Konkurrenz der Dotcom-Gewinner
Eigentlich dürfte es ja gar keinen Streit geben. Wenn die beiden auf den jeweils anderen angesprochen werden, geben sie sich meist friedlich und betonen sogar die Gemeinsamkeiten. "Große Industrien bestehen nie aus einem einzigen Unternehmen. Es gibt genug Platz im Weltraum für eine ganze Menge Champions", antwortete Bezos auf die Frage nach seinem Konkurrenten. Und dem einflussreichen Tech-Journalisten Walter Mossberg erklärte Musk bei der Code-Konferenz [2016, Anm. d. Red.]: "Ich denke, wir haben einige ähnliche Meinungen. Wir beide, Jeff und ich, glauben, dass es für die Zukunft wichtig sei, eine raumfahrende Zivilisation zu sein und am Ende zu den Sternen zu fahren."
Nur einen Tag zuvor hatte Jeff Bezos auf dem gleichen Stuhl gesessen und erklärt: "Wir haben sehr ähnliche Dinge im Sinn. Ich kenne ihn, wir sind in vielen Dingen gleich gesinnt." Bezos schob allerdings sogleich eine Einschränkung hinterher. "Aber wir sind nicht konzeptionelle Zwillinge. Eines der Dinge, die ich machen möchte, ist, zum Mars zu reisen. Das ist für mich jedoch nur ein Ziel. Für ihn ist es eines seiner Hauptziele." Und dann kam doch noch so etwas wie Kritik.
"Außerdem, die Idee eines Plan B ist für mich nicht besonders motivierend. Es ist nicht falsch. Grundsätzlich finde ich es gut, dass es unterschiedliche Beweggründe gibt. Doch ich möchte keinen Plan B für die Erde. Ich möchte einen Plan B, damit Plan A funktioniert. Ich glaube, er reist in den Raum, um die Erde zu retten. Aber wir kennen das Sonnensystem, wir haben Sonden ins gesamte Sonnensystem geschickt. Seien Sie versichert, dies ist der beste Planet! Ich bin selten von etwas so überzeugt wie davon. Wir müssen ihn beschützen. Und dafür müssen wir in den Raum gehen."
Damit hatte er Musk etwas unterstellt, was dieser am nächsten Tag vehement abstreiten würde. Der arme Walter Mossberg. Der Profi, der schon Interviews mit so schwierigen Charakteren wie Steve Jobs managte, wurde am Tag darauf zwischen den Feinheiten der Visionen und den Implikationen zweier zeitversetzter Interviews zerrieben, als er Musk zusammen mit seiner Kollegin Kara Swisher befragte.
Walter Mossberg: "Glauben Sie, wir sollten die Erde irgendwann verlassen?
Musk: "Nein, nein, ich denke, sie ist großartig, warum sollten wir die Erde verlassen, es ist wirklich schön hier!
Walter Mossberg: "Aber Sie haben gesagt, dass wir möglicherweise die Erde verlassen müssen, daher sei es gut, einen Plan B zu haben.
Musk: "Nein, das war ich nicht!
Kara Swisher: "Nein, das war Bezos.
Musk: "Das war, ... ich denke, das war vielleicht Jeff. Ich weiß nicht, ich war es nicht.
Mossberg hatte sich auf die Aussage von Bezos gestützt, ohne dies zu sagen. Doch anstatt nun auf Bezos zu verweisen, wechselte er das Thema. Schade, es wäre interessant gewesen, was Musk dazu gesagt hätte.
So absurd diese Episode sein mag, der Konflikt der beiden liegt sicher nicht in marginal unterschiedlichen Zukunftsvorstellungen und Zielen oder dem Weg, der zu ihnen führen könnte. Dazu sind sie davon noch zu weit entfernt. Viel gravierender ist die konkrete wirtschaftliche Konkurrenz im Hier und Jetzt.
Falcon vs. New Glenn
Die Unternehmen beider Männer arbeiten an Raketen ähnlicher Größe und Technik. Musk hat mit SpaceX die Falcon-Reihe entwickelt: die kleine Falcon 1, die mittelschwere Falcon 9 und die Falcon Heavy, ein sogenannter Heavy Lifter, eine Schwerlastrakete. Und Bezos baut mit seinem Unternehmen Blue Origin an der einstufigen kleinen New Shepard und der großen dreistufigen New Glenn, ebenfalls für schwere Lasten.
Das hat dazu geführt, dass sie ähnliche Fachkräfte für deren Entwicklung brauchen. Laut Musks Biografen Ashlee Vance beklagte sich Musk bereits, dass Bezos ihm wertvolle Leute abwerbe. Vance erzählt in seiner erstklassig geschriebenen Biografie: "Er schnappte sich Ray Miryekta, einen der weltweit besten Experten für Reibrührschweißen [eine besonders anspruchsvolle Technik, dünne Metalle zu verschweißen, Anm. des Autors], was zu einem größeren Streit mit Musk führte. 'Jeff hat Ray eingestellt und es dann tatsächlich gewagt, Patente für Arbeiten anzumelden, die er bei SpaceX erledigt hat', sagt Musk. 'Blue Origin macht gern diese chirurgischen Schnitte, um spezialisierte Experten zu sich zu holen, und bietet ihnen etwa das doppelte Gehalt.'" Musk habe indessen einen E-Mail-Filter installiert, der die Begriffe "Blue" und "Origin" aussiebe, berichtet Vance, um zu verhindern, dass noch mehr Leute abgeworben werden.
Das Erstaunliche an dieser Auseinandersetzung ist vielleicht gar nicht, dass sie zwischen den Unternehmern Musk und Bezos stattfindet. Angesichts der ähnlichen Produkte musste es fast zwangsläufig zu einer unternehmerischen Rivalität kommen, ungeachtet aller gemeinsamen Träume. Überraschend ist eher, dass ein Mann wie Elon Musk daran beteiligt ist.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Musk vs. Bezos: Das Duell der Raketenbauer | Elon Musk: Erst Internet-Guy, dann Transport-Guy |
Respekt teenriot*, bin total bei dir. Und habe gerade schon beim lesen der ganzen anderen...
Um mal kurz eine Lanze für Einstein zu brechen: O.g. Vertrag ist entstanden nachdem...
Interessant ist vor allem, dass Kommunismus immer grausam und brutal sein muss. Als wäre...
Dafür wäre doch die InSight-Mission im Mai eine gute Gelegenheit gewesen!
Danke +1