Eine Schreibmaschinen-Tastatur mit 80.000 Zeichen?
Ende der 1940er Jahre geschah dann etwas, was davor für kaum möglich gehalten wurde: Eine elektrische Schreibmaschine für chinesische Schriftzeichen wurde gebaut. Der Erfinder, Chung-chin Kao, war 1906 in China geboren worden und 1936 nach Großbritannien emigriert, um dort Elektrotechnik zu studieren.
1942 zog er in die USA, wo er zunächst Chef der Übersee-Rundfunkabteilung der 1924 gegründeten taiwanischen Nachrichtenagentur Central News Agency wurde. Nebenbei arbeitete er an der Verwirklichung seines großen Traums - eben einer elektrischen Schreibmaschine mit chinesischen Schriftzeichen. Ein schwieriges Unterfangen, gibt es doch rund 80.000 chinesische Schriftzeichen.
Kaos Lösung des Problems bestand in einer sich konstant drehenden Metalltrommel, in die 5.400 der gebräuchlichsten chinesischen Schriftzeichen sowie Satzzeichen, Zahlen, einige Symbole und die Buchstaben des englischen Alphabets eingraviert waren. Jedes dieser Zeichen hatte seinen eigenen vierstelligen Zahlencode. Aktiviert wurde er durch das fast gleichzeitige Drücken der Zahlenkombination auf einer Tastatur - das in zeitgenössischen Berichten mit dem Anschlagen eines Akkords auf einem Klavier verglichen wurde.
IBM stellte die Schriftzeichen-Schreibmaschine im Jahr 1947 vor. Und weil man eine Promotion-Tour in den USA und in China plante, wurde dringend eine chinesischstämmige Sekretärin gesucht.
Das war die große Chance für Lois und ihre zwischenzeitlich auch bei IBM untergekommene Schwägerin Gay, die allerdings kurz vor dem geplanten Vorstellungstermin in New York schwer an Tuberkulose erkrankte und ins Krankenhaus eingeliefert wurde.
Der Promotion-Tour-Job
Lois musste die Reise also allein antreten. Im IBM-Hauptquartier auf der Madison Avenue zeigte sich Kao sofort sehr unzufrieden mit der jungen Bewerberin, in deren Unterlagen kein Schulabschluss aufgeführt war. "Kannst du das Wort Enzyklopädie buchstabieren?" lautete seine erste Frage an Lois. Nein, das konnte sie nicht, wusste sie, und so fragte sie lediglich zurück: "Möchten Sie, dass ich wieder nach Hause fahre?"
Die Stille im Raum habe sehr lange angedauert, erinnerte sie sich später. Kao hatte nämlich das Problem, dass eine perfekt geeignete andere Kandidatin kurz zuvor abgesagt hatte. Lois war nun seine beste Chance, Journalisten und mögliche Geschäftspartner für seine Erfindung zu begeistern.
Er drückte Lois also einen Zettel mit 100 vierstelligen Codes in die Hand, die sie auswendig lernen sollte. Eine Woche lang saß sie in ihrem Zimmer im Verein für christliche junge Frauen und memorierte die Zahlen. Sie schaffte es und bekam den Job, der wiederum damit begann, dass sie innerhalb von drei Wochen 1.000 Codes der meistverwendeten chinesischen Buchstaben lernen musste - einige dieser Codes kann sie übrigens heute noch, wie sie im Gespräch mit Tom Mullaney zeigte.
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Lois Lew: Die berühmteste Sekretärin, die IBM je hatte | ''Ich wurde wie ein Filmstar behandelt'' |
Kurzer Einwurf: Das spielt nur eine Rolle, wenn die Augen bewegt werden müssen, um die...
Also so wie Sächsisch und Bayrisch?
Ja, aber eigentlich folgt die Kalligraphie da wohl bestimmten Regeln. Fun fact: Das...
Yep, schöner Artikel.