Mercedes-Benz EQE im Praxistest: Im Wendekreis des Polo

"Zu viel des Guten kann wundervoll sein" : Dieses Bonmot der US-Schauspielerin Mae West versucht Mercedes-Benz in seinen elektrischen Oberklasse-Modellen EQS und EQE mit reichlich Komfort und Luxus umzusetzen. Was der Stuttgarter Autohersteller davon in die Businesslimousine EQE gepackt hat, haben wir in den vergangenen Wochen auf mehr als 2.000 Kilometern in der Praxis getestet. Dabei hat sich gezeigt: Bisweilen ist zu viel des Guten durchaus verzichtbar.
Das gilt bei einem Elektroauto natürlich nicht in Sachen Reichweite oder Ladeleistung. Der von uns getestete EQE 350+ verfügt über eine nutzbare Akkukapazität von 88,1 Kilowattstunden (kWh) und eine Reichweite von 623 km nach dem Prüfzyklus WLTP. Bei einer Ladeleistung von bis zu 170 kW sollten damit längere Strecken problemlos zu meistern sein. Und das natürlich komfortabel und bequem, wie das von einem typischen Taxi-Auto , der E-Klasse, erwartet wird.
700 km mit nur einem Ladestopp
Schon bei der Eingabe des Reiseziels erfolgt das erste Aufatmen: Für die fast 700 km lange Teststrecke ist nur ein einziger Ladestopp erforderlich. Die Electric Intelligence schlägt die Ladepause nach 422 km bei einem Akkustand von 11 Prozent vor. Auf derselben Route waren im März 2021 mit dem EQV (g+) von Mercedes noch drei Ladestopps erforderlich. Die Fahrt mit dem Opel Mokka-e (g+) geriet im Juli 2021 beinahe zum Fiasko. In dieser Hinsicht muss sich der EQE das Elektroauto kaum noch hinter Verbrennern verstecken.

Im Vergleich zur Routenplanung des EQV ist diejenige des EQE noch verbessert worden. So lassen sich die vorgeschlagenen Ladestationen einfach entfernen und durch andere ersetzen. Der 12,8 Zoll (32,5 cm) große Zentralbildschirm ermöglicht eine gut aufgelöste Darstellung der Navigationskarte und der Fahrzeugfunktionen. Auf Fingerdruck lassen sich die Ladestationen entlang der Route anzeigen und nach Ladeleistung eingrenzen. Die gewünschte Station lässt sich dann umgehend in die Route übernehmen.
Komfortable Routenplanung
Kein Zufall, dass die Electric Intelligence bei einem Vergleichstest von Auto, Motor und Sport(öffnet im neuen Fenster) zusammen mit der Routenplanung von Tesla am besten abschnitt. Die von uns getestete Version hat sogar schon einige Defizite ausgemerzt, die die Tester noch monierten. So kalkuliert das System inzwischen zügig einen höheren Verbrauch durch eine höhere Geschwindigkeit ein. Der voraussichtliche Akkustand beim Erreichen der Ladestation und am Reiseziel werden permanent im Display angezeigt.
Aber selbst hier gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten. So ist zwar bei der Suche von Ladestationen zu sehen, wie viele Ladepunkte an jeder Station aktuell noch verfügbar sind. Diese Information ist jedoch nicht in der Routenplanung enthalten. Dabei könnte das hilfreich sein, eine belegte Ladestation zu vermeiden. Wobei es natürlich erst sinnvoll wäre, den Belegungsstatus kurz vor Erreichen der Station anzuzeigen. Zudem scheinen die Entfernungsangaben in der Suche nicht immer mit der tatsächlichen Entfernung übereinzustimmen.
Die angezeigten Ladestationen lassen sich zudem nach Anbieter filtern. Dabei ist uns aufgefallen, dass sogar ein Schnelllader wie der Urban Charging Hub in der Hamburger Innenstadt(öffnet im neuen Fenster) dem System nicht bekannt war, obwohl der Ladevorgang mit der Mercedes-Ladekarte autorisiert werden konnte. Daher kann es gelegentlich sinnvoll sein, zusätzlich in anderen Apps nach verfügbaren Ladestationen zu suchen.




































