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Milliarden-Investition: Neue Bundeswehr-Digitalfunkgeräte wieder nicht nutzbar

Erst ließ die Bundeswehr uralte Funkgeräte nachbauen, dann passten neue digitale nicht in die Fahrzeuge. Nun passen sie, aber die Software ist nicht nutzbar.
/ Achim Sawall
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Die neunen digitalen Funkgeräte der Bundeswehr von Rohde & Schwarz (Bild: Rohde & Schwarz)
Die neunen digitalen Funkgeräte der Bundeswehr von Rohde & Schwarz Bild: Rohde & Schwarz

Bei der Einführung eines neuen Digitalfunksystems für die Bundeswehr gibt es wieder Probleme. Ein erster Systemtest der neuen Digitalfunkgeräte auf dem Truppenübungsplatz Munster ist abgebrochen worden, weil die Geräte "nicht truppentauglich" gewesen sind, wie der Spiegel aus ungenannten Quellen(öffnet im neuen Fenster) erfuhr.

Nach den Informationen erwies sich die Software zur Bedienung der Geräte als so kompliziert, dass die Soldaten nur mühselig Funkkreise aufbauen konnten. Weitere Mängel tauchten beim Sprechfunk auf.

Für das Projekt Digitalisierung Landbasierte Operationen (D-LBO) sind mehrere Milliarden Euro aus dem Bundeswehr-Sondervermögen vorgesehen. Geplant ist, bis Ende 2027 eine Division des Heers mit den neuen, abhörgeschützten Funksystemen auf Nato-Frequenzen auszustatten. Nach den Informationen des Spiegels arbeitet Hersteller Rohde & Schwarz gemeinsam mit der Bundeswehr derzeit unter Hochdruck an einem Software-Update für die Funkgeräte.

Rohde & Schwarz hat offenbar Probleme

Zwei digitale VR500-Funkgeräte, die das Halten von zwei Funkkreisen ermöglichen, kommen von Rohde & Schwarz und bieten VHF- und UHF-Übertragung. Hier sei laut dem Hersteller neben Sprache eine Datenübertragung mit maximal 10 MBit/s möglich.

Die neuen Erkenntnisse sind so gravierend, dass laut Spiegel der Bundesverteidigungsminister unterrichtet wurde. "In dieser Woche wurde Minister Pistorius erstmals über mögliche Probleme informiert, die zu Verzögerungen führen könnten" , sagte ein Sprecher dem Spiegel. Pistorius habe Rüstungsstaatssekretär Jens Plötner und Generalinspekteur Carsten Breuer angewiesen, die Probleme aufzuarbeiten und Vorschläge von "gegebenenfalls notwendigen Maßnahmen zur zügigen Behebung" vorzulegen, so der Sprecher.

Pistorius hatte noch am 10. September im Bundestag gesagt, laut seinen Informationen aus dem Ministerium gebe es keine Probleme bei dem Projekt: "Letzter Stand ist: Wir sind im Plan" . Nach Informationen des Spiegels war seine Hausleitung aber spätestens seit dem 10. Juni über die Ergebnisse des Systemtests in Munster informiert.

Auch beim Einbau der neuen Geräte in die Fahrzeuge der Bundeswehr gebe es laut dem Bericht Verzögerungen. So gelang ein reibungsloser Einbau bislang erst bei rund 30 der gut 200 verschiedenen Fahrzeug-Typen, bei mehr als 80 laufen die Arbeiten noch.

Für 600 Millionen Euro Funkgeräte aus dem Jahr 1982 nachgebaut

Über Geldverschwendung und Investitionen in umstrittene Technik in dem Bereich wurde bereits im September 2021 berichtet . So ließ die Bundeswehr für 600 Millionen Euro Funkgeräte aus dem Jahr 1982 nachbauen. Das SEM 80/90 mit 16 KBit/s wurde zu einem Stückpreis von rund 20.000 Euro exakt nachgebaut, weil sich die Beschaffung neuer, digitaler Geräte immer wieder verzögert hatte.

Als Rohde & Schwarz die D-LBO-Geräte ab Januar 2023 an die Truppe auslieferte, konnten sie nicht montiert werden . Adapterplatten, Batteriekapazitäten und Lichtmaschinen mussten bei über 100 verschiedenen Fahrzeugtypen angepasst werden.

Unter den beiden Funkgeräten befindet sich nun die Adapterplatte Basic, die der historischen Grundplatte 80 entspricht, um die mechanische und elektrische Integration der digitalen Funkgeräte doch noch zu ermöglichen. Die Adapterplatte digitalisiert die bestehende analoge Bordkommunikation. Das Unternehmen Msg produzierte im ersten Anlauf 1.000 Adapterplatten, die Blackned designt hatte.


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