Mondmission: Russlands und Indiens Mondrennen und die Kür einer Landung

Der Mond ist derzeit das Ziel vieler Raumfahrtmissionen. Zwei Nationen liefern sich gerade ein Wettrennen um die nächste Mondlandung. Indien hatte seine Mondmission Chandrayaan 3 am 14. Juli 2023 gestartet . Am 5. August schwenkte das Raumfahrzeug in die Mondumlaufbahn ein. Am 10. August startete die russische Mondmission Luna 25 vom neuen Weltraumbahnhof der Nation, dem Kosmodrom Wostotschny im Osten des Landes. Die Mondumlaufbahn wurde am 16. August erreicht.
Beide Raumfahrtnationen hatten bereits Aufnahmen aus dem Weltraum von ihren Raumfahrzeugen gemacht. Indien veröffentlichte seine Bilder am 6. August , Russland am 14. August . Der ursprüngliche Plan sah vor, dass beide Missionen am 23. August 2023 auf dem Mond landen sollten. Damit wäre es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen beiden Nationen.
Für Russland wäre es die erste sanfte und damit erfolgreiche Mondlandung seit 47 Jahren (Luna 24 im Jahr 1976). Für Indien wäre es die erste erfolgreiche Landung - falls alles nach Plan verläuft. Der letzte Landeversuch ist nur wenige Jahre her. 2019 scheiterte die Chandrayaan-2-Mission beim Versuch zu landen.
Wer wird zuerst auf dem Mond landen? Russland oder Indien?
Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos hat damit nur scheinbar die besseren Ausgangskarten. Immerhin verging fast ein halbes Jahrhundert seit der letzten russischen (damals noch sowjetischen) Mondmission. Im Klartext heißt das: Ingenieure und Techniker der erfolgreichen Mondlandeversuche sind in Rente gegangen. Die Technik hat sich verändert. Und im Gegensatz zu Indien konnte Russland noch nicht aus den neusten Fehlern lernen. Zu diesem Zeitpunkt sieht es aus, als seien beide Nationen gleichauf im Rennen zum Mond.
Die indische Mondmission(öffnet im neuen Fenster) will ihren Landeanflug am 23. August bei Sonnenaufgang auf dem Mond vollziehen. Sollte es zu Komplikationen sollte, kann die indische Raumfahrtbehörde Isro die Mission um 28 Tage verschieben. Dadurch könnten die vollen 14 Erdtage eines Mondtages genutzt werden. Das Landemodul und der mitgeführte Rover sind nämlich nicht für die kalten Mondnächte ausgelegt. Hier gibt es ausführliche Berichte zur indischen Chandrayaan-3-Mission sowie zur russischen Mondmission .




Luna 25 könnte bereits ab dem 20. August auf der Mondvorderseite nördlich des Boguslawsky-Kraters landen. Da diese Region weiter östlich liegt als der Landeort von Chandrayaan 3, wird die Sonne dort früher aufgehen. Zudem ist die Mission auch für die kalten Mondnächte ausgelegt und soll ein Jahr im Weltraum operieren.
Demnach könnte Russland noch vor Indien auf der Mondoberfläche landen. Ob eine der beiden Mission oder sogar beide eine erfolgreiche Landung hinlegen, wird sich zeigen. Denn eine Landung auf einem anderen Himmelskörper ist alles andere als leicht. Zu diesem Schluss kommt ein südkoreanisches Forschungsteam(öffnet im neuen Fenster) .
Warum eine Mondlandung alles andere als einfach ist
Um zu verstehen, dass eine Landung auf einem fremden Himmelskörper wie dem Mond, dem Mars oder auf einem Asteroiden kompliziert ist, reicht es, einen Blick auf die Erde zu werfen: Wenn ein Flugzeug am Flughafen landet, dann sind die Böden eben, es gibt keine Steine oder Unebenheiten, die einfach auf der Landestrecke liegen. Bei einer Notlandung sieht das anders aus: Das Terrain ist unbekannt, uneben, uneinsichtig. Selbst bei einer sicheren Notlandung nimmt das Flugzeug oftmals Schaden.
Viel anders ist es auf einem anderen Himmelskörper nicht. Hier gibt es keine planierten Landebahnen. Im Gegensatz zum Flugzeug steigt die Landefähre jedoch senkrecht ab. Die Düsen des Raumfahrzeugs wirbeln damit ganz schön viel Staub auf und die Abgasfahne der Triebwerke verursacht Erosion - diese wirbeln Staub beziehungsweise Regolithpartikel auf.

Die daraus resultierende Staubdecke kann zu einem gefährlichen Brown-out-Effekt führen, der die Sicht einschränkt und möglicherweise das Raumfahrzeug oder nahegelegene Geräte beschädigt. Und mit so einem Brown-out, also der Abschaltung einzelner Systeme, muss immer gerechnet werden. Die üblichen Ursachen dafür sind leer werdende Batterien und der normale Ausschaltvorgang, wenn in der Stromversorgung ein größerer Kondensator ist. Während des Landeanflugs ist das nicht gerade hilfreich.
Ein Modell berechnet den Verlauf einer Mondlandung in ihrer letzten Phase
Das Forschungsteam hat ein Modell entwickelt, das die Wechselwirkung zwischen einem Raketenschweif und der Oberfläche eines planetarischen Körpers unter vakuumnahen Bedingungen beschreibt. Damit können Vorhersagen über Partikelbahnen getroffen werden - was für zukünftige Missionen ein praktisches Tool sein kann.
"Das Verständnis der Wechselwirkung zwischen dem Raketenschweif und der Oberfläche ist wichtig für die Sicherheit und den Erfolg von Weltraummissionen" , erklärt Byoung Jae Kim von der Chungnam National University in einer Pressemitteilung(öffnet im neuen Fenster) . Er ist einer der Autoren der Studie.
Für ihre Berechnungen hat die Forschungsgruppe die Genauigkeit der Landung, das technische Design des Landemoduls, die Kontamination und Erosion, den Schutz des Planeten und das wissenschaftliche Verständnis für die künftige Erforschung des fremden Himmelskörpers berücksichtigt. Mithilfe einer Simulation wird die Größe und Form der entstehenden Wolke berechnet und welche Auswirkungen sie auf ihre Umgebung hat: Wie entwickelt sich der Druck und die Temperatur in der Wolke? Welche Temperaturen und welcher Druck wirken auf den Landeplatz ein? Zudem kann durch die Simulation die Menge des erodierten oder verdrängten Materials bestimmt werden.
Mit ihrem Ergebnis zeigt das Forschungsteam, dass kleine Regolithpartikel große Höhen erreichen und während des Auf- und Abstiegs schwere Brown-out-Effekte verursachten. Größere Partikel führen dagegen mit größerer Schichthöhe zu einem günstigeren Brown-out-Status.
Das Team will sein System weiter verfeinern, damit auch komplexere physikalische Prozesse wie chemische Reaktionen und Kollisionen von Feststoffteilchen einbezogen werden können. Für zukünftige Missionen könnte dies tatsächlich für die Entwicklung der Triebwerke oder bei der Auswahl des Landeortes ein nützliches Tool sein. Bei den jetzigen beiden Mondmissionen, Luna 25 und Chandrayaan 3, wird sich zeigen, ob die Landung glückt und wer wann auf dem Mond landet.
Zur Studie
Die Studie wurde am 25. April 2023 im Fachmagazin Physics of Fluids veröffentlicht: Full continuum approach for simulating plume-surface interaction in planetary landings(öffnet im neuen Fenster) .