Kaum etwas auszusetzen gibt es jedoch am tatsächlichen Verbrauch des EQE.
Auch schnellere Autobahnfahrten mit wenig Verbrauch
Bei einer Maximalgeschwindigkeit von 130 km/h auf der Autobahn und einem Durchschnitt von 101 km/h lag der Verbrauch bei 18,6 kWh pro 100 km. Dazu haben auch die sommerlichen Temperaturen von 25 bis 30 Grad Celsius beigetragen. Doch für eine knapp fünf Meter lange Limousine mit einem Leergewicht von 2.355 kg ist das ein guter Wert. Der niedrige Verbrauch ist vor allem im niedrigen cw-Wert von 0,22 und der bei einer Fahrzeughöhe von 1,51 m recht geringen Stirnfläche begründet.
Schnellere Autobahnfahrten lassen den Verbrauch ebenfalls nicht exorbitant steigen. Auf einer weiteren Testfahrt konnten wir auf einem 150 km langen Streckenabschnitt fast konstant mit 140 km/h (laut Tachoanzeige) fahren, was eine reale Durchschnittsgeschwindigkeit von 132 km/h ergab. Dabei verbrauchte der EQE nur 23,2 kWh. Selbst bei einer solchen Geschwindigkeit würde der EQE damit fast 400 km weit kommen.
Neben der erwarteten Reichweite zeigt der EQE auch eine maximal verfügbare an. Diese lässt sich erzielen, wenn die Eco-Fahrfunktionen aktiviert werden. Diese bestehen aus dem sogenannten Eco-Assistenten(öffnet im neuen Fenster) in Verbindung mit der intelligenten Rekuperation. Dadurch reduziert der EQE schon vorausschauend vor Kurven oder Ortschaften die Geschwindigkeit, um Energie zu sparen.
Ladeleistung bei maximal 170 kW
Nicht ganz auf Topniveau ist Mercedes-Benz bei der Ladeleistung. Die Konkurrenz von Porsche, Audi, Hyundai und Kia ermöglicht mit ihren 800-Volt-Systemen bereits Ladeleistungen von mehr als 200 kW. Allerdings können viele Schnelllader bislang ohnehin nur bis zu 150 oder 175 kW liefern. Die versprochene Ladeleistung von maximal 170 kW hat der EQE bei allen Schnellladevorgängen erreicht. Vorausgesetzt, der Akkustand war niedrig genug. Im speziellen EQ-Menü des Infotainments zeigt das Fahrzeug an, welche maximale Ladeleistung beim aktuellen Ladestand erzielt werden kann.
Der EQE bietet die Option, den Akku vor Erreichen der Ladestation schon vorzutemperieren. Das dürfte vor allem bei kühleren Temperaturen eine Rolle spielen. Auf der Testfahrt dauerte es unabhängig von der Vortemperierung etwa 45 bis 60 Sekunden, bis die maximale Ladeleistung erreicht wurde. Während des Ladens zeigt der EQE im Display an, wie lange noch geladen werden muss, um das nächste Routenziel zu erreichen. Das wird auch in der App angezeigt.
Die Ladeleistung wird recht lange auf hohem Niveau gehalten und kann bei einem Ladezustand von 73 Prozent noch bei 100 Kilowatt liegen. In 15 Minuten lassen sich somit fast 40 Kilowattstunden nachladen, was einer Reichweite von 200 Kilometern entspricht. Laut Mercedes braucht der EQE 32 Minuten, um von 10 auf 80 Prozent des Ladezustands zu kommen. Dieser Wert von etwas mehr als 60 kWh ist durchaus zu schaffen.




































An zwei von drei genutzten Ionity-Stationen funktionierte das sogenannte Plug & Charge. Dabei kommuniziert die Säule mit dem Auto und startet automatisch den Ladevorgang. Auf der Fahrt hat sich jedoch gezeigt, dass die Infrastruktur inzwischen an ihre Grenzen stößt.
