''Ich wurde wie ein Filmstar behandelt''
Nach dem Training begann die Zeit des Reisens. Lois und Kao stellten die Schreibmaschine zunächst in den großen Metropolen der USA vor. Mit rot lackierten Fingernägeln und Nylonstrümpfen entsprach Lois Lew nicht dem Stereotyp einer chinesischen Frau dieser Zeit. Entsprechend großes Aufsehen erregten sie und die Schreibmaschine.
Im Herbst 1947 ging es sogar nach China. "Ich wurde wie ein Filmstar behandelt", erinnerte sich Lois Lew später. Sie, die mitreisenden IBM-Techniker und natürlich der Schreibmaschinen-Erfinder Chung-chin Kao stiegen in den besten Hotels ab und dinierten in den feinsten Restaurants. Hochrangige Regierungsvertreter empfingen sie, über jeden ihrer Schritte wurde in der Presse berichtet.
Kao hatte eine regelrechte Kriegskasse für die Promotion - und wohl auch für Bestechungen - dabei. Es war jedenfalls buchstäblich eine Kiste voller Geld, denn er hatte Dollar in chinesische Yuan getauscht.
Vorführung vor 3.000 Zuschauern in Nanjing
In Nanjing wurde die Maschine sogar vor 3.000 Zuschauern vorgeführt. Lois hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon an den Rummel gewöhnt und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen - obwohl eine schwierige Aufgabe zu bewältigen war. Ihr wurden nämlich Zeitungsartikel gereicht, die sie live in den Vierzahlen-Code übersetzen, diesen dann im Gedächtnis behalten und umgehend eingeben musste. Außerdem wurde von ihr erwartet, dass sie in dieser Zeit graziös dasitzen und möglichst lächeln sollte.
Lois schaffte alles bravourös - an ihr lag es nicht, dass die Schriftzeichen-Maschine nicht zum erhofften Erfolg wurde. In China hatte die Kulturrevolution begonnen. Kao gehörte der Kuomintang an, der nationalen Volkspartei, deren Mitglieder nach Maos Machtübernahme und der Gründung der Volksrepublik 1949 mehrheitlich ins Exil nach Taiwan geflohen waren. Der Erfinder der chinesischen Schreibmaschine war staatenlos, wurde aber von den USA immerhin mit einem Diplomatenpass ausgestattet. Über sein weiteres Leben ist nicht sehr viel bekannt.
Rückkehr in das normale Leben
Lois Lew kehrte nach Rochester zurück, wo sie zusammen mit ihrem Mann einen Waschsalon eröffnete. 1968 investierte das Paar die Ersparnisse unter anderem von Lois' IBM-Job in ein ganz neues Projekt namens Cathay Pagoda. Das Restaurant bot gehobene chinesische Küche, im Interview mit Democrat and Chronicle sagte Lois Lew 2017: "Wir beschäftigten zeitweise allein zwölf Köche und boten 300 Gästen Platz." Viele Prominente wie Katherine Hepburn und der junge Ozzy Osbourne waren darunter, denn das Restaurant war nur wenige Gehminuten vom berühmten Eastman Theatre entfernt.
2007 starb Lois Mann Yuen. Mehr als 80 Jahre habe er von Kindesbeinen an gearbeitet, heißt es in seinem Nachruf. Im gleichen Jahr schloss die Witwe das Restaurant. Lois ist heute 95 Jahre alt, sie lebt ebenso wie ihre Kinder weiterhin in Rochester.
Die eine perfekte Lösung für Tastaturen mit chinesischen Schriftzeichen gibt es übrigens immer noch nicht, heute werden in China hauptsächlich amerikanische QWERTY-Tastaturen verwendet. Damit chinesische Zeichen zu schreiben, ist immer noch recht kompliziert - zumal mehrere Methoden zur Verfügung stehen.
(Hinweis der Redaktion: An dieser Stelle stand ursprünglich ein missverständlich formulierter Absatz. Er besagte, dass die vielen unterschiedlichen Dialekte, die in China gesprochen werden, für die diversen Eingabemethoden verantwortlich sind. Das ist so nicht richtig, wie ein Leser bereits angemerkt hat: Die Grammatik ist nämlich überall gleich. Die früher sehr komplizierten Schriftzeichen wurden von der Kommunistischen Partei Chinas in den 1950er Jahren vereinfacht, um mehr Menschen zu ermöglichen, lesen und schreiben zu lernen. In Taiwan und Hongkong wurden die traditionellen Schriftzeichen dagegen beibehalten.)
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Eine Schreibmaschinen-Tastatur mit 80.000 Zeichen? | Phonetisch, kalligraphisch, ''groß und einfach'' |
Kurzer Einwurf: Das spielt nur eine Rolle, wenn die Augen bewegt werden müssen, um die...
Also so wie Sächsisch und Bayrisch?
Ja, aber eigentlich folgt die Kalligraphie da wohl bestimmten Regeln. Fun fact: Das...
Yep, schöner Artikel.