Microsofts neues Betriebssystem: Was ist "Windows 12"?

Eigentlich sollte Windows 10 das letzte Windows sein, dann kündigte Microsoft überraschenderweise Windows 11 an. Jetzt, nur wenige Jahre später, ist erneut von einem Nachfolger die Rede. Er wird in Fachmedien ersatzweise als "Windows 12" bezeichnet, Microsoft spricht eher vage von der Zukunft von Windows. Doch wie könnte die aussehen?
Obwohl es bisher keine offizielle Bestätigung für ein Windows 12 gibt und es anfangs sogar als Witz abgetan wurde, gibt es diverse deutliche Hinweise. So gab Microsoft auf dem Snapdragon Summit 2023 einen Einblick in seine Vision eines möglichen neuen Betriebssystems. CEO Satya Nadella und Windows-Chief-Vice-President Pavan Davuluri präsentierten auf der Bühne neue Features, ohne dabei auf spezifische neue Betriebssysteme einzugehen.
KI als integraler Bestandteil
Nadella stellt sich ein zukünftiges Betriebssystem als ein Interface zwischen dem Menschen und diversen KI-Programmen vor ( via Windows Central(öffnet im neuen Fenster) ). "KI wird fundamental ändern, was ein OS ist, wie eine Nutzeroberfläche aussieht, wie die Interaktion mit Applikationen funktioniert" , sagte der Microsoft-CEO.
Deshalb sei es wichtig, die GUI eines kommenden Betriebssystems auf KI-Applikationen anzupassen. Erste Schritte finden wir bereits in Windows 11. Mittels Copilot kann das Betriebssystem gesteuert und navigiert werden. Die App soll zudem dabei helfen, Dateien und Informationen schneller und fokussierter zu finden.

Ein mögliches Feature von Windows 12 dürfte also der Fokus auf KI-Unterstützung sein. Nadella sprach auf der Bühne auch von lokalen und hybriden KI-Modellen, die mittels NPUs, also speziellen SoCs für KI-Beschleunigung, realisiert werden können. Aktuelle KI-Modelle werden zumeist ausschließlich in der Cloud gehostet. Die Copilot-App in Windows 11 ist etwa ein Terminal, das auf Azure-Rechenzentren zugreift.
Der Copilot als neuer Startknopf
Die Integration von Copilot wird laut Nadella sogar so weit gehen, dass sie sich wie der Startknopf bei aktuellen Windows-Versionen anfühlt. "Ich gehe dort hin und erkläre mein Vorhaben. Anschließend führt er mich zu einer Applikation oder bringt die Applikation zum Copilot" , sagt der CEO. Diese Aussagen lassen darauf schließen, dass Microsoft ein mögliches Betriebssystem um die KI-Suche herum baut oder sie zumindest fest im OS integriert.
Das bestätigen auch Davuluris Aussagen. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und beschreibt das KI-gestützte Betriebssystem als stark anpassbar. Ein KI-Tool wie Copilot könne aus dem Verhalten der User lernen und sich deren Präferenzen merken. So soll es zu einem echten virtuellen Assistenten werden.
"Die KI wird in der Lage sein, über mehrere Apps, Dienste und Geräte hinweg zu orchestrieren und als Vermittlerin in Ihrem Leben zu fungieren. Sie kann Verbindungen herstellen und den Kontext über gesamte Arbeitsabläufe hinweg aufrechterhalten" , sagt der Windows-Chef.
Wie ein solches OS optisch aussehen könnte, ist bisher nicht klar. Das Magazin Windows Latest hat aber bereits im Sommer 2023 einen Hinweis auf eine neue Taskleiste(öffnet im neuen Fenster) entdeckt, die nicht ganz bis zum Bildschirmrand reicht und stattdessen auf dem Desktop zu schwebten scheint. Ein ähnliches Design verwendet Apple auch in MacOS.
Es gibt zudem Hinweise darauf, dass ein mutmaßliches Windows 12 kein echter Nachfolger von Windows 11 sein könnte, sondern für eine völlig neue Gerätekategorie entwickelt wird. Qualcomm spielt dabei eine größere Rolle.
Windows-PCs mit ARM-CPU
Spätestens, seitdem Apple mit dem M1 die Vorteile der ARM-Plattform deutlich gezeigt hat, muss auch Microsoft der Mehrwert mobiler ARM-Chips mit geringer Leistungsaufnahme klar sein.
Schon lange arbeiten Qualcomm und Microsoft an einer sinnvollen Implementation für Windows. Geräte wie das Surface Pro X und das Surface Pro 9 (Test) haben Potenzial, sind aber vor allem durch ihre eher schlechte Performance unter Windows bei Weitem keine Konkurrenz zu Apple Silicon.
Es hat also einen Grund, warum Microsoft ausgerechnet auf dem Snapdragon Summit die Vision eines KI-gestützten Betriebssystems preisgibt. Laut Informationen aus den Medien arbeitet das Unternehmen an einem neuen Core OS , das sich mit Betriebssystemen wie ChromeOS vergleichen lassen soll. Windows 12, das wir als dieses Core OS sehen, könnte in diesem Fall also eher ein Parallelprodukt zu Windows 11 sein - ähnlich wie es Microsoft etwa mit dem eingestellten und in Teilen zu Windows 11 umgewandelten Windows 10X getan hat.
Es weist zudem vieles, wie die Aussagen Microsofts und Ankündigungen von Qualcomm, darauf hin, dass Windows 12 oder Core OS vor allem auf ARM-Prozessoren wie den kürzlich angekündigten Snapdragon X Elite ausgerichtet wird. Er soll sich an mobile Geräte richten und durch eine energieeffiziente ARM-Architektur auch mit Apples Ökosystem konkurrieren. Laut Qualcomm soll der Chip den Apple M2 leistungstechnisch schlagen und dabei energieeffizienter sein.
Surface Pro mit Snapdragon
Es ist möglich, dass der Snapdragon X Elite oder ein ähnlicher Qualcomm-Chip im nächsten Surface Pro zu finden sein wird. Denn interessanter- und untypischerweise hat Microsoft im Herbst 2023 keine neue Generation des Tablets angekündigt. Arbeitet der Konzern also an einem neuen Surface Pro als Vorzeigegerät für Windows 12 on Snapdragon ? Wir gehen stark davon aus.