In der Sommerzeit laden viele skandinavische Fahrer auf der Fahrt in den Süden ihr Elektroauto an deutschen Autobahnen auf. Da kann es schon mal passieren, dass alle vier oder sechs Ladepunkte an einer Station belegt sind. Zumal an mehreren Stationen einzelne Ladepunkte nicht funktionierten. Eine Mitarbeiterin der Ionity-Hotline, die einen Ladepunkt rebooten musste, meinte genervt: "Eigentlich müssten an der Station alle Ladesäulen ausgetauscht werden."
Doch wie fährt sich der EQE auf der Langstrecke? Kann es da ein Übermaß an Komfort und Funktionen geben?
Zuverlässige, aber nicht perfekte Assistenzsysteme
Überzeugt haben uns wie in früheren Tests die Fahrassistenzsysteme. Der Abstandsregeltempomat (Distronic) funktioniert zuverlässig und sicher. Phantombremsungen wie beim Tesla Model Y (g+) gibt es nicht, die Verkehrszeichen werden sehr zuverlässig erkannt und in die Distronic übernommen. Selbst das Rechtsüberholverbot auf Autobahnen wird eingehalten. Der EQE bildet ebenfalls automatisch eine Rettungsgasse in Stausituationen. In den meisten Fällen schafft der Lenkassistent auch kurvige Passagen beim Einfahren und Verlassen von Baustellen.
Doch wie bei allen Fahrassistenzsystemen der Stufe 2 gilt auch beim EQE: Im Zweifel kann man sich nicht darauf verlassen. So ist es auf einem Autobahnabschnitt mit vielen Baustellen mehrfach vorgekommen, dass in der Karte ein Tempolimit hinterlegt war, das auf der Strecke gar nicht existierte. Daher reduzierte der EQE unvermutet die Geschwindigkeit von 80 auf 60 km/h.
Probleme bei aufgehobenen Verkehrszeichen
Noch gravierender: Für die in der Sanierung befindliche A 114 von Berlin in Richtung Norden sind offenbar schon Tempolimits mit 70 km/h in der Karte hinterlegt. Doch an der Strecke sind die entsprechenden Verkehrszeichen mit orangefarbenen Klebestreifen als ungültig markiert. Stattdessen gilt Tempo 30. Dennoch wollte der EQE auf 70 km/h beschleunigen.
Hier zeigen sich gleich mehrere Probleme des automatisierten Fahrens: Aus Effizienzgründen mag es sinnvoll sein, vor einem Tempolimit vorausschauend abzubremsen. Doch wenn das in der Karte hinterlegte Verkehrszeichen gar nicht existiert, führt dies zu erratischem Fahrverhalten. Zum anderen dürfte es nicht so einfach sein, KI-basierten Systemen das Erkennen von Verkehrszeichen beizubringen, deren Anweisungen durch rote Balken oder Klebestreifen verdeckt und damit vorübergehend aufgehoben sind.




































Im Grunde sollte es selbstverständlich sein, dass Schilder an der Strecke die Kartendaten "übertrumpfen". Nach dem Motto: Ober sticht Unter. Inwieweit das in der Praxis umgesetzt wird, wenn die Schilder entfernt oder vorübergehend aufgehoben wurden, ist nicht ganz ersichtlich.
Kein Wunder, dass Mercedes-Benz seinen Staupiloten nach Stufe 3 bislang nicht innerhalb von Baustellen anbietet. Solange Verkehrszeichen- und Spurerkennung nicht zuverlässig funktionieren, ist dieser Schritt noch nicht zu empfehlen. Dabei ist das System von Mercedes durchaus eines der besten auf dem Markt und eine spürbare Erleichterung bei langen Autobahnfahrten.
Viele komfortable Extras
Zur entspannten Fahrt sollen neben den Assistenzsystemen, der optionalen Luftfederung Airmatic und dem geräuschdämmenden Glas auch die Multikontursitze beitragen. Diese verfügen nicht nur über eine Sitzheizung, sondern gegen Aufpreis auch über eine Kühlung per Gebläse. Zwar sind Massagesitze seit den Vorwürfen gegen die inzwischen abberufene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger etwas in Verruf geraten(öffnet im neuen Fenster) .
