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Mobilfunk: Eine Woche in Deutschland im Funkloch

Mobilfunklöcher erwartet man im Jahr 2016 eher in Wüsten oder auf hoher See. Wir wollten wissen, wie es sich eine Woche lang in einem Funkloch mitten in Deutschland lebt, und warum es so etwas noch gibt.
/ Achim Sawall
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Im Ferienpark Thüringer Wald (Bild: Achim Sawall/Golem.de)
Im Ferienpark Thüringer Wald Bild: Achim Sawall/Golem.de

Laut Bundesnetzagentur liegt die LTE-Abdeckung in Deutschland bei bis zu 90 Prozent. Doch an bestimmten Orten gibt es seit Jahren fast keine stabile Mobilfunkversorgung, etwa auf einem gut besuchten Campingplatz, dem Ferienpark Thüringer Wald(öffnet im neuen Fenster) im Truckenthal in Schalkau. Der Platz ist wunderschön in einem Tal gelegen. Man kann dort zelten, sich eine Hütte mieten oder ein Zimmer in einem der Häuser bewohnen.

Im aktuellen Jahresbericht der Bundesnetzagentur hieß es dagegen: "Der LTE-Ausbau schritt zügig voran. Ende 2015 betrug die Zahl der LTE-Basisstationen 38.800 (2014: 28.700). Die Deutsche Telekom erreichte Ende 2015 eine auf Einwohnerinnen und Einwohner bezogene LTE-Netzabdeckung von 90 Prozent, Vodafone von 84 Prozent und Telefónica Germany von 75 Prozent." 75 bis 90 Prozent sind gut, wenn man nicht ausgerechnet in einem der Gebiete ohne Netzabdeckung landet.

Netztest im Tal

Wir haben im August 2016 eine Woche in dem Ferienpark Thüringer Wald, wo die Versorgung sehr schlecht ist, bewusst versucht, im Mobilfunknetz der Telekom und der Telefónica zu kommunizieren. Das Ergebnis war nervtötend, denn auch im Urlaub wollen Menschen nicht nur die Ruhe und die schöne Natur genießen, sondern auch Fotos austauschen, und manchmal auch arbeiten. Das WLAN im Haupthaus des Ferienparks ist per Satellit angebunden und sehr schnell überlastet.

Die Kommunikation im besten Netz Deutschland, wie die Telekom ihres rühmt, war im Truckenthal immer nur kurz möglich. Länger als eine Stunde konnten wir am Notebook mit SIM-Karte nicht durchgehend E-Mails empfangen oder im Web arbeiten, dann brach die Verbindung immer ab. Manchmal schon nach wenigen Minuten. Zudem war die Datenrate sehr niedrig. Wegen der instabilen Versorgung war Windows 10 dann irgendwann nicht mehr in der Lage, sich in das Telekom-Netz einzuwählen, und musste neu gestartet werden.

Neustart für Whatsapp-Nutzung

Auch am Smartphone im Netz der Telefónica erging es uns nicht besser. Auch hier wechselte das Netz ständig zwischen nicht vorhanden, 2G oder 3G und 4G mit einem Balken. Die Übertragung eines Fotos in Whatsapp konnte die ganze Nacht dauern, selten genügten auch mal zwei Stunden. Nicht getestet haben wir das Netz von Vodafone. Auch hier half bisweilen ein Neustart des Android-Betriebssystems.

Mit dem Problem waren wir nicht allein: Überall sah man Urlauber, die ihr Smartphone in die Höhe hielten, um das Netz zu finden, für dessen Nutzung sie bezahlen. An einem großen Stein traf man sich, weil dort "öfters mal Netz war" .

Gewinninteresse vor Versorgung

Telekom-Sprecherin Stefanie Halle sagte Golem.de: "Aktuell ist in dem Gebiet kein weiterer Ausbau geplant. Gerade die Nutzung auf Campingplätzen ist über das Jahr nicht konstant. In Spitzenzeiten wie in den Ferien kann die Auslastung der Funkzellen kurzfristig sehr hoch sein."

Laut Vodafone sollten die Stationen in der angegebenen Region mindestens LTE Outdoor abdecken. Allerdings gebe es "einen Bereich, der geografisch bedingt im Taleinschnitt derzeit nicht komplett versorgt ist. Die Nachrüstung der Station am Bleßberg ist in der Planung, einen genauen Zeitraum für die Umsetzung können wir noch nicht nennen" .

Die Telefónica hat Golem.de trotz mehrmaliger Anfragen nicht geantwortet.

Ein Mobilfunkausrüster sagte Golem.de, dass an einem Antennenstandort ständig 250 Teilnehmer aktiv sein müssten, damit die Aufstellung für den Netzbetreiber Gewinn bringt. Daher gebe es in Deutschland immer noch Funklöcher. Doch im Ferienpark Thüringer Wald waren allein beim Waldfest am 6. August nach Angaben der Veranstalter über 1.200 Menschen. Zudem wird mitten auf dem Gelände mit dem " Haus der Solidarität(öffnet im neuen Fenster) " eine selbstverwaltete Flüchtlingsunterkunft errichtet, wo ständig Bauarbeiter und ehrenamtliche Helfer sind. Grund genug für die Netzbetreiber, ihre Ausbaupläne zu überdenken.


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