Mitgliederentscheid: Netzpolitikerin Esken wird SPD-Chefin

Die Informatikerin Saskia Esken und der frühere NRW-Minister Norbert Walter-Borjans sollen künftig die SPD führen. Das stärkt die Netzpolitik in der SPD, könnte aber ein Ende der großen Koalition im Bund bedeuten.

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Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken sollen künftig die SPD führen.
Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken sollen künftig die SPD führen. (Bild: Fabrizio Bensch/Reuters)

Die Bundestagsabgeordnete und Netzpolitikerin Saskia Esken soll zusammen mit dem früheren nordrhein-westfälischen Finanzminister Norbert Walter-Borjans die neue SPD-Spitze bilden. Das Kandidatenduo habe sich in einem Mitgliederentscheid gegen Bundesfinanzminister Olaf Scholz und die brandenburgische Landespolitikerin Klara Geywitz durchgesetzt, teilte die SPD am 30. November 2019 mit. Esken und Walter-Borjans sollen auf einem Parteitag am kommenden Wochenende in Berlin offiziell zu Vorsitzenden gewählt werden.

Die aus Baden-Württemberg stammende Esken ist staatlich geprüfte Informatikerin und hat mit ihrem Einzug in den Bundestag im Jahr 2013 einen Schwerpunkt auf netzpolitische Themen gelegt. Sie gehört in dieser Legislaturperiode wieder dem Ausschuss Digitale Agenda an und ist Mitglied in der Enquetekommission Künstliche Intelligenz.

Gegen Vorratsdatenspeicherung und für Verschlüsselung

Die 58-Jährige vertritt netzpolitische Positionen, die sie in ihrer Fraktion und Partei häufig nicht durchsetzen konnte. So hielt sie beispielsweise das Leistungsschutzrecht für Presseverleger generell für falsch, weil es zum einen sein Ziel verfehle "und zum anderen mit erheblichen Kollateralschäden verbunden ist".

Vor einem Jahr unterstützte sie im Bundestag den Vorschlag des in der vergangenen Woche gestorbenen FDP-Abgeordneten Jimmy Schulz für ein Recht auf Verschlüsselung. Ihrer Ansicht nach ist ein Recht auf Verschlüsselung "unerlässlich, und zwar ohne Hintertüren oder Zweitschlüssel". Eine anlasslose und flächendeckende Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsdaten lehnt sie ebenfalls ab und stimmte 2015 im Bundestag gegen deren Wiedereinführung.

Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses begrüßten netzpolitische und bürgerrechtliche Organisationen das Votum für Esken. "Wir freuen uns, dass eine erklärte Freundin der Grundrechte an die Spitze der SPD rücken wird, die stets klare Kante gegen Staatstrojaner und VDS [Vorratsdatenspeicherung] gezeigt hat", twitterte die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), deren Fördermitglied Esken ist. Der der SPD nahestehende Digitalverein D64 gratulierte ebenfalls: "Nicht nur weil Saskia seit vielen Jahren aktives D64-Mitglied ist, sondern weil Digitalpolitik mit ihr weiter an Bedeutung gewinnen wird."

Bricht die Koalition auseinander?

In ihrer neuen Funktion als SPD-Co-Vorsitzende könnte Esken in der Tat ihren netzpolitischen Positionen mehr Gewicht verleihen. Hinzu kommt, dass mit Lars Klingbeil als Generalsekretär ein ausgewiesener Netzexperte an ihrer Seite steht. Bei anstehenden Debatten mit der Union, beispielsweise bei der Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie, könnte es daher zu ersten Auseinandersetzungen mit dem Koalitionspartner kommen.

Ohnehin haben sich Esken und Walter-Borjans im Wahlkampf um die neue SPD-Spitze sehr unzufrieden mit der Politik der Koalition gezeigt. Walter-Borjans sagte, er wolle dem SPD-Parteitag in der kommenden Woche zum Ausstieg aus der Koalition raten, sollte die Union nicht zu Nachbesserungen beim Koalitionsvertrag bereit sein. Esken sagte, es brauche neue Vorhaben, wenn die Koalition fortgeführt werden solle. Konkret verlangte sie mehr Einsatz für den Klimaschutz, etwa einen deutlich höheren CO2-Preis von 40 statt 10 Euro pro Tonne.

Monatelanges Verfahren

Die Neuwahl der SPD-Spitze war nötig geworden, weil die frühere SPD-Chefin Andrea Nahles nach dem schwachen Abschneiden der Partei bei den Europawahlen im Mai 2019 ihr Amt kurzfristig aufgegeben hatte. In einem aufwendigen Verfahren suchten die Sozialdemokraten seitdem erstmals nach einer Doppelspitze. Während im ersten Wahlgang noch Scholz und Geywitz knapp vorne gelegen hatten, konnten sich Esken und Walter-Borjans nun im zweiten Wahlgang überraschend durchsetzen. Sie erhielten 53,06 Prozent der Stimmen, während Scholz und Geywitz nur 45,33 Prozent erzielten. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 54 Prozent der 425.630 stimmberechtigten Mitglieder.

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Frankenwein 03. Dez 2019

Wie kommt das AfD Populistengeblubber ins Golem Forum? ..... Sich am Preis aufzuhängen...

Emulex 03. Dez 2019

Alle von der AfD bezahlt, aus ihren Schwarzgeld-Spendenkonten! ;) Ich will doch nur den...

notuf 02. Dez 2019

Ja: TV aus. Mehrwert davon ist nämlich null. Bilder manipulieren, Leute, die nicht so...

notuf 02. Dez 2019

Sorry aber mit deinem Kommentar zeigst du, dass du von IT nicht viel verstehst. Du...



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