Doch im EQE gehören sie mit einem Aufpreis von 1.737,40 Euro eher zu den günstigen Extras. Zudem sind sie - im Gegensatz zum EQS oder Audi A8(öffnet im neuen Fenster) - nicht im Fond verfügbar. Der EQE ist offenbar eher für Selbstfahrer gedacht.
Bequeme Sitze auf der Rückbank wären sicher nicht zu viel des Guten. Doch die mitfahrenden Passagiere fanden die Sitze zu hart und zu steil. Auf kurzen Taxifahrten in der Stadt mag das angehen, doch auf langen Strecken sollten nicht nur Fahrer und Beifahrer sich wohlfühlen. Die Bein- und Kopffreiheit sind jedoch ausreichend vorhanden.
Keine gute Sicht vom Fahrersitz
Etwas unwohl fühlt man sich jedoch auch auf dem Fahrersitz, wenn es nach der langen Strecke darum geht, die Limousine zu parken. So monierte jüngst auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrem Testbericht zum EQS(öffnet im neuen Fenster) : "Doch die Aussicht vom Fahrersitz ist schlecht. Leicht werden Radfahrer und Fußgänger schräg vorn übersehen."
Das gilt auch für den ähnlich aerodynamisch gebauten EQE. Man fühlt sich bisweilen wie in Platons Höhlengleichnis. Der Kopf des Fahrers ist noch gut 2,5 Meter vom vorderen Rand der Karosserie entfernt, doch rein optisch hört das Auto direkt an der Windschutzscheibe auf. Man kann bestenfalls erahnen, was unterhalb der Scheibe passiert. Beim Blick durch die schmale Heckscheibe lässt sich auch nicht viel erkennen.
Am liebsten würde man den Sitz einen halben Meter hochfahren, doch das geht selbst beim EQE nicht. Im Gegensatz zu Platons Höhlenbewohnern verfügt der EQE-Fahrer heutzutage jedoch über eine Rundumkamera, die ihn einen Blick auf die Realität jenseits der Windschutzscheibe werfen lässt. Dazu muss aber mindestens das Premium-Paket für 14.113,40 Euro geordert werden.
Hinterachslenkung ist gewöhnungsbedürftig
Doch selbst damit stellt sich das Einparken als unerwartet schwierig heraus. Denn der Testwagen verhält sich wegen der Hinterachslenkung völlig anders, als man dies bei einem Radstand von 3,12 m erwarten würde. In der Tat entspricht der Wendekreis des EQE mit 10,7 m ungefähr dem des VW Polo mit 10,6 m. Dabei ist der Polo fast einen Meter kürzer und hat einen 50 cm kürzeren Radstand.
Nach fast 40 Jahren Fahrpraxis fällt es gar nicht so leicht, sich auf die Hinterachslenkung umzustellen. Gefühlt sind die verfügbaren 10 Grad Lenkwinkel zu viel des Guten. Die Funktion gibt es auch für 4,5 Grad Lenkwinkel, was den Wendekreis auf 11,6 m vergrößert. Das kostet zwar ebenfalls 1.547 Euro, jedoch kann man dann auf die Pakete Premium oder Premium Plus verzichten. Ohne Hinterachslenkung benötigt der EQE 12,5 m für eine Wende.
Eine Alternative besteht auch darin, den EQE selbst einparken zu lassen. Das macht er trotz Hinterachslenkung beängstigend gut, schließlich hat er es vorher nicht schon 40 Jahre anders praktiziert. Jedoch erkennt er beim langsamen Vorbeifahren nicht jede Parklücke, die tatsächlich frei wäre. Im Gegensatz zu anderen Systemen kann der Fahrer beim EQE sowohl Lenkrad als auch Brems- und Fahrpedal loslassen. Systeme, bei denen man selbst bremsen und beschleunigen muss, halten wir ohnehin für wenig sinnvoll.
Zero Layer vs. klassische Anzeige
Was die Bedienung der vielen Funktionen betrifft, so hat Mercedes-Benz für das Infotainmentsystem MBUX das sogenannte Zero-Layer-Konzept entwickelt. Dabei müssen die Nutzer laut Mercedes "weder durch Untermenüs scrollen noch Sprachbefehle geben. Die wichtigsten Applikationen werden situativ und kontextbezogen auf der obersten Ebene im Blickfeld angeboten" .




