Ein KI-gestütztes OS wie Windows 12 oder Core OS würde sich wie Googles ChromeOS durch diverse Onlinefunktionen und eine starke Integration von Clouddiensten auszeichnen. Entsprechend würde es auch stets eine Internetverbindung benötigen, um effizient genutzt werden zu können. Ein richtiger Windows-11-Nachfolger sollte weiterhin möglichst vielseitig und auch offline nutzbar sein.
Das ist zumindest eine klare Anforderung der Kundschaft an Microsoft - gerade im wichtigen B2B-Segment. Das gilt auch für die Unterstützung nativer Win32-Apps und Legacy-Komponenten. Ein Windows ohne volle App-Unterstützung funktioniert einfach nicht, wie gescheiterte S-Modi und Windows 10 S bereits bewiesen haben. Eine stabile und performante Virtualisierungsebene für Win32-Apps auf ARM wird deshalb wahrscheinlich Teil von Windows 12.
Start Ende 2024?
Dazu kommt, dass die Frage des Datenschutzes für viele KI-Dienste in Europa noch nicht geklärt ist, gerade wenn sie von US-Unternehmen stammen, die ihre Dienste teilweise auf internationalen Servern hosten. Microsoft ginge ein großes Risiko ein, wenn Windows 12 wirklich ein vollständiger Ersatz für das aktuell genutzte Windows 11 sein soll. Wenn wir auf die Gerüchte um Windows 11 zurückblicken, trauen wir dem Konzern aber vieles zu.
In dem Bericht vom Sommer 2023 erwähnte Windows Latest übrigens auch einen Leak(öffnet im neuen Fenster) , der ein Hinweis auf die eine kommende Vorstellung sein könnte.
Auf der Build 2023 war nämlich ein Kalendereintrag zu sehen, der für Mai 2024 "die nächste Generation von Windows" ankündigt. Diesen Begriff verwendete Microsoft bereits im Vorfeld zum Windows-11-Release . Nur wenige Monate darauf erschien Windows 11.
Es ist daher gut möglich, dass Windows 12 Ende 2024 kommt , sofern es denn wirklich auch so heißen wird.
Das würde auch zu Microsofts Plan passen, künftig alle drei Jahre ein großes Betriebssystem-Update herauszubringen. Demnach wäre die Aktualisierung Ende 2024 fällig - drei Jahre nach dem Release von Windows 11.



