Monster Hunter Wilds im Test: Nur würdige Gegner - und ein pupsender Affe

Wir sind Jäger! Furcht ist uns fremd, stolz legen wir uns mit den ekligsten Echsen, den bösesten Bären und den dämlichsten Drachen an! Was uns in Monster Hunter Wilds allerdings trotz allen Heldenmuts aus der Fassung bringt: Als wir über einen riesigen Affen stolpern - und der uns zur Begrüßung frech ins Gesicht pupst!
Wir klagen hier keineswegs nur über ein laues Lüftchen, schön wärs ... Stattdessen haben die Fäkalgase ungefähr das Aussehen und die Größe eines mittleren Sandsturms.
Natürlich handelt es sich nicht um einen normalen Affen, sondern um ein viele Meter großes Monster der Gattung Congalala - der ein oder andere Spieler kennt die Spezies vielleicht noch aus Monster Hunter 2.
Das neue Monster Hunter schickt uns als Mitglied eines Teams namens Avis Unit in das verbotene Land. Eigentlich gibt es dort keine Menschen, trotzdem lernen wir gleich im Intro den kleinen Jungen Nata kennen. Der musste unter mysteriösen Umständen aus seinem Dorf fliehen, das von einem Monster angegriffen wurde.
Was es damit auf sich hat, finden wir innerhalb der rund 20 Stunden langen Kampagne heraus. Die besteht aus einer Reihe von Kämpfen gegen immer mächtigere Riesenbestien.
Dazu kommen lange und teils spektakulär inszenierte Zwischensequenzen in der Engine und längere Gespräche mit anderen Figuren, darunter mit der Schmiedin Gemma und unserer Anführerin Alma.
Ebenfalls fast immer in unserer Nähe ist unser Palico, einer der schon aus den Vorgängern bekannten Katzenbegleiter. Und vor allem sind wir uns unterwegs mit unserem neuen Reittier Saikrii - große Vögel, die an eine Mischung aus Velociraptoren und Chocobo aus Final Fantasy erinnern.











Die Saikrii dienen nicht nur der Fortbewegung von A nach B und der Verfolgung von flüchtenden Monstern. Auch im Kampf sind sie eine enorme Hilfe: Wir können uns etwa mit einer Distanzwaffe auf sie setzen und dann halbautomatisch um ein Monster herumreiten, um es unter Beschuss zu nehmen.
Wenn wir doch mal heruntergestoßen werden, genügt ein Tastendruck, und unser Saikrii rast zu uns, wirft uns auf seinen Rücken und trabt mit uns in Sicherheit. Auf diese Weise können wir oft den zweiten oder dritten direkten Treffer des aktuellen Monsters vermeiden und unser Leben retten.
Eine der größeren Neuerungen in Monster Hunter Wilds hängt ebenfalls an den Saikrii, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: eine Zweitwaffe. Die können wir jederzeit in den Gefechten auswählen, müssen uns dazu aber wenigstens kurz auf das Reittier schwingen. Dann folgt der Wechsel des Kampfgeräts, anschließend können wir wieder absteigen.
In Wilds gibt es die gleichen 14 Waffen wie im Vorgänger World, auch das ikonische Großschwert ist wieder mit dabei. Dazu kommen unterschiedliche schnelle und mächtige Klingen sowie Kanonen für Distanzangriffe.
Einsteiger erhalten in einem Dialog mit Alma kurz nach dem Start ein wenig Hilfe bei der Auswahl, später kann man aber jederzeit wechseln. Der Umgang mit den massiv aufrüstbaren und komplexen Waffen ist ein wesentliches Element in Monster Hunter Wilds.
Zum Experimentieren gibt es eine Trainingsarena, in der wir ohne die Gefahr von medizinischen Notfällen und ohne Ressourcenverbrauch ballern und schnetzeln dürfen. Allerdings treten wir in der Arena nicht gegen Monster an, sondern schlicht gegen Holzfässer.
Riesenmonster und halboffene Umgebungen
Ob wir in Sachen Kampf ausreichend wettbewerbsfähig sind, erfahren wir natürlich erst in den Auseinandersetzungen gegen die echten Riesenbestien.