In der Praxis haben sich aber kaum Unterschiede zum klassischen Menü ergeben, das sich in den Einstellungen weiterhin aktivieren lässt. Die wesentliche Differenz besteht darin, dass im unteren Bereich der Navigationskarte recht groß und prominent mögliche Smartphone-Anwendungen wie eine Spotify-Playlist angezeigt werden. Doch das Feld erscheint auch dann, wenn gar kein Gerät eingebunden ist. Das ist weder situativ noch kontextbezogen. Wischt man das Feld weg, taucht es umgehend wieder aus der Versenkung auf.
Irritierend zudem: Vergrößert oder verkleinert man die Navigationskarte, werden die sonst üblichen Hinweise zum Abbiegen nicht mehr angezeigt. Dazu muss zunächst die Karte wieder zentriert werden. Aus diesem Grund haben wir auf der Fahrt einmal eine Ausfahrt zu einer Ladestation verpasst. Das lag allerdings auch daran, dass wir das Head-up-Display vorübergehend deaktiviert hatten. Denn eigentlich sind Fahrer- und Zentraldisplay so groß und übersichtlich, dass das Head-up-Display verzichtbar ist.
Zu viel "digitaler Firlefanz"
Letzteres gilt wohl auch für den sogenannten Hyperscreen. Dieser verbindet drei Displays unter einem gemeinsamen, 1,41 m breiten Deckglas. Für den EQE ist der Hyperscreen ohnehin nur ab der Allradversion EQE 500 4Matic gegen einen Aufpreis von 8.568 Euro bestellbar. Dadurch ist das Zentraldisplay mit 17,7 Zoll Diagonale zwar deutlich größer und es gibt einen zusätzlichen Bildschirm für den Beifahrer. Doch das kann durchaus zu viel des Guten sein, weil dies den Fahrer zusätzlich ablenken könnte. Selbst der ADAC störte sich in seinem Test(öffnet im neuen Fenster) am "digitalen Firlefanz" .
So kann sich der Fahrer für das Kombiinstrument verschiedene Darstellungen wählen. Je nachdem, ob die Navigation, die Assistenzsysteme oder die klassischen Rundinstrumente angezeigt werden sollen. Um die vielen möglichen Einstellungen zu ändern, verfügt der EQE über vier berührungsempfindliche Bedienfelder am Lenkrad.
Bei Mercedes ist die Einstellung des Tempomat im Grunde gut gelöst. Durch Tastendruck lässt sich die Geschwindigkeit um 10 km/h erhöhen oder verringern. Mit dem berührungsempfindlichen Schieberegler sind feinere Abstufungen möglich. Doch bei dem Test kam es häufiger vor, dass die Taste zur Erhöhung der Geschwindigkeit nicht ansprach. Stattdessen reagierte häufig die untere Taste des oberen Kontrollfeldes, mit dem das Kombiinstrument bedient wird. Das ist auf Dauer nervig.
In der Bedienungsanleitung empfiehlt Mercedes, für die optimale Bedienung der sogenannten Touch Control "möglichst die Daumenspitze" zu verwenden. Dazu müsste man jedoch die Hand umständlich verrenken. Ein größerer Abstand zwischen den Bedienfeldern würde das Problem möglicherweise verringern.
Ziemlich komfortabel funktioniert hingegen die Einbindung des eigenen Smartphones über Android Auto.
Android Auto schlägt Bluetooth
Da dies über WLAN gelöst ist, steht die Funktion jeweils unmittelbar nach dem Einsteigen ins Auto wieder zur Verfügung. So lässt sich beispielsweise eine Navigation über Google Maps starten. Wie sinnvoll und erforderlich das ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn über Google Maps lassen sich keine Ladestopps einplanen. Zudem wird die Routenplanung der Electric Intelligence abgebrochen. Nach Angaben von Mercedes-Benz ist der Abbruch erforderlich, um gegebenenfalls widersprüchliche Navigationsansagen aus zwei gleichzeitig laufenden Systemen zu vermeiden. Sobald der Kunde wieder auf die Routenplanung von Mercedes wechsle, werde neu und aktuell kalkuliert.
