Nach EuGH-Urteil: Fragen und Antworten zur Google-Löschung

Nach dem EuGH-Urteil zum Entfernen von Google-Links aus Ergebnislisten herrscht Unklarheit. Golem.de beantwortet die wichtigsten Fragen dazu, wie die Entscheidung umgesetzt werden soll.

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In wenigen Wochen kann ein Antragsformular für Löschungen vorliegen.
In wenigen Wochen kann ein Antragsformular für Löschungen vorliegen. (Bild: google.com/Screenshot: Golem.de)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der vergangenen Woche eine weitreichende Entscheidung zum Umgang mit Suchmaschinen getroffen. Während die meisten Datenschützer und Politiker das Urteil begrüßen, äußern sich IT-Rechtsexperten durchgehend kritisch. Golem.de gibt Antwort auf die wichtigsten Fragen rund um das Urteil.

Was muss Google löschen?

Dem Urteil zufolge muss Google im Einzelfall prüfen, dass die Information über Betroffene "zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr durch eine Ergebnisliste, die im Anschluss an eine anhand ihres Namens durchgeführte Suche angezeigt wird, mit ihrem Namen in Verbindung gebracht wird". Das bedeutet, dass der Link als solcher nicht aus dem Google-Index entfernt werden muss. Es geht lediglich um die Verbindung einer Namenssuche mit einem Beitrag. Im konkreten Fall sollte bei der Eingabe des Namens Mario Costeja González kein Link mehr auf die Anzeige einer Zwangsversteigerung in der spanischen Zeitung La Vanguardia angegeben werden.

Die De-Indizierung dürfte jedoch nur den vollständigen Namen betreffen. Eine Suche mit "González + Zwangsversteigerung" dürfte noch erlaubt sein und ein Ergebnis anzeigen. Rechtsexperten weisen auf die absurde Situation hin, dass im Grunde auch Links zu dem EuGH-Urteil gelöscht werden müssten, sofern darin der Name des Betroffenen und der Hintergrund des Verfahrens, die Zwangsversteigerung, genannt werden. Der EuGH nennt in seinem Urteil selbst den vollständigen Namen des Betroffenen.

Wie kann ich eine Löschanfrage stellen?

Nach Angaben von Google dauert es noch einige Wochen, bis für alle 28 europäischen Länder ein "praktikables Verfahren" eingesetzt werden kann. Bis dahin empfehlen Anwälte, ein Schreiben sowohl per E-Mail als auch per Brief unter dem Betreff "Löschantrag" an Google zu schicken. Im Netz kursieren bereits vorformulierte Löschanträge von Kanzleien. In diesem Fall ist das Schreiben an Googles Deutschland-Zentrale in Hamburg gerichtet. Es sollte neben der zu löschenden URL auch die Gründe nennen, warum das Ergebnis nicht mehr in Verbindung mit dem Namen angezeigt werden soll. Empfohlen wird zudem auch der Nachweis der Identität, beispielsweise per Ausweiskopie, einer Telefonnummer oder einer eidesstattlichen Erklärung.

Nach welchen Kriterien muss Google löschen?

Das ist die große Frage. Der EuGH hat in seinem Urteil festgestellt, dass durch die Tätigkeit von Suchmaschinen die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und Schutz personenbezogener Daten "erheblich beeinträchtigt werden" können. Selbst mit Blick auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwögen in der Regel die Rechte der betroffenen Person. Konkrete Vorgaben machte das Gericht jedoch nicht. Nach Ansicht von Juristen kann selbst die Nennung von Schulabschluss und Studienort so sensibel sein, dass Links aus dem Index entfernt werden müssen. Dabei gelte: "Je älter eine Information ist, umso wahrscheinlicher ist auch, dass sie von Google gelöscht werden muss."

Dem Urteil zufolge muss Google dann löschen, wenn sich herausstellt, "dass die Informationen in Anbetracht aller Umstände des Einzelfalls den Zwecken der in Rede stehenden Verarbeitung durch den Suchmaschinenbetreiber nicht entsprechen, dafür nicht oder nicht mehr erheblich sind oder darüber hinausgehen". Hat eine Person jedoch eine besondere Rolle im öffentlichen Leben, kann dies wiederum gegen eine Löschung sprechen.

Können Politiker und andere Promis ihre Ergebnislisten schönen?

Das dürfte schwierig werden. Die Suchmaschinen müssen bei ihrer Löschentscheidung die "Rolle, die die Person im öffentlichen Leben spielt", mit einbeziehen. Diese könnte den Eingriff in die Grundrechte der Person rechtfertigen, da das "überwiegende Interesse der breiten Öffentlichkeit" an den Informationen gerechtfertigt sei.

Google hat inzwischen bestätigt, dass in Großbritannien ein Politiker Links auf kritische Artikel entfernen lassen wollte. Verfechter der Meinungs- und Informationsfreiheit befürchten, dass Google im Zweifel eher Links entfernen wird als sich auf langwierige Rechtsstreitigkeiten einzulassen. Im genannten Falle dürfte sich Google aber darauf berufen können, dass eine Löschung nicht erforderlich ist. Es wird aber befürchtet, dass angehende Politiker vor einer Kandidatur ihre Ergebnislisten durchkämmen und kompromittierende Links löschen lassen wollen. Dies wäre dem EuGH-Urteil nach möglich.

