Wie Protest vereinnahmt und Ideale gebrochen werden
Einer der offensichtlichsten Momente zum Verständnis, wie sich die Konflikte der veränderten Geschichte verschoben haben, passiert im Film schon früh. Momo schafft es, ihre besten Freunde für eine Demonstration durch die Stadt zu mobilisieren.
Laut protestieren die Kinder gegen das Großunternehmen der Grauen, fordern alle dazu auf, deren Armbänder abzulegen. Ebenso wie im Buch schaffen die Schurken es schnell, das Aufbegehren zu beenden, in der neuen Version allerdings per Charme-Offensive der PR-Abteilung.
Der Konzern lobt die kleinen Demonstranten für ihre Zivilcourage und versucht sich mit deren Revolutionsgedanken medial zu schmücken. Momos bester Freund Gino (Araloyin Oshunremi), der immer Geschichtenerzähler werden wollte und somit Gigi aus dem Original entspricht, kann dem Angebot nicht widerstehen, als Social-Media-Creator in den Kanälen der Firma groß rauszukommen. Später wird er tatsächlich ein Superstar, aber konzerngesteuert und seelenlos.
Heranwachsenden im Kino zu zeigen, wie verlockend es sein kann, in einer solchen Situation die eigenen Werte zu verraten, und wie standhaft ein idealistischer Widerstand bleiben muss, um nicht von innen heraus geschluckt zu werden, finden wir in Zeiten des wiedererstarkendem Faschismus wirklich wichtig. Momo hätte vieles davon gern noch detaillierter zeigen können – doch was der Film thematisch aufgreift, wird zumindest stets zu klaren, für alle Altersklassen verständlichen Aussagen enwickelt.
Weil die aktuelle Momo-Umsetzung in diesen Punkten so gut ist, ist es nicht schlimm, dass die Geschichte wie ein vorhersehbares Fantasy-Movie endet. Momo besucht wie im Buch den Zeithüter Meister Hora (Martin Freeman) in seinem Nirgendhaus aus der Niemalsgasse. Sie trifft die Schildkröte Kassiopeia, die per Text auf ihrem Panzer kommunizieren kann.
Der gemeinsame Kampf gegen die grauen Leute hat dann wieder etwas mehr von Harry Potter, während das Geschehen vorher an eine Mischung aus Equilibrium und In Time(öffnet im neuen Fenster) erinnerte.
Kann nur Zauberei uns retten?
Zwar mag Magie kein realitätswirksamer Lösungsansatz gegen Faschismus und übergriffige Großkonzerne sein, dafür lässt die märchenhafte Fiktion unsere Jüngsten immerhin nicht mit einem Gefühl völliger Ausweglosigkeit zurück. Von daher ist das herbeigezauberte Happy End des Films in Ordnung. Aus Kindersicht kann Momo mit ihren Werten, der unbeugsamen Entschlossenheit einer Heldin, als Vorbild inspirieren – darauf kommt es hier am meisten an.










Die im Original englischsprachige Produktion von Rat Pack und Constantin Film schafft es, das alles als Mix aus Sci-Fi und Fantasy ordentlich bis gut auf die Leinwand zu bringen, ohne visuell zu brillieren. Als toller Realschauplatz(öffnet im neuen Fenster) macht das echte Amphitheater von Pula(öffnet im neuen Fenster) in Kroatien am meisten her. Und Kassiopeia gab es als Schildkröten-Animatronic wirklich am Set.



