Datenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff. Die brandenburgische CDU-Politikerin erhielt am Donnerstag nach Angaben des Bundestags 403 Ja-Stimmen von 587 abgegebenen Stimmen. 151 Abgeordnete stimmten gegen die Wahl, 31 enthielten sich. Damit erhielt Voßhoff etliche Nein-Stimmen von Abgeordneten der großen Koalition. Vor der Wahl hatte die Linksfraktion laut Medienberichten versucht, das Thema von der Tagesordnung zu nehmen. Dies wurde jedoch mit den Stimmen von Union, SPD und Grünen zurückgewiesen. Deutschland brauche dringend einen Datenschutzbeauftragten - "und zwar sofort", sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann zur Ablehnung des Linke-Vorschlages. Dennoch sei die Kandidatin "aus fachlichen Gründen" für das Amt nicht geeignet, twitterte der Grünen-Politiker Notz.
Die Nachfolgerin von Peter Schaar, der nach zehn Jahren Amtszeit nicht wiedergewählt werden konnte, hatte sich in der Vergangenheit mehrfach für die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen und auch Netzsperren befürwortet. Der SPD-Politiker Reichenbach kommentierte die Wahl Voßhoffs mit den Worten: "Ich empfinde diese Entscheidung auch als problematisch. Aber man kann nicht alles haben :-("
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Gleich mal auf dem Radar festhalten: Frau Andrea Voßhoff. Vorher war es Frau Ursula von...
Hat das jetzt wirklich jemanden gewundert, das es besser wird in Deutschland, wenn es...
Ich würde mir wünschen dass so ein Ministeramt mit bestimmte Qualifikationen vor...
Stimmt. Lachen ist aber besser als sich permanent zu ärgern.