Wird Google auf die Löschung hinweisen?

Suchmaschinenexperten erwarten, dass Google wie in anderen Fällen auf die Entfernung des Links hinweisen könnte. Es wird sogar nicht ausgeschlossen, dass es Nutzern mit Hilfe des Hinweises möglich sein wird, doch noch die Originalquelle zu finden. Solche Hinweise finden sich bei Google beispielsweise, wenn aus Gründen des Urheberschutzes oder anderen juristischen Gründen bestimmte Seiten nicht angezeigt werden dürfen.

Was passiert, wenn Google die Löschung verweigert?

In diesem Fall verweist der EuGH auf die Regelungen der EU-Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 1995. Die betroffene Person kann sich demnach "an die Kontrollstelle oder das zuständige Gericht wenden, damit diese die erforderlichen Überprüfungen vornehmen und den für die Verarbeitung Verantwortlichen entsprechend anweisen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen", heißt es in dem Urteil. Bei den Kontrollstellen handelt es sich jeweils um die Datenschutzbeauftragten in Bund und Ländern. Im vorliegenden Fall hatte Costeja González von der spanischen Datenschutzbehörde AEPD das Recht auf Löschung zugesprochen bekommen, gegen das Google wiederum vor Gericht geklagt hatte. Das spanische Gericht hatte dem EuGH die Frage zur Klärung vorgelegt.

Sind auch andere Suchmaschinen betroffen?

Ja. Das Urteil bezieht sich nicht nur auf Google, sondern auf Suchmaschinenbetreiber im Allgemeinen, wie beispielsweise Bing, Yahoo und Duckduckgo. Startpage wäre davon nicht betroffen, da die Seite lediglich anonymisierte Google-Ergebnisse liefert.

Kann ich auch die Originalquelle löschen lassen?

Eine Besonderheit des EuGH-Urteils besteht darin, dass Google auch Links aus der Ergebnisliste entfernen muss, die keine falschen Behauptungen enthalten und völlig legale Inhalte verbreiten. Suchmaschinenbetreiber werden damit anders als Medien behandelt, die sich auf die Meinungs- und Pressefreiheit berufen dürfen. Der EuGH stärkte mit seinem Urteil daher nur den Einfluss von Betroffenen auf die Ergebnisliste von Suchmaschinen. Falls es möglich ist, die Originalquelle zum Entfernen von Inhalten zu bewegen, sollte der Link früher oder später auch aus den Suchmaschinen verschwinden.

Gilt das Urteil auch für kostenpflichtige oder andere Datenbanken?

Das Urteil verweist ausdrücklich auf die Besonderheiten von Suchmaschinen, die es ermöglichen, dass die Nutzer "mit der Ergebnisliste einen strukturierten Überblick über die zu der betreffenden Person im Internet zu findenden Informationen erhalten, anhand dessen sie ein mehr oder weniger detailliertes Profil der Person erstellen können". Diese Möglichkeit bieten kostenpflichtige Datenbanken nicht, da sie in der Regel eine regional und thematisch sehr spezielle Datenbasis haben, wobei diese wie im Falle von Genios Hunderte deutscher Tageszeitungen umfassen kann. Kritiker erwarten mit dem Urteil jedoch eine Zwei-Klassen-Informationsgesellschaft, da in den kostenpflichtigen Datenbanken auch noch Informationen enthalten sein könnten, die über Suchmaschinen nicht mehr zu finden sind.

Der Geschäftsführer der Gesetzes- und Urteilsdatenbank Dejure.org erhielt bereits eine Anfrage, ob ein Name aus einem Gerichtsurteil gelöscht werden könne. Die Seite wies das Ansinnen mit dem Argument zurück, dass spezialisierte Suchmaschinen von dem EuGH-Urteil nicht betroffen seien. "Unabhängig davon, ob Sie gegenüber Google durchsetzen, dass bei einer Suche nach Ihrem Namen Dejure.org nicht mehr in den dortigen Suchergebnissen erscheint, legen wir Wert darauf, unseren Nutzern den Zugang zu EuGH-Entscheidungen auch mit ihrem amtlichen Titel anbieten zu können", schrieb der Geschäftsführer. Erschwert wird eine Entfernung von Namen aus Gerichtsurteilen auch deshalb, weil das Urteil häufig unter dem Namen der Person zitiert wird.

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November1 02. Jul 2014

ich versuche seit 25.5.2014 mit zick Anschreiben und Löschungsformulare gemä...

lord.dodoka 22. Mai 2014

@elgooG: Stimme ich voll und ganz zu! Die Leute die darüber entscheiden haben die Sache...

sedremier 22. Mai 2014

Google muss die links entfernen... Die eigene Suche aber nicht, weil man ja sonst nichts...

fesfrank 21. Mai 2014

und dann, für was soll das gut sein ????



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