Low Code und KI: Muss mein Team in Zukunft noch selbst programmieren?
Sebastian Schrötel und Gero Decker von SAP beantworten die Frage, ob Low-Code-Entwicklungsumgebungen Entwickler überflüssig machen.

Dieser Beitrag ist die 15. Ausgabe von Chefs von Devs, dem Golem.de-Newsletter für CTO, Technical Directors und IT-Profis. Alle zwei Wochen erscheint eine neue Ausgabe. Chefs von Devs kann hier kostenlos abonniert werden.
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"Man sollte versuchen, sich selbst überflüssig zu machen", sagte CTO Jörg Ossenkopp in einer früheren Ausgabe dieses Newsletters und meinte damit eigentlich Chefs. Die Entwicklungen der vergangenen Monate bedrohen aber eher die Devs: Von No-Code-Anwendungen, die dem Kunden mehr Kontrolle geben, bis zu künstlichen Intelligenzen, die funktionierenden Code generieren, scheint es, als würde in Zukunft niemand mehr selbst programmieren müssen.
Etwas differenzierter betrachten es Sebastian Schrötel und Gero Decker von SAP. Die trachten niemandem nach dem Job, sondern wollen Programmierern mit zugänglicheren No-Code-Tools das Leben einfacher machen. Wie, das lest ihr gleich.
"No Code und Low Code werden Entwickler niemals obsolet machen"
Sebastian Schrötel leitet seit 2021 die Entwicklung von Low- und No-Code-Produkten bei SAP und ist damit federführend verantwortlich für SAP Build, die Low- und No-Code-Entwicklungsumgebung des Walldorfer Konzerns. Warum der gelernte Softwareentwickler, der seit 15 Jahren bei SAP arbeitet, vom Code wegcoden will, war die erste Frage in unserem Gespräch.
Golem.de: Welches Problem sollen Low- und No-Code-Anwendungen lösen?
Sebastian Schrötel: Fachkräfte sind weiterhin eine knappe Ressource. Die Mehrheit der Unternehmen gibt an, dass diese Ressourcenknappheit das größte Problem ist, wenn es darum geht, die Digitalisierung wirklich umzusetzen. Dadurch geraten sie ins Hintertreffen gegenüber den Wettbewerbern.
Mit SAP Build ermöglichen wir unseren Kunden einerseits, die Fachabteilung in die Erweiterung, Anpassung und den Bau von Prozessautomatisierung und Anwendungen zu involvieren. Gleichzeitig macht SAP Build auch die IT-Abteilungen effizienter. Dadurch unterstützen wir unsere Kunden zunehmend im Hinblick auf die Herausforderungen, vor denen sie heute stehen.
Wir sehen eine erstaunlich große Nachfrage aus dem Mittelstand, weil gerade dort die IT-Abteilungen kleiner sind und eher mit Generalisten als mit Spezialisten besetzt sind.
Golem.de: Entsteht damit nicht eine Art Schatten-IT, wenn die Abteilungen selbst anfangen, Apps zu entwickeln?
Sebastian Schrötel: Nein. Die IT spielt eine zentrale Rolle, weil sie die Tools zur Verfügung stellt. Darüber werden Zugriffsrechte wie gewohnt organisiert, wodurch sich an der Position des IT-Administrators nichts ändert. Es bedarf immer dieses Zusammenspiels von IT und Business, damit die Fachabteilungen das Potenzial von SAP Build nutzen können.
Golem.de: Woher kam der Impuls, bei SAP eine No-Code-Lösung anzubieten?
Sebastian Schrötel: Unsere Kunden sind auch immer wieder Co-Innovationspartner. In einer Umfrage antwortete die Mehrheit der Mitglieder unserer deutschen SAP-Anwendergruppe, dass das Skillset der Mitarbeiter*innen sie bei der digitalen Transformation am meisten hindert. Deshalb haben wir gesagt: Wir müssen eine Lösung entwickeln, um Erweiterung und Automatisierung zu vereinfachen und damit mehr Menschen zugänglich zu machen.
Golem.de: Fehlen die Skillsets wegen des Fachkräftemangels in der IT oder ist das ein Ergebnis der rasanten Digitalisierung aller Geschäftsbereiche?
Sebastian Schrötel: Meine Mutter hat auch Informatik studiert und damals noch gelernt, Lochkarten zu programmieren. In meinem Studium war selbstverständlich von Lochkartenprogrammierung nicht mehr die Rede. Ich hatte bereits Hochsprachen gelernt. Hier ist der Ansatz in der Programmierung schon mal einfacher geworden.
Low Code können Sie als eine Weiterführung dieser Schritte sehen. Wir gehen davon aus, dass der Ansatz sich immer mehr als Standard in der Softwareentwicklung herauskristallisiert, weil er eben nicht nur für die simplen Aufgaben funktioniert.
Golem.de: Bis es irgendwann die Entwickler überflüssig macht.
Sebastian Schrötel: Auf keinen Fall! Es wird weiterhin komplexe Aufgaben geben, die sich über weite Bereiche spannen. No Code wird den Entwickler oder die Entwicklerin niemals obsolet machen. Im Gegenteil: Wir werden diese Ressourcen da nutzen, wo wir sie wirklich brauchen.
Aber eine Person aus dem Einkauf, in der Personalabteilung oder im Finanzbereich, weiß am allerbesten, wie ihre Prozesse aussehen und letztendlich zu verbessern sind. Es geht darum, dieses Wissen zu nutzen. Das haben wir bei SAP in unserer eigenen Finanzabteilung gemacht, um den Prozess für unseren Jahresabschluss zu automatisieren. Das hat zwar nicht die IT entwickelt, macht die Entwickler*innen aber nicht überflüssig.
Golem.de: Ersetzt der Umgang mit Low-Code- und No-Code-Anwendungen in Zukunft die obligatorischen Office-Kenntnisse von Bewerbern?
Sebastian Schrötel: Wir gehen schon davon aus, dass hier zukünftig ein gewisses Maß an Wissen gefordert wird. Unser Lernangebot für Low Code ist sehr beliebt. Die Lernplattform stellt zwölf Stunden an Lernmaterialien dafür zur Verfügung. Danach bieten wir bereits eine Zertifizierung an. Es ist eben nicht mehr so, dass man dafür ein monatelanges Training benötigt.
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