Gleich im interaktiven Intro haben wir es mit den an Sandwürmer erinnernden Balahara zu tun, unser erster richtiger Feind ist ein Riesenfrosch der Gattung Chatacabra.
Die Kreatur greift mit einer besonders langen Zunge an, außerdem verfügt sie über einen extrem dicken Panzer.
Aber selbst wenn der Kampf eine Zeitlang dauert und mit Flucht und Angriffen von weiteren Monstern wunderbar dramatisch verläuft: Gegen die späteren Auseinandersetzungen ist dieses erste Duell eher ein Kindergeburtstag.
Schon der recht bald folgende Affe Congalala verfügt über ein paar Spezialangriffe, und die Monster im späteren Verlauf der Kampagne legen hier noch sehr viele Schippen drauf. Wir müssen dann etwa die richtigen Zauber und Tränke verwenden, um Lähmungen oder Wasserrüstungen zu kontern.
Mehrere Monster müssen wir mit den bekannten Dung-Attacken auseinandertreiben und dann möglicherweise noch besondere physische Attacken nutzen - unter Umständen mit einer besonders ausgerüsteten Waffe. Die Sache wird also recht taktisch, wir müssen genau darauf achten, welche Stärken und Schwächen die Gegner haben.
Timing und perfekte Ausweichmanöver sind wichtig, aber hier verzeiht Monster Hunter etwas mehr als etwa ein Elden Ring. Das gilt natürlich erst recht im Koop mit anderen menschlichen Helden, aber auch Solospieler können sich das Leben leichter machen - obwohl es nur eine Schwierigkeitsstufe gibt.











Konkret läuft das über das in jedem Kampf per Menü verfügbare Not-Leuchtsignal, das drei computergesteuerte Krieger herbeiruft. Das geht einfach immer, ohne dass wir dafür Ressourcen sammeln müssten oder irgendwelche Nachteile erleiden.
Die KI-Unterstützer lenken das Monster auf sich, verwenden teils fortgeschrittene Taktiken wie Blitzfallen und teilen massiv Schadenspunkte aus; um ihr Überleben müssen wir uns gar nicht kümmern. Ungefähr die erste Hälfte der großen Kämpfe wird dadurch auch für Einsteiger fast zu einfach, dann zieht der Schwierigkeitsgrad wegen der genannten zusätzlichen Komplexität an.
Die ersten paar Missionen absolvieren wir in serientypischen Wüstenumgebungen, dann geht es aber auch in Wälder und an Seen. Schick: Es gibt einige toll gemachte Spezialmomente, in denen vertraute Orte plötzlich sehr anders aussehen - mehr verraten wir hier nicht.
Wilds bietet zwar eine halboffene Welt, tatsächlich fühlt sich das Spiel aber recht schlauchig an. Ein Grund: Unser Reittier galoppiert automatisch zum nächsten Einsatzziel. Wir können zwar manuell steuern, aber das ergibt meist keinen Sinn, weil wir die komplexen Wege über Klippen und Felsen nicht hinkriegen.
Zwischen den Missionen können wir immerhin nach Lust und Laune in den Ebenen auf die Jagd gehen, Rohstoffe und Extras sammeln und schlicht die Gegend erkunden - echte Nebenquests bekommen wir dort aber nicht.
Die Technik auf Basis der RE Engine von Capcom(öffnet im neuen Fenster) macht einen minimal durchwachsenen Eindruck. Wilds sieht oft spektakulär aus, es gibt aber auch Stellen mit sehr künstlicher Beleuchtung und groben Texturen. Auf Konsolen haben wir die Wahl zwischen Leistungs- und Qualitätsmodus, in beiden war die Bildrate auf der Playstation-5-Pro- und auf der Standard-PS5 stabil.
Größere Fehler sind uns nicht aufgefallen, allerdings gibt es in den Kämpfen zwischen uns und den Monstern keine echte Kollisionsabfrage, wir tauchen regelrecht in die Biester ein - was aber wohl eher Feature denn Bug ist, weil die Steuerung sonst massiv erschwert würde.