Zwar wird - wie erwähnt - die Bedienleiste von Smartphone-Apps auf dem Zentraldisplay angezeigt. Doch die Tasten zum Vor- und Zurückspringen in der Playlist sprechen oft nicht direkt an. Zudem kommen sich Anwendungen per Bluetooth und Android Auto schon mal in die Quere. Im Zweifel setzt sich offenbar Android Auto durch und die Bluetooth-App verschwindet aus der Anzeige.
Überzeugende elektrische Eigenschaften
Wie bereits die ersten Probefahrten mit dem EQE gezeigt hatten , ist die Businesslimousine in der Tat kein Familienauto. Dafür ist der Kofferraum mit 430 Litern nicht besonders groß und stößt schon bei einem Wochenendausflug an seine Grenzen.
Überzeugt haben uns hingegen die elektrischen Eigenschaften, die auf der EVA2-Plattform basieren. Mit der Akkugröße von laut Preisliste (PDF)(öffnet im neuen Fenster) 89 kWh lassen sich auch längere Strecken gut bewältigen. Die Motorisierung des EQE 350 mit 215 kW (292 PS) ist völlig ausreichend. Der EQE 300 ist mit 180 kW (245 PS) etwas schwächer motorisiert, kommt aber laut WLTP mit 623 km genauso weit.
Für sportlichere Fahrer hat Mercedes die Variante EQE 500 4Matic sowie die AMG-Versionen EQE 43 4Matic und EQE 53 4Matic+ im Angebot. Letztere verfügt über eine Motorleistung von 460 kW (625 PS) und beschleunigt in 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Das reduziert die Reichweite aber um rund 100 km auf 525 km.
Viele Extras machen den EQE teuer
Der Einstiegspreis des EQE 300 liegt bei 63.427 Euro vor Abzug der staatlichen Kaufprämie in Höhe von 5.000 Euro. Der von uns getestete EQE 350+, der inzwischen nur noch als EQE 350 bestellbar ist, kostete mit allen Extras hingegen etwas mehr als 105.000 Euro. Für diesen Preis lässt sich im Grunde schon der EQS 450+ bestellen.
Doch sind die im Testwagen verbauten Extras wirklich erforderlich oder eher zu viel des Guten? So ist das Fahrassistenzpaket Plus, das die komfortable Autobahnfahrt ermöglicht, erst mit dem Premium-Paket für 14.113,40 Euro verfügbar. Die Luftfederung Airmatic schlägt mit 2.082,50 Euro zu Buche. Die Massagesitze mit Sitzklimatisierung für Fahrer und Beifahrer kosten 2.653,70 Euro. Zudem sind dann nur teurere Sitzpolster erhältlich. Damit erhöht sich der Preis für einen gut ausgestatteten EQE nach Abzug der staatlichen Kaufprämie auf fast 85.000 Euro.
Nicht einmal enthalten wären in der Summe eine Lenkradheizung für 309,40 Euro, eine Sitzheizung im Fond für 428,40 Euro, die Hinterachslenkung für 1.547 Euro oder das Akustik-Komfort-Paket für 1.071 Euro. Die Anhängevorrichtung schlüge mit weiteren 1.000 Euro zu Buche.
Insgesamt ist der EQE bei einem Preis zwischen 90.000 und 100.000 Euro natürlich ein komfortables und praxistaugliches Elektroauto. Über den geringen Wendekreis mit der Hinterachslenkung würden sich sicherlich Taxifahrer freuen, doch eine offizielle Taxi-Version des EQE soll es bislang nicht geben. Wer häufig lange Strecken fahren muss, wird den Komfort und Luxus zu schätzen wissen. Je nach dem, was man mit dem Auto macht, kann zu viel des Guten durchaus angenehm sein.
Nachtrag vom 26. September 2022, 13:27 Uhr
Wir haben im ersten Absatz der letzten Seite noch Angaben zur Nutzung von Google Maps ergänzt.



