In der Stadt können Autos noch nicht immer adäquat reagieren

Herrtwich: Viel hängt natürlich davon ab, wie strukturiert eine Straßenszene aussieht. Die Automatisierungstechnik konzentriert sich deswegen zunächst auf den Autobahnbereich. Die Spuren sind sehr breit, die Kurvenradien weit, die Sensoren können weit gucken, alle Autos sind in der gleichen Richtung unterwegs, und das einzige nennenswerte Manöver ist ein Spurwechsel. Nur die hohe Geschwindigkeit auf der Autobahn stellt höhere Anforderungen an den Erfassungsbereich der Sensoren.

Viel schwieriger wird es in der Stadt. Dort muss man viel mehr sehen, viel mehr testen, viel mehr Möglichkeiten prüfen. Dabei macht man gute Fortschritte, aber es wäre vermessen zu sagen, dass man schon auf jede Situation adäquat reagieren könne. Natürlich kann das Auto im Zweifel immer anhalten. Nur reicht es eben für eine Fortbewegung in der Stadt nicht aus, einfach irgendwo nicht hineinzufahren.

Das Wetter und Ampeln können Sensoren verwirren

Außerdem gibt es ein paar sensorische Themen, die wir noch in den Griff bekommen müssen. Wir sollten nicht so tun, als ob unsere Sensoren alles sehen können, unter allen Bedingungen gut funktionieren. Wir sehen heute große Wetterabhängigkeiten in der Sensorik. Es ist kein Zufall, dass die meisten Tests für automatisiertes Fahren in Schönwettergebieten wie Kalifornien oder Nevada stattfinden. Starker Regen, Schneefall, die damit einhergehende Verschmutzung, das stellt uns noch vor einige Herausforderungen.

Einige Dinge in der Umgebung des Fahrzeugs sind obendrein sehr schwer zu interpretieren. Kurioserweise sind Ampeln zum Beispiel ein echtes Problem. Die dürfen ja keinesfalls falsch interpretiert werden. Aber an einer Kreuzung die richtige Ampel herauszufinden, die für das Fahrzeug geschaltet gilt, kann sehr schwierig werden, wenn es viele Ampeln gibt. Man muss die Ampel sehen können, man muss Pfeile in der Ampel sehen können, was aus der Entfernung sehr wenige Pixel werden können, oft gibt es Gegenlicht, und da befinden wir uns gerade am technischen Rand der Erfassungsleistung aktueller Sensoren.

Golem.de: Sie haben vor einiger Zeit darüber gesprochen, inwiefern sich Methoden des Maschinenlernens für automatisierte Fahrzeuge eignen. Damals haben Sie betont, dass sich die Fahrzeuge vorhersagbar verhalten müssen. Was ist damit genau gemeint?

Herrtwich: Was ich damals meinte, war: Wir sehen momentan noch davon ab, dass unsere Fahrzeuge selber lernen, in dem Sinne, dass sie ihre eigenen Algorithmen verändern. Es ging also um die Ebene der einzelnen Software-Entität. Das würde uns nämlich vor das Problem stellen, dass, wann immer ein Fahrzeug einen Fehler zeigt, dieser Fehler für uns kaum noch nachstellbar wird, weil uns der individuelle Kenntnisstand des Fahrzeugs fehlt. Deswegen habe ich damals gesagt, ich würde nicht davon ausgehen, dass jedes Fahrzeug individuell lernt.

Was wir uns durchaus vorstellen können, ist eine Zusammenführung der Erfahrungen aus der Flotte im Backend. Daraus könnten wir Trainings für alle Fahrzeuge entwickeln und diese zurückspielen, so dass alle Fahrzeuge mit derselben Logikstruktur fahren. Für uns ist es einfach ein wesentlicher Faktor, dass das Verhalten unserer Fahrzeuge deterministisch bleibt, wir es also nachstellen können. Wenn jedes Fahrzeug sich seinen eigenen Datenerfahrungen anpasst, verhält sich jedes Fahrzeug leicht anders. Ich weiß, das klingt sehr menschlich und wäre eigentlich auch cool, aber es stellt uns vor das Problem, dass wir kaum noch absichern können, welches Verhalten unsere Fahrzeuge anbieten und welches nicht.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed
 Mercedes-Entwickler: Warum autonome Autos nicht selbst lernen dürfenEntscheiden Autos über Leben und Tod? 
  1.  
  2. 1
  3. 2
  4. 3
  5. 4
  6.  


Proctrap 07. Jun 2016

Bis die Baustelle mal net uf'm Navi steht

Proctrap 07. Jun 2016

Ich fürchte du solltest einen Artikel bei Golem zu Thema "welcher Hersteller funkt was...

PiranhA 06. Jun 2016

Das grundsätzliche Problem ist doch, dass Computer sich mit Unsicherheiten schwer tun...

thrust26 04. Jun 2016

Irgendwann wird sie aber soweit sein. Und bis dahin sollte die Gesellschaft die...



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Gefangen im Zeitstrom, verloren im All
Die zehn besten Sci-Fi-Serien der 1960er

Sie sind die Klassiker, auf denen das ganze Genre aufbaut: die großen Science-Fiction-Serien der 1960er. Neben Star Trek gab es hier noch viel mehr.
Von Peter Osteried

Gefangen im Zeitstrom, verloren im All: Die zehn besten Sci-Fi-Serien der 1960er
Artikel
  1. Speicherleaks vermeiden: Ressourcen- und typensicheres Programmieren in C++
    Speicherleaks vermeiden
    Ressourcen- und typensicheres Programmieren in C++

    Bei C++ liegt alles in der Hand der Entwickler - und das kann gut und schlecht sein. Richtig angewendet, ist die Sprache aber alles andere als unsicher.
    Eine Anleitung von Adam Jaskowiec

  2. Grace Hopper Superchip: Nvidia zeigt den DGX GH200 AI-Supercomputer
    Grace Hopper Superchip
    Nvidia zeigt den DGX GH200 AI-Supercomputer

    Die Kombination aus Grace Hopper, Bluefield 3 und NVLink ergibt funktional eine riesige GPU mit der Rechenkapazität eines Supercomputers und 144 TByte Grafikspeicher.

  3. Halluzination: ChatGPT erfindet Gerichtsakten
    Halluzination
    ChatGPT erfindet Gerichtsakten

    Ein Anwalt wollte sich von ChatGPT bei der Recherche unterstützen lassen - das Ergebnis ist eine Blamage.

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Microsoft Xbox Wireless Controller 40,70€ • Lexar Play 1 TB 99,60€ • DAMN!-Deals mit AMD-Bundle-Aktion • MindStar: AMD Ryzen 9 5950X 429€, MSI RTX 3060 Gaming Z Trio 12G 329€, GIGABYTE RTX 3060 Eagle OC 12G 299€, be quiet! Pure Base 500DX 89€ • Logitech bis -46% [Werbung]
    •  /