Neben dem Solomodus gibt es einen nahtlos integrierten Multiplayer über Lobbys mit jeweils bis zu rund 100 Personen. Mit bis zu drei weiteren Huntern können wir gemeinsam zur Jagd aufbrechen.
Es gibt keinen lokalen Multiplayer, private Sessions sind aber online möglich. Crossplay ist verfügbar - und im Optionsmenü deaktivierbar. Mikrotransaktionen sind nicht enthalten. Für Multiplayer auf Konsolen ist eine Mitgliedschaft bei Xbox Game Pass Core oder bei Playstation Plus Essential nötig.
Monster Hunter Wilds: Verfügbarkeit und Fazit
Monster Hunter Wilds erscheint am 28. Februar 2025 für Windows-PC (nur Steam), Xbox Series X/S und Playstation 5. Über Steam kann man einen kostenlosen Benchmark(öffnet im neuen Fenster) (rund 25 GByte) herunterladen, um die Darstellung des Spiels auf seinem Rechner zu überprüfen.
Bildschirmtexte und Sprachausgabe gibt es unter anderem auf Deutsch, Englisch und Japanisch. Die deutsche Sprachausgabe finden wir insgesamt gelungen. Die USK hat eine Freigabe ab 12 Jahren erteilt.
Fazit
Wilds bietet die gleiche faszinierende Kombination aus Jagd und Kampf wie die Monster Hunter davor. Wieder ist jede Schlacht gegen die fantastisch animierten Riesenbestien eine Herausforderung, der wir uns gerne stellen - auch wenn es gegen einen pupsenden Affen geht.
Besonders beeindruckend finden wir, wie glaubwürdig viele der Kreaturen wirken. Spätestens wenn sich vor unseren Augen mehrere Monster an die Kehlen gehen, haben wir das Gefühl, uns innerhalb eines stimmigen Ökosystems zu bewegen.
Die Änderungen gegenüber den Vorgängern finden wir sinnvoll. Der Waffenwechsel etwa sorgt für Abwechslung und gegen spätere und stärkere Bestien für mehr taktische Optionen. Das Trefferfeedback wurde seit der Beta verbessert, hier wäre aber noch etwas mehr Feintuning wünschenswert.
Das SOS-Notfallsystem mit den computergesteuerten Helfern für Solisten klappt fast schon zu gut, Singleplayer müssen jedenfalls nicht mit grundsätzlichen Problemen rechnen. Wer ständig die KI-Kollegen mitkämpfen lässt, kann sich vor allem in der Kampagnenmitte sogar unterfordert fühlen. Später wird es in jedem Fall knackig schwer - aber fair.
Die neuen Reittiere Saikrii lieben wir geradezu, hoffentlich gibt es die auch in künftigen Teilen. Und die offenen Umgebungen halten genau das richtige Gleichgewicht zwischen Bewegungsfreiheit und sinnvoller Beschränkung der Fläche.
Auch die Handlung ist ganz in Ordnung. Es gibt viel Mysterium und Geheimnis, uns hat das Schicksal des kleinen Nata und der anderen Figuren zum Weiterspielen motiviert. Allerdings fühlen wir uns stellenweise sehr als Nebenfigur, was wir im Grunde ja auch sind.











Insgesamt hat es Capcom geschafft, Wilds noch etwas zugänglicher als den Vorgänger World zu gestalten. Allerdings ist das sehr relativ: Wer klassische Action wie Horizon Zero Dawn gewohnt ist, dürfte angesichts des unübersichtlichen Inventars und der verworrenen Aufrüstpfade am liebsten die Flucht vor Wilds ergreifen wollen.
Das Problem ist weniger, dass man wirklich überfordert würde, sondern dass es so viele unübersichtliche Elemente gibt. Und dass man relativ lange braucht, um herauszufinden, welche Extras wie funktionieren und was man erstmal ignorieren kann, um trotzdem ein erfolgreicher Jäger zu werden.
Wir raten dennoch alten und neuen Spielern, den vielen wunderbaren großen und kleinen Bestien im verbotenen Land eine Chance zu geben. Für uns ist Wilds das bisher beste Monster Hunter!



