Richtlinienkompetenz? - Ich doch nicht!

Doch das wollte sie offenbar nicht. Mehrfach fragte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele, ob Merkel nicht von ihrer "politischen Richtlinienkompetenz" Gebrauch machen wolle, um das Justizministerium anzuweisen, endlich ein Gutachten fertigzustellen, in dem geprüft wird, ob Edward Snowden freies Geleit bekommen könnte, um doch noch vor dem Ausschuss auszusagen. Merkel Antwort: "Nein". Im Übrigen "vertraue Sie den Mitarbeitern" des Justizministeriums ebenso wie den Mitarbeitern des mit der Frage befassten Außenministeriums.

Auch in der Frage der effektiven Kontrolle des Bundesnachrichtendienstes vertraut Merkel offenbar bedingungslos dem eigenen Stab. Die zuständige Abteilung Sechs des Bundeskanzleramts könne nicht durch mehr technische Expertise "zu einem zweiten BND" gemacht werden. Auch könne man nicht hinter jeden BND-Mitarbeiter einen Überwacher stellen.

Auch den Drehtüreffekt - also den ständigen Austausch zwischen BND und Abteilung Sechs, sieht sie unproblematisch. "Auch in anderen Abteilungen gibt es Freundschaften" - dies mache die Mitarbeiter ja nicht zu schlechteren Beamten. Im Übrigen vertraue sie darauf, von den zuständigen Stellen immer richtig informiert zu werden.

Merkels Vertrauen geht sogar so weit, dass es auch durch offensichtliche Fehlinformationen nicht getrübt wird. Der Leiter der Abteilung Sechs, Günther Heiß, hatte Informationen der US-Seite über die Bereitschaft zum Abschluss eines solchen Abkommens nicht zeitnah weitergegeben.

Die Opposition vermutet: Die Kanzlerin wollte über Probleme nichts wissen, damit sie im Bundestagswahlkampf weiterhin behaupten kann, dass ein No-Spy-Abkommen möglich sei. Merkel sagte: "Ich hatte zu jeder Zeit Vertrauen, dass die Mitarbeiter sehr ernsthaft über ein solches Abkommen verhandelt haben."

Bloß nicht mit Fakten verwirren!

Auch sonst hatte Merkel, die sich üblicherweise nicht vor Detailkenntnissen scheut, erstaunlich wenig den Drang verspürt, sich zu informieren. Der Bericht der Bundesdatenschutzbeauftragten über massenhafte Rechtsverletzungen in Bad Aibling? Egal. 13 Millionen möglicherweise illegale Selektoren im System des BND? "Nicht durch hohe Zahlen einen irreführenden Eindruck erwecken!" Details im Fall des Doppelagenten Markus R.? Naja, er wurde doch gefunden.

Es ist unverständlich, dass Merkel, die sonst häufig vom Glück der freiheitlichen Demokratie spricht, ausgerechnet die Aufsicht über die Nachrichtendienste aktiv ignoriert und dafür ihre Leute vorschickt. Im Rechtssystem gilt der Grundsatz: "Ignorantia legis non excusat". "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht." Angela Merkel kann die Geheimdienste ignorieren, so viel sie will. Die politische Verantwortung liegt trotzdem bei ihr.

IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach)

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed
 Merkels NSA-Vernehmung: Die unerträgliche Uninformiertheit der Kanzlerin
  1.  
  2. 1
  3. 2


Linkk 23. Feb 2017

Das ist eine Position, die mir am "vertretbarsten" erscheint. Aber es darf niemals dazu...

Kasjsf38 20. Feb 2017

Verkehrte Welt - Hierarchie mal anders herum.

h4z4rd 20. Feb 2017

Das selbe wie jetzt: gar nichts, nur dass dann der Teil mit den verletzten...

Anonymer Nutzer 19. Feb 2017

Und dennoch wird ein großer Teil der Deutschen ihr auch in diesem Jahr seine Stimme geben...



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Nammo
TikTok-Strombedarf bremst Expansion von Munitionshersteller

Der norwegische Rüstungskonzern Nammo kann nicht expandieren, weil ein Tiktok-Rechenzentrum die restliche Stromkapazität der Umgebung benötigt.

Nammo: TikTok-Strombedarf bremst Expansion von Munitionshersteller
Artikel
  1. Phishing und Malware: Europol warnt vor Missbrauch von ChatGPT
    Phishing und Malware
    Europol warnt vor Missbrauch von ChatGPT

    Noch nie dürfte es so einfach gewesen sein, fokussierte Phishing-Mails oder Malware zu erstellen wie mit ChatGPT.

  2. New Shepard: Blue Origin veröffentlicht Bericht zum Raketenunglück
    New Shepard
    Blue Origin veröffentlicht Bericht zum Raketenunglück

    Nach sechs Monaten veröffentlicht Blue Origin einen Bericht zum Unglück der NS-23-Mission. Zudem will das Unternehmen von Jeff Bezos bald wieder ins All fliegen.

  3. GPT-4: Funken von allgemeiner künstlicher Intelligenz
    GPT-4
    "Funken von allgemeiner künstlicher Intelligenz"

    Microsoft Research enthüllt eine umfangreiche Sammlung von Fallbeispielen, die mit dem ChatGPT-Nachfolger GPT-4 erzeugt wurden. Die Ergebnisse sind beeindruckend.
    Eine Analyse von Helmut Linde

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Große Amazon Rabatt-Aktion • MindStar: 6 Grafikkarten günstiger • Monitore bis -50% • Windows Week • Logitech bis -49% • Radeon 7900 XTX 24 GB günstig wie nie • Alexa-Sale bei Amazon • Kingston Fury 16GB DDR4-3600 43,90€ • 3 Spiele kaufen, 2 zahlen • MM-Osterangebote [Werbung]
    •  /